Unabhängigkeit von Gentechnik-Panel fragwürdig. Bild: Shutterstock

Interessenkonflikte bei der Europäischen Behörde für Lebensmittel-sicherheit

Das für die Beur­tei­lung von gen­tech­nisch ver­än­der­ten Orga­nis­men zustän­di­ge «GMO Panel» der Euro­päi­schen Behör­de für Lebens­mit­tel­si­cher­heit (EFSA) wur­de erst im Juli neu besetzt. Doch nun zeigt die unab­hän­gi­ge Orga­ni­sa­ti­on zur Fol­gen­ab­schät­zung in der Bio­tech­no­lo­gie, Test­bio­tech, dass Aktivist:innen für die Dere­gu­lie­rung der neu­en Gen­tech­nik­ver­fah­ren das Panel domi­nie­ren – mit offen­sicht­li­chen Ver­bin­dun­gen zur Indu­strie, wel­che für eben­die­se Dere­gu­lie­rung lob­by­iert.

Dies ist beson­ders gra­vie­rend, da das GMO Panel die Risi­ko­be­wer­tung von gen­tech­nisch ver­än­der­ten Pflan­zen sowie die Ent­wick­lung von Prüf­richt­li­ni­en zur Risi­ko­be­wer­tung betreu­en soll. Es ist zudem nicht das erste Mal, dass sol­che Inter­es­sen­kon­flik­te in die­sem Gre­mi­um auf­ge­deckt wer­den. Test­bio­tech hat­te bereits in der Ver­gan­gen­heit von sol­chen Fäl­len berich­tet.

Koope­ra­ti­on mit Indu­strie­kon­zer­nen sind eben­falls kei­ne Sel­ten­heit. Bild: Shut­ter­stock

Die aktu­el­le Ana­ly­se der offi­zi­el­len Inter­es­sen­er­klä­run­gen der neu­en Sach­ver­stän­di­gen zeigt unter ande­rem, dass fast die Hälf­te der 16 Mit­glie­der des Panels an der Ent­wick­lung von trans­ge­nen Pflan­zen oder sol­chen aus neu­er Gen­tech­nik betei­ligt ist. Der Vor­sit­zen­de des Panels berät zudem die Indu­strie zu The­men, die die Risi­ko­be­wer­tung der EFSA betref­fen. Aktu­el­le oder ver­gan­ge­ne Fäl­le von Koope­ra­ti­on mit Indu­strie­kon­zer­nen (etwa Syn­gen­ta oder Cort­eva) sind eben­falls kei­ne Sel­ten­heit. Des Wei­te­ren haben fünf Exper­ten – oft zusam­men mit diver­sen Unter­neh­men – Paten­te auf Trans­ge­ne oder auf Pflan­zen aus neu­er Gen­tech­nik ange­mel­det.

Fach­kennt­nis­se über die Ent­wick­lung von gen­tech­nisch ver­än­der­ten Pflan­zen sind zwar für deren Risi­ko­be­wer­tung durch­aus rele­vant. Doch das Gen­tech­nik-Panel wur­de noch nie so ein­sei­tig mit Gen­tech­nik-Befür­wor­ten­den besetzt. Dies zula­sten von Expert:innen in den wich­ti­gen Gebie­ten der Öko­lo­gie oder der Bio­di­ver­si­tät und die eine unab­hän­gi­ge Mei­nung ver­tre­ten. Dies ist beson­ders schwer­wie­gend, da bei die­sen neu­en Tech­no­lo­gien so gut wie kei­ne Lang­zeit­er­fah­run­gen zu den Umwelt­aus­wir­kun­gen der frei­zu­set­zen­den neu­en Gen­tech­nik­pflan­zen bestehen.

Besorg­nis­er­re­gend: Durch die enge Zusam­men­ar­beit mit der Indu­strie ent­ste­hen offen­sicht­li­che Inter­es­sen­kon­flik­te. Die­se hat­te die EFSA im Rah­men des Aus­wahl­pro­zes­ses nicht ange­mes­sen bewer­tet, obwohl für Panel-Vor­sit­zen­de beson­ders stren­ge Regeln in Bezug auf Inter­es­sen­kon­flik­te gel­ten. Der vor­ein­ge­nom­me­ne Umgang mit der Bera­ter­tä­tig­keit des Vor­sit­zen­den ist daher unver­ständ­lich und inak­zep­ta­bel.

Test­bio­tech zeigt sich besorgt dar­über, dass sich zahl­rei­che Panel-Mit­glie­der aktiv an der Lob­by­ar­beit für eine Dere­gu­lie­rung von Pflan­zen aus neu­er Gen­tech­nik in der EU betei­li­gen, u.a. in Orga­ni­sa­tio­nen wie EPSO, EU-SAGE und ARRIGE. Eini­ge davon sol­len auch Lob­by­or­ga­ni­sa­tio­nen unter­stüt­zen, dies blei­be aber in den Inter­es­sen­er­klä­run­gen uner­wähnt, kri­ti­siert Test­bio­tech.

Unter die­sen Bedin­gun­gen schätzt Test­bio­tech eine unab­hän­gi­ge Bewer­tung von Zulas­sungs­an­trä­gen und eine ange­mes­se­ne Wei­ter­ent­wick­lung der Prüf­richt­li­ni­en durch die Behör­de als kaum rea­li­sier­bar ein. Die Orga­ni­sa­ti­on nennt den Ver­ant­wort­li­chen, dem die Zusam­men­set­zung des Panels zu ver­dan­ken sei: Bern­hard Url. Kein Unbe­kann­ter: Er habe näm­lich bereits zuge­las­sen, dass die EFSA im Rah­men der Dis­kus­si­on um die neue Gen­tech­nik stel­len­wei­se zu einer Art Dienst­lei­ster für die EU-Kom­mis­si­on und die Inter­es­sen der Indu­strie mutiert war – so Test­bio­tech. Die Zusam­men­set­zung des GMO Panels müs­se drin­gend kor­ri­giert wer­den, for­dert die Orga­ni­sa­ti­on.

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