2021 hat die Firma Nunhems/BASF vom Europäischen Patentamt (EPA) ein Patent auf buschig wachsende, kernlose Wassermelonen erhalten. Seitdem hat sich der Verein Keine Patente auf Saatgut! vor dem Europäischen Patentamt für eine Aufhebung des Patentes eingesetzt. Das Problem: Die Melone und ihre Eigenschaften wurden patentiert, obwohl der buschige Wuchs natürlich entstand und lediglich entdeckt wurde. Das EPA hatte das Patent erteilt, weil der Patentinhaber zusätzlich ein übliches Verfahren (Erzeugung von Triploidie) eingesetzt hatte, um die Anzahl der Kerne zu reduzieren. Nun hat die Beschwerdekammer am Europäischen Patentamt den Einspruch gegen das Patent jedoch endgültig zurückgewiesen. Wie kann das sein, wo doch Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen verboten sind?
Patent EP2814316
Bereits 2013 hatte BASF beim EPA eine Anmeldung für die Patentierung der triploiden Wassermelone eingereicht. Die Melone hat einen buschigen Wuchs, welcher laut der Patentschrift zufällig in einem Hausgarten entdeckt wurde. Das Unternehmen hat die Pflanze durch konventionelle Methoden so weitergezüchtet, dass ihre Früchte kernlos sind. Der Vorteil der Pflanze ist in erster Linie ihr platzsparender Wuchs. 2021 wurde das Patent EP2814316 vom EPA erteilt. Es erstreckt sich auf das Saatgut, die Pflanze und ihre Früchte.
Da die Schweiz Mitglied des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) ist, ist das Patent auch hierzulande gültig.
Einspruch von Keine Patente auf Saatgut!
Noch im gleichen Jahr, in dem das Patent erteilt wurde, hat der deutsche Verein Keine Patente auf Saatgut! Einspruch eingelegt. Er argumentiert, dass es sich bei dem Patent nicht um etwas erfinderisches handle und Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzensorten in Europa verboten seien. Der Einspruch ebenso wie die daraufhin eingelegte Berufung wurden jedoch vom EPA abgelehnt. Denn dieses sieht in der Triploidie der Melonensorte trotz der Nutzung konventioneller Methoden einen technischen Beitrag.
Theoretisch verboten, praktisch möglich?
Letztlich läuft die Diskussion auf eine Rechtsauslegung des EPÜ hinaus.
Keine Patente auf Pflanzen! erklärt, dass im Rahmen des EPÜ von Beginn an (1973) nicht grundsätzlich vorgesehen gewesen sei, Patente auf Pflanzen oder Tiere zu erteilen und dass das in 2017 erlassene Verbot für Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen nicht bedeuten würde, dass diese Patente zuvor generell zulässig waren. Das EPA legt das EPÜ sowie das Verbot von 2017 jedoch so aus, dass lediglich konventionell gezüchtete Pflanzen mit einer Patentanmeldung ab 2017 nicht mehr patentiert werden dürfen.
Mit der nun abgelehnten Berufung ist es kaum möglich, auf europäischer Ebene weiter gegen das Patent vorzugehen. Auf nationaler Ebene besteht jedoch noch die Möglichkeit, das Patente anzufechten, da auch einige nationale Gesetzgebungen Patente auf Pflanzen aus konventioneller Züchtung explizit verbieten.
Deregulierung der neue Gentechnik (NGT) öffnet neue Türen
Im Falle einer Deregulierung der NGT wie sie in der EU und in der Schweiz derzeit diskutiert wird, öffnen sich neue Möglichkeiten für Patente. Bereits jetzt ist alles patentiert, was man patentieren kann: Verfahren, Saatgut, Pflanzen und Eigenschaften. Das grosse Problem dabei ist, dass sich mithilfe der neuen Gentechnik auch natürlich vorkommende/konventionell gezüchtete Pflanzen oder Eigenschaften nachbauen lassen und eine Patentierung somit möglich wird. Dies ermöglicht Biopiraterie und schafft Rechtsunsicherheit für die konventionelle Züchtung. Mehr dazu unter Patente.
Aus diesem Grund fordert das EU Parlament im Rahmen der aktuellen Verhandlungen zur neuen Gentechnik ein Patentverbot, welches im bisherigen Entwurf des Rates jedoch nicht vorgesehen ist. Auch im Schweizer Gesetzentwurf für neue «Züchtungstechnologien» fehlen Regelungen zu Patenten komplett. Die SAG zusammen mit vielen weiteren Organisationen fordert daher, die Patentproblematik zu berücksichtigen und die konventionelle Züchtung zu schützen!
Quellen:
https://www.no-patents-on-seeds.org/de/patentfaelle/buschige-melone
https://www.no-patents-on-seeds.org/de/melone
https://register.epo.org/application?lng=de&number=EP13703094
https://www.ig-nachbau.de/appendix/news/details/basf-erhaelt-patent-auf-wassermelonen