Der Anbau von Raps- und Leindotterpflanzen aus neuer Gentechnik birgt Risiken für Bestäuberinsekten wie Bienen. Bild: Shutterstock

Neue Gentechnik bei Raps und Leindotter: Risiken für Bestäuber

Seit vie­len Jah­ren arbei­ten die Züch­tung dar­an, die Qualität von Lebens- und Fut­ter­mit­teln sowie von Roh­stof­fen für die Bedürf­nis­se der Indu­strie zu ver­bes­sern. Bei­spiels­wei­se wird immer häu­fi­ger ver­sucht, Eigen­schaf­ten wie Ölgehalt und Fettsäurezusammensetzung bei Ölsaa­ten zu ver­än­dern, beson­ders seit dem Auf­kom­men der Gen­sche­re CRISPR.

Doch der Anbau sol­cher Raps- und Leind­ot­ter­pflan­zen aus neu­er Gen­tech­nik kann mit unvor­her­seh­ba­ren Risi­ken für Bestäu­ber­in­sek­ten wie Bie­nen ein­her­ge­hen, wie ein neu­er Hin­ter­grund­be­richt, der eine Aus­wer­tung aktu­el­ler wis­sen­schaft­li­cher Publi­ka­tio­nen vor­nimmt, zeigt. Vie­le Insek­ten sam­meln neben Nek­tar auch den Pol­len von Blü­ten­pflan­zen. Wer­den die Inhalts­stof­fe von Pflan­zen mit Gen­tech­nik ver­än­dert, kann dies jedoch dazu füh­ren, dass sich ihr Pol­len für Insek­ten nicht mehr als Nah­rungs­grund­la­ge eig­net.

Ein neu vor­ge­leg­ter Hin­ter­grund­be­richt der Fach­stel­le Gen­tech­nik und Umwelt (Deutsch­land) gibt einen umfas­sen­den Über­blick über aktu­el­le Anwen­dun­gen der neu­en Gen­tech­nik (NGT) bei Raps und Leind­ot­ter, die wich­ti­ge Pflan­zen für Bestäu­ber sind. Bei­de Pflan­zen gehö­ren zur Fami­lie der Kreuz­blüt­ler und wer­den als Ölpflan­zen ange­baut. Schon die kon­ven­tio­nel­le Zucht von Raps und Leind­ot­ter ver­än­der­te die Ölqua­li­tät in Samen und Pol­len. Die neue Gen­tech­nik kann die­se Ent­wick­lung erheb­lich beschleu­ni­gen, aus­wei­ten und mög­li­che Aus­wir­kun­gen ver­schär­fen.

Die fran­zö­si­sche NGO Pol­li­nis, die sich für den gene­rel­len Schutz von Insek­ten­be­stäu­bern ein­setzt, hat­te daher bereits im Dezem­ber 2022 im Vor­feld der COP15 in Mont­re­al in einem Auf­ruf vor den mög­li­chen nega­ti­ven Fol­gen des Ein­sat­zes von Bio­tech­no­lo­gien in der Umwelt gewarnt. Bestäu­ben­de Insek­ten sind wich­tig für die bio­lo­gi­sche Viel­falt, die Funk­tio­nen des Öko­sy­stems und die Stei­ge­rung der Erträ­ge. Um den Rück­gang der Insek­ten­po­pu­la­tio­nen umzu­keh­ren, müs­se ihnen ein siche­rer Lebens­raum in Land­schaf­ten, in denen Land­wirt­schaft, Vieh­zucht und Forst­wirt­schaft betrie­ben wer­den, gebo­ten wer­den, hat­te Pol­li­nis gefor­dert. Eine umfas­sen­de Über­sicht dazu hat die SAG in einem aus­führ­li­chen Fokus­ar­ti­kel auf­ge­zeigt.

Neue Gen­tech­nik bei Raps und Leind­ot­ter

Ein Ziel des Ein­sat­zes der neu­en Gen­tech­nik bei Raps und Leind­ot­ter ist es, den Gehalt an mehr­fach unge­sät­tig­ten Fett­säu­ren (Omega‑3 und Omega‑6) dra­stisch abzu­sen­ken, da die­se Fett­säu­ren schlecht für die Her­stel­lung von Agro­s­prit geeig­net sind. Doch die­se Fett­säu­ren haben für Insek­ten wich­ti­ge Funk­tio­nen, unter ande­rem beein­flus­sen sie deren Gehirn­funk­tio­nen und Fort­pflan­zung. Neh­men Insek­ten zu wenig mehr­fach unge­sät­tig­te Fett­säu­ren mit ihrem Fut­ter auf, kann das den Erhalt ihrer Popu­la­tio­nen gefähr­den.
Der Bericht listet rund 50 Publi­ka­tio­nen zu NGT-Raps und NGT-Leind­ot­ter auf. Bei rund 20 die­ser For­schungs­pro­jek­te wird die Men­ge oder die Zusam­men­set­zung des Öls ver­än­dert. Oft wer­den dabei auch Eigen­schaf­ten der Samen ver­än­dert, was eine unkon­trol­lier­te Aus­brei­tung der Pflan­zen för­dern kann. Dies ist bei Raps und Leind­ot­ter beson­ders bedenk­lich, weil sich die­se bei­den Arten auch leicht mit ver­wand­ten Wild­pflan­zen kreu­zen kön­nen.

Feh­len­de Risi­ko­prü­fung bei Dere­gu­lie­rung

Oft kann nur nach einer ein­ge­hen­den Risi­ko­prü­fung ent­schie­den wer­den, wel­che Eigen­schaf­ten tat­säch­lich neu sind und ggf. mit Risi­ken ver­bun­den sind. Je mehr Anwen­dun­gen hin­zu­kom­men, desto schwie­ri­ger wird eine seriö­se Risi­ko­ein­schät­zung. Denn es muss nicht eine bestimm­te Gen­tech­nik­pflan­ze sein, wel­che die Pro­ble­me ver­ur­sacht, auch die Gesamt­heit der Aus­wir­kun­gen unter­schied­li­cher Gen­tech­nik­or­ga­nis­men und ihre Wech­sel­wir­kun­gen kön­nen ent­schei­dend sein. Soll­ten Pflan­zen der neu­en Gen­tech­nik in der Land­wirt­schaft ein­ge­setzt wer­den, ist es des­we­gen zwin­gend, sowohl die Risi­ken der ein­zel­nen Pflan­zen als auch ihre Wech­sel­wir­kun­gen zu prü­fen, wie es das aktu­el­le Gen­tech­nik­recht auch vor­sieht.

Doch die EU-Kom­mis­si­on plant eine Dere­gu­lie­rung des bestehen­den Gen­tech­nik­rechts. Die mei­sten Pflan­zen aus neu­er Gen­tech­nik müss­ten dann kei­ner Risi­ko­prü­fung mehr unter­zo­gen wer­den. Gen­tech­pflan­zen wür­den Pflan­zen aus kon­ven­tio­nel­ler Zucht recht­lich gleich­ge­stellt. Die neue Gen­tech­nik wür­de so zu einem zuneh­men­den Risi­ko für Mensch und Umwelt.

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