Die SAG setzt sich dafür ein, dass keine Gentechnik unbemerkt auf unseren Tellern landet. (Bild: SAG)
Die SAG setzt sich dafür ein, dass keine Gentechnik unbemerkt auf unseren Tellern landet. (Bild: SAG)

Der Bun­des­rat hat heu­te die Ver­nehm­las­sung zum Spe­zi­al­ge­setz über den Umgang mit Pflan­zen aus neu­er Gen­tech­nik (z.B. CRISPR/Cas) eröff­net. Auf­fäl­lig ist, dass der Begriff “Gen­tech­nik” weder im Gesetz noch in der Kenn­zeich­nung der Pro­duk­te vor­kommt. Dadurch wird die Wahl­frei­heit der Konsument:innen mas­siv ein­ge­schränkt. Das Spe­zi­al­ge­setz ent­hält gefähr­li­che Schlupf­lö­cher, u.a. in der Risi­ko­prü­fung, die Spiel­raum für will­kür­li­chen Inter­pre­ta­tio­nen las­sen. In ihrer Medi­en­mit­tei­lung for­dert die SAG, dass die Schwach­stel­len beho­ben wer­den und dass kei­ne Gen­tech­nik unbe­merkt auf dem Tel­ler lan­det.

In sei­ner Medi­en­mit­tei­lung vom 2. April 2025 eröff­net der Bun­des­rat die Ver­nehm­las­sung zum Spe­zi­al­ge­setz für «neu­en Züch­tungs­tech­no­lo­gien». Clau­dia Vader­na, Geschäfts­lei­te­rin der Schwei­zer Alli­anz Gen­tech­frei stellt fest: “Mit die­sem Begriff wird ver­sucht, Gen­tech­nik – ins­be­son­de­re die neu­en geno­mi­schen Tech­ni­ken (NGT) wie CRISPR/Cas – als “natür­li­chen” Bestand­teil des Züch­tungs­pro­zes­ses dar­zu­stel­len. Konsument:innen wer­den in die Irre geführt.” Auf die­se Gefahr hat bereits das Bun­des­amt für Justiz hin­ge­wie­sen: «Die Rege­lung neu­er gen­tech­ni­scher Ver­fah­ren in einem spe­zi­el­len Gesetz führt zu einer Ver­wir­rung über die wah­re Natur der Metho­den und der dar­aus resul­tie­ren­den Pro­duk­te.»

Denn auch die neue Gen­tech­nik ist Gen­tech­nik, wie dies der Euro­päi­sche Gerichts­hof 2018 in sei­nem Urteil bestä­tig­te: Sie greift direkt in das Erb­gut ein, hebelt natür­li­che Ver­er­bungs­pro­zes­se aus, umgeht die natür­li­chen Schutz­me­cha­nis­men der Pflan­ze und ermög­licht eine bis­her unvor­stell­ba­re Ein­griffs­tie­fe. Ent­spre­chend viel­fäl­tig und weit­ge­hend uner­forscht sind auch die Risi­ken für Umwelt, Gesund­heit und Natur. Eine stren­ge Risi­ko­prü­fung im Ein­zel­fall ist daher uner­läss­lich.

Genau die­se Art Risi­ko­prü­fung wird durch den vor­lie­gen­den Geset­zes­ent­wurf fak­tisch aus­ge­he­belt. Er ent­hält gefähr­li­che Schlupf­lö­cher. So soll etwa eine erleich­ter­te Zulas­sung für Pflan­zen aus neu­er Gen­tech­nik mög­lich sein, die einer bereits zuge­las­se­nen NGT-Pflan­ze ähn­lich sind. Eine sol­che Ver­gleich­bar­keit ist wis­sen­schaft­lich nicht halt­bar, da jeder gen­tech­ni­sche Ein­griff neue Risi­ken birgt. Ein blos­ser Ver­gleich des End­pro­duk­tes – ohne Berück­sich­ti­gung des Pro­zes­ses, der dazu geführt hat – reicht nicht aus, um den Schutz von Mensch, Tier und Umwelt zu gewähr­lei­sten (vgl. Art. 120 der Bun­des­ver­fas­sung). Sol­che Manö­ver ver­schie­ben den Fokus von einer pro­zess­ba­sier­ten zu einer pro­dukt­ba­sier­ten Regu­lie­rung – ein Ansatz, wie er in den USA üblich ist. Dadurch wird die Ver­ant­wor­tung der Her­stel­ler­fir­men wei­ter redu­ziert.

Auch die vor­ge­schla­ge­ne Kenn­zeich­nung ist Augen­wi­sche­rei. Pro­duk­te der neu­en Gen­tech­nik sol­len künf­tig als «aus neu­en Züch­tungs­tech­no­lo­gien» aus­ge­lobt wer­den — eine intrans­pa­ren­te Bezei­chung, die die Wahl­frei­heit der Konsument:innen und Produzent:innen unter­gräbt und infor­mier­te Ent­schei­dun­gen ver­hin­dert.

Die genau­en prak­ti­schen und recht­li­chen Grund­la­gen für Koexi­stenz­mass­nah­men zum Schutz der gen­tech­nik­frei­en Pro­duk­ti­on sind nach wie vor unklar. Im schlimm­sten Fall wer­den sie ohne par­la­men­ta­ri­sche Debat­te auf Ver­ord­nungs­stu­fe gere­gelt, was ange­sichts der Qua­li­tät des vor­ge­schla­ge­nen Geset­zes nichts Gutes erwar­ten lässt. Die Koexi­stenz­fra­ge muss drin­gend geklärt wer­den, um die gen­tech­nik­freie Land­wirt­schaft vor finan­zi­el­len und Image­schä­den zu bewah­ren. Dies kann nur gelin­gen, wenn die Her­stel­ler­fir­men wei­ter­hin ver­pflich­tet wer­den, Nach­weis­me­tho­den zur Ver­fü­gung zu stel­len.

Mit dem Spe­zi­al­ge­setz folgt der Bun­des­rat dem Bei­spiel der EU, die eben­falls an einer weit­ge­hen­den Dere­gu­lie­rung der NGT arbei­tet. Immer­hin bezeich­net die EU die­se wis­sen­schaft­lich kor­rekt als “neue geno­mi­sche Tech­ni­ken”. Vor die­sem Hin­ter­grund ist die vom Bun­des­rat vor­ge­schla­ge­ne, irre­füh­ren­de Begriffs­ab­wei­chung unver­ständ­lich und muss zwin­gend beho­ben wer­den.

Durch Wort­wahl und Schlupf­lö­cher im Geset­zes­ent­wurf öff­net der Bun­des­rat Hin­ter­tü­ren für eine erleich­ter­te Zulas­sung von NGT-Pflan­zen und stellt sich damit auf die Sei­te der Indu­strie. Von einer Dere­gu­lie­rung der Gen­tech­nik pro­fi­tie­ren jedoch vor allem die Agrar­kon­zer­ne, die bereits heu­te ein Patent­kar­tell auf Pro­duk­te die­ser Tech­ni­ken besit­zen. Die rasant wach­sen­de Zahl von Paten­ten auf Ver­fah­ren, Anwen­dun­gen und Pro­duk­te stellt eine Bedro­hung für die gen­tech­nik­freie Züch­tung dar. Sie schafft Rechts­un­si­cher­heit für Züch­te­rin­nen und Züch­ter, blockiert den Zugang zu Aus­gangs­ma­te­ri­al für die Züch­tung und ver­stärkt die Markt­kon­zen­tra­ti­on und Abhän­gig­keit von Agrar­kon­zer­nen. Die gra­vie­ren­de Situa­ti­on rund um die Paten­tier­bar­keit der neu­en Gen­tech­nik wird vom Bun­des­rat ver­harm­lost.
Die SAG wird den Geset­zes­ent­wurf ein­ge­hend prü­fen und eine kri­ti­sche Stel­lung­nah­me erar­bei­ten — für den Schutz von Mensch, Tier und Umwelt sowie für die Wahl­frei­heit der Konsument:innen. Mit der Lebens­mit­tel­schutz-Initia­ti­ve setzt sie sich bereits aktiv für die­se Zie­le ein.

Zur SAG-Posi­ti­on

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