Trotz Freipass ist ungewiss, ob die Resistenz hält – PRRS-Viren mutieren rasch und könnten sie umgehen. (Bild: Anneli Salo via Wikimedia Commons)

USA erlaubt virusresistente CRISPR Schweine

Ende April 2025 hat die US-Lebens­mit­tel­be­hör­de FDA die Ver­mark­tung gen­tech­nisch ver­än­der­ter Schwei­ne des bri­ti­schen Tier­zucht­kon­zerns Genus in den USA zuge­las­sen. Die Tie­re sol­len resi­stent gegen ein Virus sein, das bei Fer­keln zu gros­sen Ver­lu­sten führt. Wie lan­ge die Schutz­wir­kung anhält, ist jedoch unklar. Denn das Virus kann sich sehr schnell ver­än­dern.

Die gen­tech­nisch ver­än­der­ten Schwei­ne sol­len gegen das sogen­n­an­te PRRS-Virus immun sein – die welt­weit bedeu­tend­ste Schwei­ne­krank­heit. Ver­brei­tet wird das Virus über Tröpf­chen­in­fek­ti­on. Die Fol­gen: Schwe­re Atem­wegs­er­kran­kun­gen bei Fer­keln und Frucht­bar­keits­stö­run­gen bei geschlechts­rei­fen Tie­ren. Mit ande­ren Wor­ten: erheb­li­che wirt­schaft­li­che Ver­lu­ste.

Die gen­tech­nisch ein­ge­brach­te Resi­stenz basiert auf einem ver­än­der­ten Pro­te­in an der Ober­flä­che von Immun­zel­len. Die Regi­on im Erb­gut wel­che für die Pro­te­ine kodiert, haben Wissenschaftler:innen des schot­ti­schen Ros­lin-Insi­tu­tes mit der Gen­sche­re CRISPR/Cas so bear­bei­tet, dass das Virus die Zel­len nicht mehr befal­len kann – die Tie­re blei­ben gesund.

Die Wei­ter­ent­wick­lung der PRRS-resi­sten­ten Schwei­ne­li­ni­en erfolg­te durch PIC, ein Toch­ter­un­ter­neh­men von Genus in den USA. PIC bean­trag­te die Zulas­sung nicht nur in den USA, son­dern auch in Län­dern wie Chi­na, Kana­da und Mexi­ko. Zuvor hat­ten Bra­si­li­en, Kolum­bi­en und die Domi­ni­ka­ni­sche Repu­blik bereits die Ver­mark­tung sol­cher Schwei­ne erlaubt.

Wand­lungs­fä­hi­ge Viren – kurz­fri­sti­ge Resi­sten­zen

Trotz Frei­pass ist frag­lich, ob die gen­tech­nisch ein­ge­brach­te Resi­stenz das Pro­blem län­ger­fri­stig lösen kann. PRRS-Viren – wie RNA-Viren gene­rell – machen beim Ver­viel­fa­chen ihres Erb­guts beson­ders vie­le Feh­ler und besit­zen daher eine hohe Muta­ti­ons­ra­te. Dies ermög­licht eine enor­me Wand­lungs­fä­hig­keit, sodass lau­fend neue Virus­va­ri­an­ten ent­ste­hen, die die neue Resi­stenz schnell umge­hen könn­ten.

Ein bekann­tes Pro­blem, wie Test­bio­tech betont: «Bis­he­ri­ge Ver­su­che, die PRRSV-Infek­tio­nen per Imp­fung zu stop­pen, führ­ten zur Ent­ste­hung neu­er Virus­va­ri­an­ten, die sogar Tei­le der Impf­stof­fe in ihr Erb­gut über­nom­men hat­ten und noch viru­len­ter wur­den».

Unge­prüf­te Risi­ken

Unge­woll­te Neben­wir­kun­gen des gen­tech­ni­schen Ein­griffs las­sen sich eben­falls nicht aus­schlies­sen. Unklar bleibt auch wie die Gentech­schwei­ne auf ande­re Krank­heits­er­re­ger reagie­ren. Zumin­dest soll sich – laut einer Stu­die, auf die PIC ver­weist – das Fleisch der resi­sten­ten Schwei­ne nicht von dem­je­ni­gen her­kömm­li­cher Tie­re unter­schei­den.

Die SAG weist in die­sem Zusam­men­hang auch dar­auf hin, dass krank­heits­re­si­sten­te Gentech­tie­re als sym­ptom­lo­se Trä­ger die Erre­ger an nicht-modi­fi­zier­te Art­ge­nos­sen wei­ter­ge­ben könn­ten und so im Extrem­fall sel­te­ne­re, gen­tech­freie Ras­sen gefähr­den könn­ten.

Markt­po­ten­zi­al frag­lich

Bis Gen­tech-Schwei­ne­fleisch in den Rega­len steht, soll es aller­dings noch dau­ern, teil­te PIC mit. Damit US-Far­mer über­haupt am Kauf und an der Hal­tung sol­cher Tie­re inter­es­siert sind, müss­ten erst­mal die wich­tig­sten Export­märk­te wie Kana­da oder Japan die Schwei­ne zulas­sen. Denn die USA sind ein Net­to­ex­por­teur von Schwei­ne­fleisch. Dies wird jedoch nicht vor 2026 pas­sie­ren, heisst es auf der Web­sei­te des Unter­neh­mens. Der wirt­schaft­li­che Erfolg hän­ge zudem auch davon ab, ob Konsument:innen das gen­tech­nisch ver­än­der­te Schwei­ne­fleisch akzep­tie­ren.

Bis dahin plant PIC, eine mög­lichst gros­se Popu­la­ti­on resi­sten­ter Tie­re auf­zu­bau­en, um den Markt schnell bedie­nen zu kön­nen.

Die EU scheint für PIC vor­erst kei­ne Prio­ri­tät zu haben: Dort wur­de noch kein Zulas­sungs­an­trag gestellt. Glei­ches gilt für Gross­bri­tan­ni­en. Dies obwohl die US-Zulas­sung vom bri­ti­schen Ver­band der Schwei­ne­hal­ter begrüsst wur­de.

Mono­pol­ge­fahr: Paten­ten­tier­te Gentech­schwei­ne könn­ten die Markt­macht von Genus wei­ter stär­ken – wie bei Bay­er oder Syn­gen­ta in der Pflan­zen­zucht. (Bild: LID Medi­en­dienst)

Auch aus sozio­öko­no­mi­scher Sicht sind die Gentech­schwei­ne nicht unpro­ble­ma­tisch. PIC liess sei­ne resi­sten­te Schwei­ne­li­nie vom Euro­päi­schen Patent­amt schüt­zen. Damit könn­te der Tier­zucht­kon­zern Genus sei­ne Markt­do­mi­nanz wei­ter aus­bau­en – ein Vor­ge­hen, das in der Pflan­zen­zucht bereits gros­se Kon­zer­ne wie Bay­er oder Syn­gen­ta prak­ti­zie­ren.

Risi­ken klein­re­den – EU Lebe­nes­mit­tel­be­hör­de macht mit

Lei­der wer­den die mög­li­chen Risi­ken von Befürworter:innen der Gen­tech­nik und der damit ver­ban­del­ten Wis­sen­schaft auf ähn­li­che Wei­se klein­ge­re­det, wie dies bei NGT-Pflan­zen pas­siert. Sogar die EU-Lebens­mit­tel­be­hör­de EFSA folgt die­sem Trend. Sie hat­te im Janu­ar 2025 ein Gut­ach­ten über mög­li­che Risi­ken der Anwen­dung von neu­en Gen­tech­nik­ver­fah­ren bei Tie­ren ver­öf­fent­licht. Im August folg­te ein Gut­ach­ten zur Bewer­tung der bestehen­den Risi­ko­be­wer­tungs­richt­li­ni­en für GV-Tie­re. In bei­den Fäl­len wird ähn­lich argu­men­tiert wie bei der Risi­ko­be­wer­tung von NGT-Pflan­zen: «Kei­ne Ein­füh­rung von art­frem­den Genen – kei­ne neu­en Risi­ken». In sei­nem Bericht vom März 2025 wider­spricht Test­bio­tech die­ser Hal­tung: «Im Hin­blick auf Tier­schutz, Tier­wohl und Tier­ge­sund­heit soll­te der Gesetz­ge­ber die Hür­den für ent­spre­chen­de Anwen­dun­gen und deren Ver­mark­tung sehr hoch anset­zen», so das Fazit. Eine sorg­fäl­ti­ge und umfas­sen­de Risi­ko­prü­fung im Sin­ne des Vor­sor­ge­prin­zips sei unab­ding­bar. Auch soll­ten Paten­te auf die gen­tech­ni­sche Ver­än­de­rung von Tie­ren zum Zwecke der Nah­rungs­mit­tel­er­zeu­gung ver­bo­ten wer­den.

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