Der Bundesrat hat am 2. April 2025 die Vernehmlassung zum «Bundesgesetz über Pflanzen aus neuen Züchtungstechnologien» eröffnet, mit dem der Umgang mit Pflanzen aus neuer Gentechnik dereguliert werden soll. Dabei untergräbt der Bundesrat das Vorsorgeprinzip, öffnet Schlupflöcher in der Risikoprüfung, schränkt die Wahlfreiheit der Konsument:innen massiv ein und bringt die gentechfreie Produktion in Gefahr. In ihrer Stellungnahme lehnt die Schweizer Allianz Gentechfrei den Entwurf des Bundesrates entschieden ab. Sie fordert, dass auch die neue Gentechnik unter dem bestehenden Gentechnikgesetz geregelt wird.
«Mit dem Gesetz bringt der Bundesrat Gentechnik unbemerkt auf den Teller», sagt Claudia Vaderna, Geschäftsleiterin der SAG. Sie stellt fest: «Mit dem Begriff «Züchtungstechnologien» wird Gentechnik gezielt verharmlost. Neue gentechnische Verfahren wie CRISPR/Cas müssen eindeutig als Gentechnik benannt, reguliert und gekennzeichnet werden.»
Wo Gentechnik drin ist, muss Gentechnik draufstehen
Ginge es nach dem Bundesrat, würden bald Lebensmittel in den Regalen stehen, die mit «aus neuen Züchtungstechnologien» gekennzeichnet sind. Somit wird die eigentliche gentechnische Natur für Konsument:innen nicht ersichtlich. Ihre Wahlfreiheit wird massiv eingeschränkt und ihr Vertrauen missbraucht.
«Die Wahlfreiheit von Konsumenten und Konsumentinnen muss erhalten bleiben. Wo Gentechnik drin ist, muss Gentechnik draufstehen», erklärt SAG-Präsidentin und Alt-Nationalrätin Martina Munz.
Auch die neue Gentechnik ist Gentechnik. Sie greift direkt ins Erbgut ein, umgeht natürliche Schutzmechanismen der Pflanze und ermöglicht eine erhöhte Eingriffstiefe. Die Risiken für Mensch, Tier und Umwelt sind im Einzelfall zu prüfen.
Vorsorgeprinzip ausgehebelt
«Eine strenge Risikoprüfung im Einzelfall ist unabdingbar. Doch genau diese Risikoprüfung wird im Gesetzesentwurf faktisch ausgehebelt», warnt Dr. Zsofia Hock, wissenschaftliche Mitarbeiterin der SAG.
Pflanzen aus neuen gentechnischen Verfahren, die einer bereits zugelassenen Gentechnikpflanze ähneln, sollen in einem erleichterten Verfahren zugelassen werden. Eine solche vereinfachte Zulassung ist wissenschaftlich nicht haltbar, da jeder gentechnische Eingriff neue Risiken birgt.
«Ein blosser Vergleich des Endproduktes ohne Berücksichtigung des Prozesses, der dazu geführt hat, reicht nicht aus, um den Schutz von Mensch, Tier und Umwelt zu gewährleisten.», mahnt Dr. Zsofia Hock.
Schutz der gentechnikfreien Produktion in Gefahr
Zentrale Bestimmungen zur Haftung, Nachweisverfahren, Umweltmonitoring und Koexistenz fehlen auf Gesetzesebene. «Wie eine Landwirtschaft mit Gentechnik neben einer Landwirtschaft ohne Gentechnik funktionieren soll, ist ungenügend geregelt. Damit kann die Aufrechterhaltung einer gentechnikfreien Produktion nicht garantiert werden», warnt Claudia Vaderna.
Seit Jahrzehnten steht Schweizer Qualität für Gentechfreiheit. Dies hat sich nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland bewährt. Der Bundesrat setzt dieses Alleinstellungsmerkmal aufs Spiel.
Die Stellungnahme der SAG zeigt tiefgehend auf, wo das Gesetz gravierende Schlupflöcher enthält. «Mit dem Gentechnikgesetz liegt bereits ein modernes Risikogesetz vor. Es gibt keinen Grund, die neuen gentechnischen Verfahren aus diesem Geltungsbereich auszunehmen», erläutert Claudia Vaderna.