Ende April 2025 hat die US-Lebensmittelbehörde FDA die Vermarktung gentechnisch veränderter Schweine des britischen Tierzuchtkonzerns Genus in den USA zugelassen. Die Tiere sollen resistent gegen ein Virus sein, das bei Ferkeln zu grossen Verlusten führt. Wie lange die Schutzwirkung anhält, ist jedoch unklar. Denn das Virus kann sich sehr schnell verändern.
Die gentechnisch veränderten Schweine sollen gegen das sogennante PRRS-Virus immun sein – die weltweit bedeutendste Schweinekrankheit. Verbreitet wird das Virus über Tröpfcheninfektion. Die Folgen: Schwere Atemwegserkrankungen bei Ferkeln und Fruchtbarkeitsstörungen bei geschlechtsreifen Tieren. Mit anderen Worten: erhebliche wirtschaftliche Verluste.
Die gentechnisch eingebrachte Resistenz basiert auf einem veränderten Protein an der Oberfläche von Immunzellen. Die Region im Erbgut welche für die Proteine kodiert, haben Wissenschaftler:innen des schottischen Roslin-Insitutes mit der Genschere CRISPR/Cas so bearbeitet, dass das Virus die Zellen nicht mehr befallen kann – die Tiere bleiben gesund.
Die Weiterentwicklung der PRRS-resistenten Schweinelinien erfolgte durch PIC, ein Tochterunternehmen von Genus in den USA. PIC beantragte die Zulassung nicht nur in den USA, sondern auch in Ländern wie China, Kanada und Mexiko. Zuvor hatten Brasilien, Kolumbien und die Dominikanische Republik bereits die Vermarktung solcher Schweine erlaubt.
Wandlungsfähige Viren – kurzfristige Resistenzen
Trotz Freipass ist fraglich, ob die gentechnisch eingebrachte Resistenz das Problem längerfristig lösen kann. PRRS-Viren – wie RNA-Viren generell – machen beim Vervielfachen ihres Erbguts besonders viele Fehler und besitzen daher eine hohe Mutationsrate. Dies ermöglicht eine enorme Wandlungsfähigkeit, sodass laufend neue Virusvarianten entstehen, die die neue Resistenz schnell umgehen könnten.
Ein bekanntes Problem, wie Testbiotech betont: «Bisherige Versuche, die PRRSV-Infektionen per Impfung zu stoppen, führten zur Entstehung neuer Virusvarianten, die sogar Teile der Impfstoffe in ihr Erbgut übernommen hatten und noch virulenter wurden».
Ungeprüfte Risiken
Ungewollte Nebenwirkungen des gentechnischen Eingriffs lassen sich ebenfalls nicht ausschliessen. Unklar bleibt auch wie die Gentechschweine auf andere Krankheitserreger reagieren. Zumindest soll sich – laut einer Studie, auf die PIC verweist – das Fleisch der resistenten Schweine nicht von demjenigen herkömmlicher Tiere unterscheiden.
Die SAG weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass krankheitsresistente Gentechtiere als symptomlose Träger die Erreger an nicht-modifizierte Artgenossen weitergeben könnten und so im Extremfall seltenere, gentechfreie Rassen gefährden könnten.
Marktpotenzial fraglich
Bis Gentech-Schweinefleisch in den Regalen steht, soll es allerdings noch dauern, teilte PIC mit. Damit US-Farmer überhaupt am Kauf und an der Haltung solcher Tiere interessiert sind, müssten erstmal die wichtigsten Exportmärkte wie Kanada oder Japan die Schweine zulassen. Denn die USA sind ein Nettoexporteur von Schweinefleisch. Dies wird jedoch nicht vor 2026 passieren, heisst es auf der Webseite des Unternehmens. Der wirtschaftliche Erfolg hänge zudem auch davon ab, ob Konsument:innen das gentechnisch veränderte Schweinefleisch akzeptieren.
Bis dahin plant PIC, eine möglichst grosse Population resistenter Tiere aufzubauen, um den Markt schnell bedienen zu können.
Die EU scheint für PIC vorerst keine Priorität zu haben: Dort wurde noch kein Zulassungsantrag gestellt. Gleiches gilt für Grossbritannien. Dies obwohl die US-Zulassung vom britischen Verband der Schweinehalter begrüsst wurde.

Auch aus sozioökonomischer Sicht sind die Gentechschweine nicht unproblematisch. PIC liess seine resistente Schweinelinie vom Europäischen Patentamt schützen. Damit könnte der Tierzuchtkonzern Genus seine Marktdominanz weiter ausbauen – ein Vorgehen, das in der Pflanzenzucht bereits grosse Konzerne wie Bayer oder Syngenta praktizieren.
Risiken kleinreden – EU Lebenesmittelbehörde macht mit
Leider werden die möglichen Risiken von Befürworter:innen der Gentechnik und der damit verbandelten Wissenschaft auf ähnliche Weise kleingeredet, wie dies bei NGT-Pflanzen passiert. Sogar die EU-Lebensmittelbehörde EFSA folgt diesem Trend. Sie hatte im Januar 2025 ein Gutachten über mögliche Risiken der Anwendung von neuen Gentechnikverfahren bei Tieren veröffentlicht. Im August folgte ein Gutachten zur Bewertung der bestehenden Risikobewertungsrichtlinien für GV-Tiere. In beiden Fällen wird ähnlich argumentiert wie bei der Risikobewertung von NGT-Pflanzen: «Keine Einführung von artfremden Genen – keine neuen Risiken». In seinem Bericht vom März 2025 widerspricht Testbiotech dieser Haltung: «Im Hinblick auf Tierschutz, Tierwohl und Tiergesundheit sollte der Gesetzgeber die Hürden für entsprechende Anwendungen und deren Vermarktung sehr hoch ansetzen», so das Fazit. Eine sorgfältige und umfassende Risikoprüfung im Sinne des Vorsorgeprinzips sei unabdingbar. Auch sollten Patente auf die gentechnische Veränderung von Tieren zum Zwecke der Nahrungsmittelerzeugung verboten werden.