Die Genschere ist nicht so präzise wie behauptet. Bild: Wikimedia
Fehlerquellen bei der Anwendung von Gentechnik

Fehlerquellen bei der Anwendung von Gentechnik

Im Vergleich zur klassischen Gentechnik werden neue Gentechniken, insbesondere die CRISPR/Cas-Technologie als präzise und gezielt angepriesen. Dennoch sind auch bei ihrer Anwendung verschiedene Fehlerquellen zu beachten, die sowohl die Effizienz als auch die Sicherheit der Methode beeinflussen können. Gewisse Fehlerquellen, die bereits bei der klassischen Gentechnik existierten, bleiben sogar bestehen. Aufgrund ihrer Komplexität und erhöhter Eingriffstiefe sowie die dabei vorkommenden potenziellen Nebeneffekte entstehen jedoch auch zusätzliche Risiken. Die entsprechende Risikoforschung steckt noch in den Kinderschuhen. Angesichts der bestehenden Unsicherheiten ist eine gründliche, transparente und unabhängige Risikobewertung unerlässlich, um die tatsächlichen Risiken vollständig zu erfassen und die Sicherheit von Mensch, Tier und Umwelt zu gewährleisten.


Die wichtigsten Fehlerquellen

Die Einführung der CRISPR/Cas-Komponenten in Pflanzenzellen erfolgt häufig über Agrobakterien-vermittelte Transformation oder durch Partikelbeschuss. Dabei besteht das Risiko, dass zusätzliche DNA-Fragmente, wie beispielsweise Agrobakterien-DNA, unbeabsichtigt in das Pflanzen-Genom integriert werden. Solche Fremd-DNA kann potenziell zu unerwünschten Genexpressionen führen. Auch können sich DNA-Fragmente in Zellorganellen integrieren, die über eine eigene DNA verfügen (Mitochondrien, Plastiden).

Ein zentrales Problem bei CRISPR/Cas ist die Präzision des Schnitts. Off-Target-Effekte treten auf, wenn die Cas9-Nuklease an DNA-Stellen schneidet, die der Zielsequenz ähnlich, aber nicht identisch sind. Dies kann zu unerwünschten Mutationen führen, die die Funktion von Genen beeinträchtigen oder zu genomischer Instabilität führen können. Obwohl moderne Varianten wie High-Fidelity-Cas9 die Spezifität verbessern, sind Off-Target-Effekte nicht vollständig auszuschliessen.

On-Target-Effekte beziehen sich auf unbeabsichtigte Veränderungen an der beabsichtigten Zielstelle. Dies kann durch unvollständige Reparaturmechanismen oder durch die Aktivierung von Pseudogenen erfolgen, was zu grösseren Deletionen oder strukturellen Veränderungen im Genom führen kann.

Nach dem Schnitt durch Cas9 erfolgt die Reparatur des DNA-Doppelstrangbruchs. Die häufigste Reparaturmethode ist die nicht-homologe Endverknüpfung, die von den zelleigenen Reparaturmechanismen automatisch durchgeführt wird. Diese ist jedoch fehleranfällig und kann zu Insertionen oder Deletionen führen. Die homologe Rekombination ermöglicht präzisere Reparaturen, ist jedoch in Pflanzenzellen oft ineffizient, da die Fähigkeit zur homologen Rekombination in Pflanzen oft herunterreguliert ist. Dies führt dazu, dass die meisten Veränderungen durch nicht-homologe Endverknüpfung erfolgen, was die Vorhersagbarkeit und Kontrolle der Ergebnisse einschränkt. Zudem können epigenetische Veränderungen auftreten, die nicht durch Standardmethoden detektiert werden können.

Bei der Herstellung transgener Pflanzen werden häufig Markergene verwendet, um erfolgreich transformierte Zellen zu identifizieren. Diese Markergene verbleiben oft im Genom der Pflanze, was zu regulatorischen und sicherheitsrelevanten Risiken führen kann. Obwohl Methoden zur Entfernung dieser Gene entwickelt wurden, ist ihre vollständige Eliminierung in der Praxis herausfordernd.

Im Vergleich zur klassischen Gentechnik ermöglichen die neuen gentechnischen Verfahren tiefgreifendere Eingriffe ins Erbgut.

  • Multiplexing: Gleichzeitige Veränderungen an mehreren Stellen

Die neue Gentechnik ermöglicht es, mehrere Gene gleichzeitig zu verändern. Das sogenannte Multiplexing erhöht die Komplexität der gentechnischen Veränderungen und das Risiko unerwünschter Effekte.

  • Veränderung aller Genkopien

Die neue Gentechnik verursacht in der Regel multiple Veränderungen: Alle Genkopien mit gleicher oder ähnlicher Gensequenz können auf einmal verändert werden. Bei polyploiden Pflanzen (z. B. Weizen), die mehrere Kopien ihres Genoms besitzen, können Eingriffe dazu führen, dass alle Kopien gleichzeitig verändert werden. Dies kann die Stabilität der Pflanze beeinträchtigen und zu unerwünschten phänotypischen Veränderungen führen.

  • Aushebeln natürlicher Schutzmechanismen

Pflanzen verfügen über natürliche Reparaturmechanismen, die dem Schutz von Genfunktionen vor schädlichen Mutationen dienen. Neue Gentechniken wie CRISPR/Cas können diese Schutzmechanismen umgehen und Veränderungen in Bereichen des Genoms herbeiführen, die normalerweise vor Mutationen geschützt sind. Wird eine durch CRISPR/Cas veränderte DNA-Sequenz durch die zelleigenen Reparaturmechanismen wieder in den ursprünglichen Status zurückversetzt, kann die Genschere ihre Zielregion erneut erkennen und dort so lange aktiv bleiben, bis die ursprüngliche Struktur der DNA zerstört ist. So können auch Genfunktionen ausgeschaltet oder verändert werden, die mit konventioneller Zucht kaum beeinflussbar sind. Dies erhöht das Risiko für unvorhersehbare und potenziell schädliche Veränderungen.

Von einem Basenpaar bis zum Genom-Chaos – wie gravierend Fehler sein können

Neue Gentechnik-Verfahren wie CRISPR/Cas versprechen gezielte Veränderungen im Erbgut. Doch die Realität ist komplexer: Die neue Gentechnik ermöglicht es, durch Veränderung bestimmter Genorte, neue spezifische Genkombinationen zu erzielen, die bei konventioneller Zucht nicht zu erwarten sind. Entscheidend ist dabei nicht die Anzahl der Mutationen, sondern der Ort und die Funktion der veränderten Gene. Auch kleinste Fehler – selbst bei nur einem einzigen Basenpaar – können verheerende Auswirkungen haben (z. B. basiert auch die Bluterkrankheit auf einer Punktmutation). Gleichzeitig sind auch massive strukturelle Schäden möglich.

FehlerartBeschreibungRisiko
Punktmutation (1 Basenpaar)Ein einziger "Buchstaben"-Fehler im DNA-CodeKann Gene funktionslos machen oder neue Eigenschaften erzeugen
Insertion / DeletionEinfügen oder Entfernen einzelner Basen oder kurzer AbschnitteKann Gene funktionslos machen oder neue Eigenschaften erzeugen
Genom-Reorganisation und ChomothripsisUmlagerung von Genomabschnitten und Zerbrechen von Chromosomen in viele Fragmente, die in zufälliger Reihenfolge und fehlerhaft wieder zusammengesetzt werden Veränderte Genregulation, unvorhersehbar, kann tödlich oder krebsauslösend sein

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