Weltweit gibt es keine einheitliche Definition von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) oder deren Regulierung. Während in Europa das Verfahren der gentechnischen Veränderung als Kriterium genommen wird (prozessbasierte Regulierung), orientieren sich andere Länder am Endprodukt (produktbasierte Regulierung). Dies hat zur Folge, dass die Anwendung von Gentechnik in der Landwirtschaft weltweit sehr unterschiedlich geregelt ist und die Regulierungen unterschiedliche Ansätze verfolgen. Mit dem Aufkommen der neuen Gentechnik haben sich die Unterschiede zusätzlich verstärkt.
In der EU gelten seit 2001 für alle Mitgliedstaaten die gleichen – international vergleichsweise strengen – gesetzlichen Regulierungen, die auf dem Vorsorgeprinzip beruhen. In der EU-Freisetzungsrichtlinie und den zugehörigen Verordnungen sind die Bedingungen für die Prüfung und Zulassung gentechnisch veränderter Lebens- und Futtermittel für den Markt bzw. den Anbau festgelegt.
GVO-Produkte müssen in der EU ein Prüfverfahren mit Risikobewertung der potenziellen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier sowie auf die Umwelt durchlaufen, durchgeführt von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). GVO dürfen nur zugelassen werden, wenn sie nach aktuellem Stand der Wissenschaft als sicher für Umwelt und Gesundheit gelten. Die Zulassungen gelten für alle EU-Mitgliedsstaaten.
Opt-Out-Regelung:
Seit 2015 können Mitgliedstaaten den Anbau von in der EU zugelassenen GVO auf ihrem Staatsgebiet aussetzen. 17 EU-Länder und 4 Regionen haben von der Opt-out-Regelung Gebrauch gemacht und den Anbau von GVO auf ihrem Gebiet untersagt. Dazu zählen unsere Nachbarstaaten Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich. Zudem haben Regionen wie Schottland, Wales, Nordirland und Wallonien (Belgien) Opt-outs beantragt.
Kennzeichnung und Wahlfreiheit:
GVO in Lebensmitteln müssen in der EU grundsätzlich gekennzeichnet werden. Damit soll die gesetzlich garantierte Wahlfreiheit auf gentechnikfreie Produkte garantiert werden. Für neue Gentechnikverfahren (z. B. CRISPR) werden in der EU derzeit Abschwächungen der gesetzlichen Vorschriften bei der Zulassung diskutiert. Das EU-Parlament fordert aber, dass eine umfassende Kennzeichnung von GV-Produkten gewährleistet bleiben muss.
In der EU ist aktuell nur eine gentechnisch veränderte Pflanze für den kommerziellen Anbau zugelassen: der Mais MON810. Er wird hauptsächlich in Spanien und Portugal angebaut. Für mehrere gentechnisch veränderte Pflanzen wurden Zulassungen beantragt, aber bislang nicht genehmigt.
Für den Import und die Nutzung als Lebens- und Futtermittel sind in der EU gegen 100 gentechnisch veränderte Pflanzen (hauptsächlich Mais, Soja, Baumwolle, Raps) zugelassen.
Freiwillige Kennzeichnung „Ohne Gentechnik“:
Es gibt keine einheitliche EU-weite Regulierung für die Kennzeichnung gentechnikfreier Lebensmittel. Die EU überlässt die Ausgestaltung und Kontrolle von Kennzeichnungssystemen für „gentechnikfreie“ Lebensmittel ausdrücklich den einzelnen Mitgliedsstaaten. Entsprechend unterschiedlich sind deren Ausgestaltung in den Mitgliedstaaten.
In den USA werden gentechnisch veränderte Pflanzen und genomeditierte Organismen durch das „Coordinated Framework for Regulation of Biotechnology“ reguliert. Zuständig sind USDA (Landwirtschaftsministerium), FDA (Lebensmittelbehörde) und EPA (Umweltschutzbehörde).
Eine Kennzeichnungspflicht für GVO-Lebensmittel wurde eingeführt, enthält jedoch zahlreiche Ausnahmen. Informationen können auch über QR-Codes oder Hotlines bereitgestellt werden, und viele Produkte (z. B. Öle aus Gentech-Soja) sind ausgenommen.
Kanada gilt als besonders gentechnikfreundlich. Seit 2024 müssen gentechnisch veränderte Pflanzen und daraus hergestellte Lebensmittel nur noch dann behördlich geprüft und zugelassen werden, wenn sie sich wesentlich von bereits zugelassenen Sorten in Bezug auf Umwelt- oder Gesundheitsauswirkungen unterscheiden. Ob dies zutrifft, entscheiden die Unternehmen selbst. Die Regierung verlässt sich weitgehend auf die Selbsteinschätzung und Studien der Unternehmen, eine unabhängige staatliche Kontrolle entfällt in vielen Fällen.
Genehmigungspflichtig gemäss der Guidelines for the Safety Assessment of Novel Foods sind Pflanzen mit einer neuen, kommerziell nutzbaren Herbizidtoleranz, auch wenn keine Fremd-DNA in das Pflanzengenom eingefügt wurde.
Brasilien und Argentinien sind unter den Top fünf der Länder mit gentechnisch verändertem Anbau. Zusammen mit Bolivien, Chile, Kolumbien, Costa Rica, Honduras, Mexiko, Paraguay und Uruguay baut Lateinamerika erstaunliche 42,7% des globalen gentechnisch veränderten Saatguts an (ISAAA, 2018). Die Zulassungsverfahren sind in den jeweiligen Staaten sehr unterschiedlich geregelt.
In Ecuador, Venezuela und Peru ist der kommerzielle Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen nicht zugelassen. Es gibt aber Bestrebungen, die gesetzlichen Regulierungen, insbesondere für die neue Gentechnik zu harmonisieren.
Japan ist gegenüber der klassischen Gentechnik kritisch eingestellt, hat aber die neue Gentechnik dereguliert und betreibt sehr viel Forschung im diesem Bereich. In Japan sind bereits Produkte aus neuer Gentechnik zugelassen worden: etwa die „GABA-Tomate“ (mit erhöhtem Gehalt an Gamma-Aminobuttersäure) und ein Speisefisch (Rote Meerbrasse). Diese Produkte mussten kein vollständiges Zulassungsverfahren wie klassische GVO durchlaufen, da keine Fremd-DNA eingefügt wurde.
China reguliert Gentechnik in der Landwirtschaft streng. Die staatliche Kontrolle ist umfassend: Von der Forschung über die Zulassung bis zur Kennzeichnung und Öffentlichkeitsarbeit steuert die Regierung den Prozess. Kommerzielle GVO-Produkte sind bislang vor allem Mais und Soja, die schrittweise eingeführt werden, während die gesellschaftliche Akzeptanz weiterhin niedrig ist. Seit 2015 gilt eine Kennzeichnungspflicht für bestimmte Lebensmittelprodukte aus Mais, Soja, Raps, Baumwolle und Tomaten, wenn sie aus gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellt sind.
Das chinesische Landwirtschaftsministerium hat 2025 mehrere Getreidesorten aus neuer Gentechnik für den Anbau zugelassen, darunter erstmals eine Reissorte. Eine Anbaugenehmigung erhielten auch acht neue Mais- und Sojasorten, die mit klassischer Gentechnik verändert wurden. Gleichzeitig wurde für einige gentechnisch veränderte Sorten der bisher auf Testregionen beschränkte Anbau für das ganze Land freigegeben. Damit will China die Abhängigkeit von Importen besonders bei Getreiden und Soja verringern.
Das Cartagena-Protokoll über die biologische Sicherheit ist ein internationales Abkommen, das völkerrechtlich verbindliche Regeln für den grenzüberschreitenden Umgang mit lebenden gentechnisch veränderten Organismen (LMOs) festlegt. Es basiert auf dem Vorsorgeprinzip und regelt insbesondere den grenzüberschreitenden Verkehr, das Handling und die Nutzung von GVO. Ziel ist es, Risiken für Biodiversität und menschliche Gesundheit zu minimieren. Es ist seit 2003 in Kraft und wurde von derzeit 173 Vertragsparteien unterzeichnet, darunter auch die Schweiz und fast alle EU-Mitgliedstaaten.
Nicht unterzeichnet haben das Protokoll die meisten der grossen Agrarexportländer wie die USA, Argentinien, Australien und Kanada.
Differenzen bei den Regulierungsansätzen
Region | Ansatz | Regulierung |
---|---|---|
Europa | Prozessbasiert | Zulassung nur nach wissenschaftlicher Risikoprüfung; Kennzeichnungspflicht Anpassungen für neue Gentechnik in Verhandlung |
USA, Kanada, Australien | Produktbasiert | Fokus auf das Endprodukt, nicht auf das Verfahren; mehrere Behörden zuständig; schnellere Zulassungen, Kenzeichnungspflicht uneinheitlich. Anpassungen der Regulierung bezüglich neue Gentechnik schon erfolgt |
Lateinamerika (z. B. Brasilien, Argentinien) | Mischform, unterschiedlich je nach Land | Schnelle Zulassungsverfahren, Anpassung der Gesetze an neue Züchtungstechnologien bereits im Gange |
Asien | unterschiedlich je nach Land | Japan sehr gentechnikaffin, vorallem bei neuer Gentechnik, China beginnt sich zu öffnen, Indien bleibt eher restriktiv |
Afrika | Unterschiedlich je nach Land, oft basierend auf internationalen Empfehlungen und Richtlinien | Regulierungsstrukturen teilweise noch im Aufbau; regionale Harmonisierungen angestrebt |
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