Was machbar ist, ist nicht immer verantwortbar. Bild: Shutterstock

Ethische Fragen

Gentechnische Eingriffe in lebenden Organismen sind mit komplexen ethischen Fragen verbunden. Technisch wird immer mehr machbar, doch es stellt sich die Frage, inwiefern der Mensch in die Natur eingreifen darf. Angesichts der vielfältigen technischen Möglichkeiten und lukrativen Anwendungsideen, werden Zusammenhänge von Artenschutz, Biologie, Gesundheit, Würde, sozialer Gerechtigkeit und Evolution gerne ausgeblendet. Doch werden gentechnisch veränderte Organismen innerhalb kurzer Zeit massenhaft freigesetzt und unkontrolliert verbreitet, kann dies natürliche Ökosysteme destabilisieren und zerstören. Eine Rückkehr zum ursprünglichen Zustand ist dann nicht mehr möglich.

In der Schweiz beschäftigt sich die Eidgenössische Ethikkommission im Ausserhumanbereich (EKAH) mit den ethischen Fragen, die mit der Gentechnologie im Ausserhumanbereich verbunden sind. Sie publiziert Gutachten zur Vorbereitung der politischen Diskussion und veröffentlicht Stellungnahmen zu aktuellen Fragestellungen.

Folgende Themen stehen im Zentrum der ethischen Diskussion:

Die neue Gentechnik ist Auslöser einer neuen kontroversen Diskussion, wie die Anwendung solcher Verfahren im Detail reguliert werden soll. Die rasanten Entwicklungen in diesem Bereich machen es notwendig, dass das Vorsorgeprinzip, ein zentrales Element der europäischen Umweltgesetzgebung, das auch in der Schweizer Bundesverfassung verankert ist, rechtlich konsequent gestärkt und umgesetzt wird. Das Vorsorgeprinzip kommt in Situationen zur Anwendung, in denen ein schwerwiegender Schaden eintreten kann, die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts aber noch nicht definiert werden kann.

Die Eidgenössische Ethikkommission im Ausserhumanbereich (EKAH) kommt zum Schluss, dass der Vorsorgegedanke ethisch begründet ist und deshalb rechtlich konsequent gestärkt und umgesetzt werden muss. Zudem sei das Vorsorgeprinzip keineswegs innovationsfeindlich: Richtig angewendet kann es Innovation sogar fördern, bestätigt das Gremium.

Forschung mit Gentechnik und die Anwendung von Kenntnissen, die aus der Forschung gewonnen werden, sind nicht nur mit Erwartungen und Chancen verbunden. Unter Umständen können sie auch bedeutende Risiken für Sicherheit und Gesundheit schaffen. Einerseits können Kenntnisse und Entwicklungen missbraucht werden, um beabsichtigt und gezielt Schaden zuzufügen. Andererseits können Forschung und ihre Anwendung auch zu unbeabsichtigten und unerwarteten Schäden führen.

In der Fachsprache wird zwischen Biosafety und Biosecurity unterschieden. Die beiden Begriffe zielen auf unterschiedliche Ursachen von Schäden. Während Biosafety die Sicherheit vor Schäden umfasst, die beim erlaubten Umgang mit biologischen Stoffen entstehen können, bezeichnet Biosecurity die Sicherheit vor Schäden, die durch unerlaubte (etwa kriminell oder terroristisch motivierte Handlungen) entstehen. So können Gentech-Organismen mit dem integrierten Vererbungsmechanismus Gene Drives für (zumindest vermeintlich) gute Zwecke wie zur Malariabekämpfung verwendet werden. Sie eignen sich aber auch als Biowaffe und könnten dazu eingesetzt werden, Ernten grossflächig zu vernichten. Auch künstliche Viren sind nicht von dieser Zweischneidigkeit befreit.

Ausführliche Informationen dazu sind im entsprechenden EKAH-Bericht zu finden.

Mittels Gentechnik können Tiere und Pflanzen nach menschlichem Ermessen gentechnisch verändert werden. Der Mensch erzwingt mit Hilfe gentechnischer Eingriffe, etwas, das durch natürliche Vorgänge im Tier- und Pflanzenreich nicht entstehen kann. Diese neue Dimension der Eingriffstiefe verlangt nach neuen ethischen Massstäben. Denn je aggressiver und folgeschwerer Eingriffe in Tiere und Pflanzen sind, desto stärker müssen die Rechtfertigungsansprüche ausfallen. 

Weltweit einzig gesteht die Schweizer Bundesverfassung Tieren und Pflanzen Würde zu. Mit dieser ausdrücklichen Anerkennung der kreatürlichen Würde durch die Bundesverfassung wird die dem eidgenössischen Tierschutzgesetz zugrunde liegende Tierschutzethik oder Ethik der Mitgeschöpflichkeit weiterentwickelt. Die Tierschutzethik verlangt eine definitive Abkehr vom anthropozentrischen Tierschutz, nach welchem Tiere nur insoweit zu schützen sind, als es dem Menschen nützt. Der Grundsatz der «Würde der Kreatur» unterstreicht demgegenüber die Erkenntnis, dass Tiere um ihrer selbst willen zu schützen sind (sog. «Selbstzwecklichkeit»). Die Würde eines Tieres hängt demnach nicht vom Grad seiner Nähe zum Menschen ab, sondern besteht gerade darin, Tier einer bestimmten Art zu sein und bleiben zu dürfen.

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Weltweit wachsen die Wartelisten mit Patienten, die auf ein Spenderorgan angewiesen sind. Die neue Gentechnik hat die Forschungsvorhaben auf dem Gebiet der Xenotransplantation befeuert. Eine solche Übertragung von Organen, Geweben oder Zellen über die Artgrenzen hinweg ist jedoch mit zahlreichen neuen und ungelösten ethischen Fragen verbunden. In der Fachdiskussion um die neuen Entwicklungen der Xenotransplantation dominieren derzeit die medizinisch-technischen Chancen und Risiken. Die humanethischen und mehr noch die tierethischen Fragen bleiben im Hintergrund. Mehr Licht auf die tierethischen Aspekte der Xenotransplantation wirft will ein neuer Bericht der Eidgenössischen Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH).

Synthetisch erzeugte Gene Drives, ein neues gentechnisches Verfahren, können die Verbreitung künstlich veränderter Gene in einer Population beschleunigen. Diese Fähigkeit macht Gene Drives für unterschiedliche Anwendungsgebiete interessant, wirft aber Fragen zu Moral, Risiko und Biosicherheit auf. Die Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH) diskutiert diese ethischen Fragen und gibt Empfehlungen ab.

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