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GVO im Handel

Wer gentechnisch veränderte Organismen in Verkehr bringen will, benötigt eine Bewilligung des Bundes. Dabei ist zu beachten, dass sich die Zuständigkeiten für die Erteilung einer Bewilligung und das dafür massgebliche Bewilligungsverfahren aus der Produktekategorie (Verwendungszweck der GVO) ableitet. Diese Zuständigkeiten und Verfahren sind in Artikel 26 der Freisetzungsverordnung festgelegt, bspw. für Lebensmittel, Zusatzstoffe und Verarbeitungshilfsstoffe, Biozidprodukte, Arzneimittel, Futtermittel, Pflanzenschutzmittel oder Dünger.

In der Schweiz ist der Inverkehrbringer eines Produkts dafür verantwortlich, dass dieses alle gesetzlichen Vorschriften erfüllt. Aufgrund der zunehmenden Komplexität von Produkten und Produktionsverfahren können dabei Vorschriften aus verschiedenen Gesetzen oder Verordnungen zur Anwendung kommen. So gelten für das Inverkehrbringen von Lebensmitteln die Bestimmungen der Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung. Für gentechnisch veränderten Organismen gelten zusätzliche Anforderungen, die auf dem Gentechnikgesetz (GTG) und der Freisetzungsverordnung (FrSV) basieren.

Pflanzen und deren Saatgut bilden die existenzielle Grundlage für viele Lebensmittel, Futtermittel aber auch Zierpflanzen. Saatgut ist für die Aufrechterhaltung unseres Ernährungssystems unerlässlich und über Jahrhunderte hat eine Vielzahl von regional angepassten Sorten die Vielfalt in der menschlichen Ernährung gewährleistet und war Garant für unsere Ernährungssicherheit.

Gentechnisch verändertes Saatgut ist in der Vermehrungsmaterialverordnung geregelt. Konventionelles und biologisches Saatgut soll auch weiterhin frei bleiben von gentechnisch veränderten Organismen. Die SAG ist insbesondere am Schutz der Biosaatgutproduktion interessiert. Die Biosaatgutproduktion findet auf dem freien Feld und nicht im Labor statt. Um die gezüchteten Pflanzen vor dem Genfluss mit der Umwelt oder anderen Kulturen zu schützen, müssen Schutzzonen für die Produktion von Biosaatgut erstellt werden. In der aktuellen Saatgutverordnung sind aber die Saatgutproduzenten nicht geschützt. Sie sind selber dafür verantwortlich, dass keine Einkreuzungen stattfinden.

Ein entscheidender Faktor für die Aufrechterhaltung von gentechnikfreiem Saatgut ist die Regelung der Koexistenz. Doch bisher sind in der Schweiz alle Versuche, die Koexistenz gesetzlich zu regeln, gescheitert. Ein Rechtsgutachten (Prof Schweizer) hatte aber festgestellt, dass ohne Koexistenzregeln, der Anbau von GVO nicht durchgeführt werden könnte, ohne dass die Richtlinien anderer Anbauansätze (z. b. der Biolandbau) verletzt würden. Dieser Mangel war auch stets ein zentrales Argument für die Verlängerung des Anbaumoratoriums.

Das Gentechnikgesetz (Art 9) verbietet die Erzeugung von gentechnisch veränderten (GV) Wirbeltieren für landwirtschaftliche Zwecke. Doch dieser Schutz von Nutztieren vor gentechnischen Eingriffen ist mit der drohenden Deregulierung der neuen Gentechnik, den Forschungs- und Industriekreise für die neuen Gentechnikverfahren anstreben, in Gefahr. Würden die Bestimmungen des Gentechnikgesetzes für den Einsatz der neuen Gentechnik abgeschwächt, könnten bald gentechnisch veränderte Kühe, Schweine, Ziegen, Schafe und Hühner auf Schweizer Höfen und Weiden leben, obwohl für eine Landwirtschaft, die Eier, Milch und Fleisch sicher und marktorientiert produzieren will, der Verzicht auf genomeditierte GV-Nutztiere der bessere Weg wäre. Auch die Konsumierende wünschen sich keine Gentechnik auf ihren Tellern.

Ausführliche Informationen zu diesem komplexen Thema sind im SAG Factsheet und der  SAG-Tierstudie zu finden.

Gentechnisch veränderte Futtermittel dürften in der Schweiz aufgrund des Moratoriums zwar nicht angebaut, aber sie dürften importiert werden. Zurzeit sind in der Schweiz gemäss GVO-Futtermittelliste vier GVO als Futtermittel zugelassen: drei Maislinien (Bt176, Bt11, MON810) und eine Sojalinie (40-3-2, bekannt als Roundup Ready-Soja). Gentechnisch veränderte Futtermittel müssen vom BLW zugelassen werden (Futtermittelverordnung Artikel 62). Die Anforderungen an die Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Futtermitteln sind in Futtermittelverordnung Artikel 66 geregelt.

Doch seit 2008 wurden in der Schweiz keine oder nur sehr geringe Mengen an Gentech-Futtermittel importiert. Dies weil viele Schweizer Labels freiwillig auf GVO in Futtermitteln verzichten. Indirekt wirkt sich das Moratorium also auch auf den Import von Gentech-Futtermitteln aus. Im Auftrag des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) kontrolliert die Amtliche Futtermittelkontrolle (AFK) von Agroscope landesweit Futtermittel und Unternehmen. Seit dem Jahr 1999 wird die Statistik über Futtermittelimporte und deren Anteil mit GVO-Deklaration vom Bundesamt für Landwirtschaft BLW jährlich im Agrarbericht publiziert.

Gesunde Lebensmittel gehören zu den unverzichtbaren Lebensgrundlagen des Menschen. Die Behörden müssen gemäss Lebensmittelgesetz dafür sorgen, dass Lebensmittel grundsätzlich sicher sind und die Gesundheit der Menschen nicht gefährden. Täuschende Angaben, zum Beispiel zur Zusammensetzung oder irreführende Bewerbung, sind bei Lebensmitteln verboten.

Für Lebensmittel, die aus gentechnisch veränderten Organismen (GVO) hergestellt werden, besteht eine Bewilligungs- und Kennzeichnungspflicht. In der Schweiz zugelassen sind:

  • eine Sojalinie
  • drei Maislinien
  • zwei Vitamine
  • zwei Labfermente
  • zwei Zuckerarten als Zutat sowie
  • mehrere Lebensmittelenzyme als Verarbeitungshilfsstoffe zur Verwendung in Lebensmitteln.

Der Lebensmittelhandel verzichtet in der Schweiz jedoch freiwillig auf den Verkauf von Produkten, die gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten.

Fermenterprodukte

Seit dem 1. Juli 2020 sind in geschlossenen Fermentern durch GVO-Mikroben hergestellte Fermenterprodukte, die in der EU als neuartige Lebensmittel (Novel Food) zugelassen sind, auch in der Schweiz verkehrsfähig. Sechs Produkte dürfen damit erstmals in gentechnischer Form in die hiesigen Regale kommen. Dazu gehören gentechnisch hergestellte Humane Milcholigosaccharide (HMO) und gesundheitsfördernde Nahrungsergänzungsmittel. Dass sie nicht als Gentechprodukte deklariert werden, liegt an der fehlenden Kennzeichnungspflicht und dem Unwillen der Firmen, die Produktion durch gentechnisch veränderte Mikroben offenzulegen. Ausführliche Informationen dazu liefert der Bericht «Novel Food mit Gentechnik – Jetzt auch in der Schweiz», den die SAG in Auftrag gegeben hatte.

Überprüfung von Importprodukten auf GVO-Bestandteile

Die Kantonalen Laboratorien überprüfen regelmässig vorwiegend mais- und sojahaltige Produkte auf Anteile von GVO. In Importprodukten aus Mittel- und Zentralamerika werden hin und wieder (bewilligte aber nicht deklarierte und nicht bewilligte) GVO nachgewiesen. Solche nicht verkehrsfähige Produkte müssen die betroffenen Betriebe vom Markt nehmen und aufzeigen, wie sie künftig sicherstellen, dass nur noch dem Gesetz entsprechende Ware in Verkehr gelangt. Beispielsweise können die Importbetriebe von den Herstellern entsprechende Zertifikate verlangen oder eigene Analysen in Auftrag geben.

Eine Durchschnittskonsumentin oder ein Durchschnittskonsument begegnet diesen Produkten allerdings höchstens bei einer Vorliebe für Importprodukte aus Mittel und Südamerika.

Bevölkerung zurückhaltend

Die neue Gentechnik erlaubt eine tiefgreifende Manipulation unserer Nahrungsquellen. Ökologische und ernährungsphysiologische Mängel natürlicher Nahrungsquellen sollen eliminiert, die Produktivität gesteigert, die Herstellungsprozesse beschleunigt und neue Geschmackserlebnisse entwickelt werden.

Während in Nordamerika und teilweise auch in Südamerika der Lebensmittelmarkt mit genmanipulierten Produkten seit Jahren durchdrungen ist, herrscht in der Schweiz und in Europa nach wie vor grosse Zurückhaltung, nicht zuletzt, da eine grosse Mehrheit der Bevölkerung (60-80%) gentechnisch veränderte Lebensmittel auch heute noch ablehnt. Umwelt- und Gesundheitsrisiken, die bei der Herstellung und beim Konsum von Gentech-Lebensmitteln resultieren können, sind heute nicht hinreichend untersucht worden und können keineswegs ausgeschlossen werden.

Lobbydruck der Industrie

Forschung und Industrie drängen jedoch seit dem Aufkommen der neuen Gentechnik darauf, die legalen Gentechnikbestimmungen abzuschwächen. Mit Hilfe aufwändiger Marketingkampagnen wird versucht, einerseits das negativ geprägte Image der Gentechnik im Bereich der Lebensmittel aufzubessern und andererseits gewisse Techniken von der Definition von Gentechnik und damit von Regulierung, Kontrolle und Deklaration auszunehmen. Dagegen wehren sich die Initianten der Lebensmittelschutz-Initiative.

Deklaration/Kennzeichnung

GVOs müssen in der Schweiz gemäss Artikel 17 des Gentechnikgesetzes (GTG; SR 814.91) deklariert werden. Konsumentinnen und Konsumenten sollen beim Einkauf GVO-Bestandteile in Lebensmitteln anhand der Kennzeichnung auf der Etikette erkennen können. Diese Vorgaben sind in der Verordnung des EDI über gentechnisch veränderte Lebensmittel (VGVL; SR 817.022.51) festgelegt.

  • Auslobung «ohne Gentechnik»

Die rechtlichen Regelungen zur Auslobung 'ohne Gentechnik' in der Schweiz sind im Gentechnikgesetz (GTG) und in verschiedenen Verordnungen festgelegt, darunter die Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung (LGV)
und der daraus abgeleiteten Verordnung über gentechnisch veränderte Lebensmittel (VGVL) und die Freisetzungsverordnung (FrSV).
Die Auslobung gentechnikfreier Produkte ist in der Schweiz im Vergleich zu unseren Nachbarländern strenger reguliert. Bestrebungen, die entsprechende Verordnung zu revidieren, scheiterten mehrmals. Erst 2020 gab der Bundesrat eine Anpassung an die bestehenden Bestimmungen zur Kennzeichnung von Lebensmitteln mit dem Hinweis «ohne Gentechnik hergestellt» bekannt. Zentraler Bestandteil der Änderung ist eine Anpassung der Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung (LGV), gemäss welcher Lebensmittel tierischer Herkunft neu mit dem Hinweis «ohne GVO» versehen werden können, wenn für die Fütterung der Tiere keine gentechnisch veränderte Futterpflanze oder daraus gewonnene Erzeugnisse eingesetzt wurden. Die SAG und ihre Trägerorganisationen hatten sich wegen der mangelnden Transparenz zu dieser Änderung kritisch geäussert. Es wäre ausserdem zielführender, tierische Produkte, bei denen GVO verfuttert worden sind, als „mit GVO“ auszuloben und nicht umgekehrt. Doch der Druck der Marktteilnehmer, diese Art der Kennzeichnung nicht einzuführen, ist gross und verhindert jeglichen Fortschritt in dieser Hinsicht.

  • GVO-Kennzeichnung

Lebensmittel, die GVO-Erzeugnisse sind oder solche enthalten, müssen mit einem Hinweis versehen werden, dass sie gentechnisch verändert sind oder Bestandteile enthalten, die gentechnisch verändert wurden. Tierische Produkte (Eier, Milch), die von Tieren hergestellt wurden, die mit durch GVO-hergestellten Futtermittelzusatzstoffen gefüttert wurden, sind von dieser Kennzeichnung ausgenommen. Auch Verarbeitungshilfsstoffe, die GVO-Erzeugnisse sind und als solche abgegeben werden, sind mit einem Hinweis zu kennzeichnen. Die genauen Anforderungen sind in der Verordnung des EDI über gentechnisch veränderte Lebensmittel (VGVL) detailliert festgehalten.
Auf den Hinweis kann verzichtet werden, wenn keine Zutat solches GV-Material im Umfang von mehr als 0,9 Massenprozent enthält und belegt werden kann, dass die geeigneten Massnahmen ergriffen wurden, um das Vorhandensein solchen Materials in der Zutat zu vermeiden.

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F ‑Label und C‑Label: GVO-Transparenz bei veganen Ersatzprodukten?

Deregulierung: Verantwortung bei Lebensmittel-unternehmen

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