Gene Drives zu Naturschutzzwecken

Wor­um geht es?
Bio­tech­no­lo­gen pro­pa­gie­ren, Gene Dri­ves (GD) könn­ten als Wun­der­waf­fe gegen den Arten­schwund ein­ge­setzt wer­den. Was dabei ver­schwie­gen wird: das Argu­ment Natur­schutz dient immer als ein gutes Mit­tel, der umstrit­te­nen Gen­tech­no­lo­gie mehr Akzep­tanz zu ver­schaf­fen.

Bedroh­te Arten auf Inseln vor den Aus­ster­ben ret­ten
An erster Stel­le soll die Gene-Dri­ve-Tech­no­lo­gie bedroh­te ein­hei­mi­sche Arten vor der Ver­drän­gung durch ein­ge­schlepp­te inva­si­ve Arten schüt­zen. Ob aus Ver­se­hen oder bewusst, vie­le Tier- und Pflan­zen­ar­ten wer­den zuneh­mend aus ihrem Ver­brei­tungs­ge­biet ver­schleppt und in Gebie­te gebracht, in denen sie ursprüng­lich nicht hei­misch sind. Kön­nen sich sol­che gebiets­frem­den Orga­nis­men am neu­en Ort eta­blie­ren, stel­len sie oft ein Pro­blem für den Natur­schutz dar. Indem sie mit den hei­mi­schen Arten in Kon­kur­renz um Nah­rung oder Lebens­raum tre­ten oder sie gar para­si­tie­ren, sind sie fähig dazu, die­se voll­stän­dig zu ver­drän­gen und gan­ze Öko­sy­ste­me umzu­kip­pen.

Beson­ders betrof­fen davon sind Insel­staa­ten wie Neu­see­land. Dort wer­den bereits eine Rei­he von Mass­nah­men ein­ge­setzt, um die von den Men­schen ein­ge­schlepp­ten Arten, wel­che die ein­hei­mi­schen bedro­hen, aus­zu­mer­zen. Vie­le von die­sen Mass­nah­men, wie bei­spiels­wei­se das Stel­len von Fal­len oder das Ein­set­zen von Gift, wer­den jedoch wegen ihrer schäd­li­chen Aus­wir­kun­gen auf ande­re Tie­re stark kri­ti­siert. Des­we­gen wol­len Bio­tech­no­lo­gen die­se durch die neue Gene-Dri­ves-Tech­no­lo­gie erset­zen. Gene Dri­ves sol­len angeb­lich effek­ti­ver und geziel­ter, daher auch scho­nen­der wir­ken. Bereits sind meh­re­re Gene-Dri­ve-For­schungs­pro­jek­te mit Mäu­sen und Rat­ten im Gang. Mit­tels Gene Dri­ves sol­len die­se dazu gebracht wer­den, nur männ­li­che Nach­kom­men zu pro­du­zie­ren, was auf die Dau­er zum Erlö­schen der Popu­la­ti­on füh­ren soll. Mäu­se sind im Labor die häu­fig­ste Modell­tier­art. Daher sind sol­che Ansät­ze am wei­te­sten fort­ge­schrit­ten.

Ein Gene Dri­ve in Säu­ge­tie­ren ein­zu­set­zen, ist tech­nisch jedoch viel schwie­ri­ger, als in Insek­ten. Des­halb beschrän­ken sich die ersten Erfol­ge vor­erst auf das Labor. Aus die­sem Grund scheint die Ein­däm­mung der Vogel­ma­la­ria auf Hawaii, die von einer ein­ge­schlepp­ten Mücken­art über­tra­gen wird, ein­fa­cher rea­li­sier­bar. Mit ande­ren Fak­to­ren zusam­men hat die Krank­heit dazu geführt, dass bei­na­he 80% der ursprüng­lich auf der Insel­ket­te hei­mi­schen Arten aus­ge­stor­ben sind. Da die ver­blei­ben­den Arten eben­falls vom Ver­schwin­den bedroht sind, will man nun zur syn­the­ti­schen Bio­lo­gie gegrif­fen wer­den. Die Erfah­run­gen mit dem Über­trä­ger der mensch­li­chen Mala­ria sol­len eine Grund­la­ge für die vor­erst theo­re­ti­sche Über­le­gun­gen lie­fern.

Hei­mi­sche Arten vor ein­ge­schlepp­ten Krank­hei­ten schüt­zen
Für poten­ti­el­le Natur­schutz-Anwen­dun­gen muss man aber nicht unbe­dingt so weit rei­sen. Auch bedroh­te hei­mi­sche Arten, wie der Feu­er­sa­la­man­der sind im Visier der Gen­tech­no­lo­gen. Die Art ist bereits wegen des Ver­lu­stes sei­ner Lebens­räu­me akut gefähr­det. Nun wird er zusätz­lich von einem aus Asi­en ein­ge­schlepp­ten, töd­li­chen Haut­pilz bedroht. Als Lösung soll das Erb­gut des Feu­er­sa­la­man­ders mit einem Gene Dri­ve aus­ge­stat­tet wer­den, das ein Gen in sich trägt, wel­ches immun gegen den Pilz macht. Die mei­sten Natur­schutz­pro­ble­me sind hier­zu­lan­de jedoch ande­rer Art und schon gar nicht mit Inseln ver­bun­den. Daher ist es eher unwahr­schein­lich, dass die Tech­nik in der Schweiz in abseh­ba­rer Zeit ange­wen­det wird.

Aus­ge­stor­be­ne Arten ins Leben rufen
Ande­re Ansät­ze wol­len Gene Dri­ves ein­set­zen, um vom Aus­ster­ben bedroh­te Arten, die teil­wei­se nur noch im Zoo exi­stie­ren, resi­stent gegen­über Krank­hei­ten zu machen oder zu mehr Fit­ness zu ver­hel­fen, damit sie nach ihrer Aus­wil­de­rung bes­se­re Über­le­bens­chan­cen haben. Die ver­mut­lich extrem­ste Anwen­dung der Tech­no­lo­gie strebt danach, bereits aus­ge­stor­be­ne Arten wie­der­zu­be­le­ben. Auch wenn sie wahr­schein­lich kaum rea­li­sier­bar sind, da Gene Dri­ves nur bei Arten mit kur­zen Gene­ra­ti­ons­dau­er funk­tio­nie­ren, wer­fen die­se Bemü­hun­gen eine gan­ze Rei­he von ethi­schen Fra­gen auf. Denn, wenn eine Art aus­ge­rot­tet und wie­der­be­lebt wer­den kann, sorgt man sich wahr­schein­lich weni­ger dar­um, die Spe­zi­es in der frei­en Wild­bahn zu erhal­ten.

Was ist pro­ble­ma­tisch?
Neben den angeb­li­chen Vor­tei­len hat der Ver­such, Gene Dri­ves für Natur­schutz­an­lie­gen ein­zu­set­zen, einen beson­ders gros­sen Haken. Gene Dri­ves sind so kon­zi­piert, dass sie sich in der frei­en Wild­bahn ver­brei­ten. Zur­zeit ist es nicht mög­lich den Mecha­nis­mus auf eine Insel, bzw. auf eine ter­ri­to­ria­le Regi­on zu begren­zen oder zu stop­pen. Inseln eig­nen sich zwar beson­ders gut als Anwen­dungs­um­ge­bung, weil sie im Ver­gleich zum Fest­land rela­tiv iso­liert sind und des­halb ähn­li­che Bedin­gun­gen wie eine Labor­si­tua­ti­on bie­ten. Jedoch kann der Gene Dri­ve durch­aus aufs Fest­land über­grei­fen.
Die unbe­ab­sich­tig­te Ver­brei­tung des Gene Dri­ves auf ande­re Popu­la­tio­nen oder Arten könn­te schwe­re Aus­wir­kun­gen auf die Bio­di­ver­si­tät und die Land­wirt­schaft haben. Von den Fol­gen der Nage­tier­be­kämp­fung mit­tels die­ser Tech­no­lo­gie könn­ten sowohl Präda­to­ren- als auch wir­bel­lo­se Beu­te­tier­po­pu­la­tio­nen nega­tiv betrof­fen sein. Es ist auch nicht steu­er­bar, wel­che ande­ren Arten die frei­wer­den­de öko­lo­gi­sche Nische beset­zen wür­den und zu wel­chen Kon­se­quen­zen dies füh­ren wür­de.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen
Eini­ge För­der­or­ga­ni­sa­tio­nen unter­stüt­zen mit offen­sicht­li­cher Begei­ste­rung die Gene-Dri­ve-For­schung für Natur­schutz­zwecke. So inve­stie­ren Pro­jek­te wie Revi­ve and Resto­re oder Gene­tic Bio­con­trol Inva­si­ve Rodents (GBIRd) Mil­lio­nen von Dol­lars in die Ent­wick­lung und Ein­satz von Gene-Dri­ve-Orga­nis­men. Auf ähn­li­che Wei­se unter­stützt der austra­li­sche Natur­schutz zusam­men mit der staat­li­chen For­schungs­ein­rich­tung CSIRO ein Pro­jekt zur Aus­rot­tung der Wild­kat­ze, einer inva­si­ven Art in Austra­li­en. Wei­te­re uner­wünsch­te ein­ge­schlepp­te Tier­ar­ten sol­len mit­hil­fe die­ser muta­ge­nen Ket­ten­re­ak­ti­on dezi­miert wer­den. Etwa Mäu­se, Kanin­chen und Füch­se in Austra­li­en, sowie Her­me­lin und Fuchs­kusu in Neu­see­land. Gross­bri­tan­ni­en lieb­äu­gelt damit, die ein­hei­mi­schen Rat­ten­po­pu­la­tio­nen mit­tels Gene Dri­ves in Schach zu hal­ten.

Dabei ist es neben den vie­len mög­li­chen nega­ti­ven Fol­gen der Metho­de zwei­fel­haft, ob sie bei Wir­bel­tie­ren jemals funk­tio­nie­ren wür­de. Erst müss­ten noch erheb­li­che tech­ni­sche Hür­den über­wun­den wer­den. Dem­ge­gen­über zei­gen alter­na­ti­ve Lösun­gen, die oft gün­sti­ger sind, bereits gute Ergeb­nis­se.

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