Pollenflug unverhindert - Massnahmen ungenügend. Bild: Shutterstock

Freisetzungsversuch mit Gentech-Mais: teuer, problematisch und nutzlos

Am 2. März 2020 hat das Bun­des­amt für Umwelt (BAFU) einen Frei­set­zungs­ver­such mit trans­ge­nem Mais bewil­ligt. Im Mai 2020 soll das Gen­tech-Saat­gut auf den gesi­cher­ten Ver­suchs­fel­dern der For­schungs­an­stalt Agro­scope im zür­che­ri­schen Recken­holz aus­ge­sät wer­den. Das vom Insti­tut für Pflan­zen- und Mikro­bio­lo­gie der Uni­ver­si­tät Zürich gestell­te Gesuch wur­de schon im Janu­ar 2019 ein­ge­reicht. Der Ent­scheid ver­zö­ger­te sich jedoch über ein Jahr auf Grund einer Ein­spra­che betrof­fe­ner Imker. Ihre Kri­tik­punk­te wur­den nun berück­sich­tigt, der durch Bun­des­gel­der mit­fi­nan­zier­te, teu­re Ver­such ist für eine nach­hal­ti­ge Schwei­zer Land­wirt­schaft jedoch trotz­dem nicht von Nut­zen. Nur der Gesuch­stel­ler und sei­ne inter­na­tio­na­len Part­ner pro­fi­tie­ren, die ein Patent auf das ein­ge­füg­te Gen aus Wei­zen besit­zen.

Dem trans­ge­nen Mais wur­de das Gen Lr 34 aus Wei­zen ein­ge­fügt. Die­ses Gen soll den Pflan­zen eine par­ti­el­le Resi­stenz gegen Pilz­krank­hei­ten ver­lei­hen und sie so lang­an­hal­tend gegen meh­re­re Pilz­ar­ten schüt­zen. Mit den Frei­set­zungs­ver­su­chen soll über­prüft wer­den, ob die­se Resi­sten­zen auch unter Feld­be­din­gun­gen wir­ken. Die genaue Funk­ti­ons­wei­se des Gens ist dabei eben­so­we­nig geklärt wie die mög­li­chen Aus­wir­kun­gen des art­frem­den Trans­gens auf die Phy­sio­lo­gie der Pflan­ze.

Die SAG, die der Gen­tech­no­lo­gie in der Land­wirt­schaft seit rund 30 Jah­ren kri­tisch gegen­über­steht und sich für stand­ort­ge­rech­te agrar­öko­lo­gi­sche Syste­me ein­setzt, beur­teil­te das ein­ge­reich­te Gesuch vom Anfang an als pro­ble­ma­tisch. Dies vor allem wegen den unge­nü­gen­den Mass­nah­men, die den Pol­len­flug ver­hin­dern könn­ten. Denn bei nicht für das Inver­kehr­brin­gen bewil­lig­ten GVO gilt hier­zu­lan­de bei allen Arten von Pro­duk­ten eine Null­to­le­ranz. Ver­un­rei­nig­te Pro­duk­te, ob Saat­gut oder Honig, müs­sen ver­nich­tet wer­den. Davon wären Imker und Mais­an­bau rund um die Ver­suchs­an­la­ge betrof­fen gewe­sen. Trotz­dem wur­den sie nicht im Vor­aus über den geplan­ten Frei­set­zungs­ver­su­chen infor­miert. Die Imker erho­ben des­we­gen Ein­spra­che.

Die Gefahr einer Ver­un­rei­ni­gung oder einer Aus­kreu­zung kann nur aus­ge­schlos­sen wer­den, wenn die trans­ge­nen Pflan­zen ent­fahnt wer­den, wie dies die Imker und auch die SAG for­der­ten. Im Gesuch war das Ent­fer­nen der Blü­ten­stän­de jedoch nur für das erste Ver­suchs­jahr vor­ge­se­hen. Nun wur­de das Gesuch mit der Auf­la­ge bewil­ligt, dass dies durch die gesam­te Dau­er des Ver­suchs durch­ge­führt wer­den soll. Die­ser Ent­scheid ist begrüs­sens­wert und ent­spricht sowohl den For­de­run­gen aus Imker­krei­sen als auch dem von der EKAH emp­foh­le­nen Risi­ko­mo­dell. Die­ses besagt, dass alle mög­li­chen Vor­keh­run­gen getrof­fen wer­den müs­sen, um eine Kon­ta­mi­na­ti­on mit nicht­be­wil­lig­ten Gen­tech­pflan­zen aus­zu­schlies­sen.

Bedau­er­li­cher­wei­se pro­fi­tiert die nach­hal­ti­ge Schwei­zer Land­wirt­schaft von der­ar­ti­gen Ver­su­chen trotz­dem nicht. Denn weder die für den Ver­such gewähl­te Modell­sor­te noch ein Teil der zu testen­den Pilz­krank­hei­ten sind rele­vant für die Schweiz. GV-Mais trägt haupt­säch­lich zum inten­si­ven, gross­flä­chi­gen Mais­an­bau bei, der aus Nach­hal­tig­keits­grün­den nicht ver­ant­wort­bar ist. Zudem ist in Euro­pa die Akzep­tanz von GV-Pflan­zen gering und ihr Markt­po­ten­zi­al sehr nied­rig, da ein Mora­to­ri­um den kom­mer­zi­el­len Anbau von GVO ver­bie­tet.

Von den Ergeb­nis­sen pro­fi­tiert daher nicht die All­ge­mein­heit, son­dern haupt­säch­lich das gesuch­stel­len­de For­schungs­team und sei­ne Part­ner, die ein Patent auf das bei dem Ver­such ver­wen­de­te Gen besit­zen. Die für den Ver­such auf­ge­wen­de­ten Gel­der – für den Betrieb der Pro­tec­ted Site fal­len jähr­lich 750.000 Fran­ken aus Bun­des­gel­dern an – wür­den sinn­vol­ler in die För­de­rung nach­hal­ti­ger agrar­öko­lo­gi­scher Ansät­ze inve­stiert.

Pro­ble­ma­tisch ist zudem, dass der Ver­such den Anfor­de­run­gen der Frei­set­zungs­ver­ord­nung nicht genügt. Die­se schreibt vor, dass jeder Frei­set­zungs­ver­such einen wesent­li­chen Bei­trag zur Erfor­schung der Bio­si­cher­heit lei­sten muss. Es sind zwar Unter­su­chun­gen zu den Aus­wir­kun­gen des Trans­gens auf die Mykorrhi­za-Pil­ze, die mit dem Mais in Sym­bio­se leben, geplant. Doch die­se sind mög­li­cher­wei­se nicht aus­sa­ge­kräf­tig, denn es wur­de vor­gän­gig nicht unter­sucht, ob das LR34 Gen in den Wur­zeln tat­säch­lich expri­miert wird. Auch ein aus­führ­li­cher For­schungs­plan zur Durch­füh­rung die­ser Expe­ri­men­te fehlt. Dies lässt an der wis­sen­schaft­li­chen Serio­si­tät der geplan­ten Unter­su­chung zwei­feln, denn Anga­ben zur Metho­dik und ein expe­ri­men­tel­les Design wären ein Must.

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