Verlockende Versprechen, ernüchternde Wahrheit: Die Marktrelevanz von Pflanzen aus neuer Gentechnik (NGT) ist auch nach vielen Jahren der Forschung sehr gering. Das geht aus dem neu veröffentlichten Bericht der European Non-GMO Industry Association (ENGA) hervor. Weltweit befinden sich lediglich drei NGT-Pflanzen auf dem Markt, auch in Ländern mit einer lascheren Regulierung. Klimarelevante Eigenschaften und andere Beiträge zur Nachhaltigkeit sind praktisch nicht vorhanden.
Der Bericht ist das Ergebnis einer aktuellen, umfassenden Recherche, die Lebensmittelunternehmen einen weltweiten Überblick über die Marktrealität von NGT-Pflanzen bieten soll. Während einflussreiche Agrarkonzerne und die damit verbandelte Wissenschaft intensiven Lobbydruck für eine weitgehende Deregulierung der neuen Gentechnik ausüben, überrascht der Bericht mit einem ernüchternden Bild:
- Weltweit sind nur drei NGT-Pflanzen auf dem Markt (zwei in den USA, eine in Japan).
- 49 Pflanzen befinden sich in der Entwicklung bzw. in unterschiedlichen Phasen der Genehmigung, keine davon wird aktuell angebaut.
- Darunter befinden sich praktisch keine Pflanzen, die einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten (lediglich 2 Kulturpflanzen), obwohl dies laut den Versprechen der Befürwortenden der Fall sein soll.

Bereits zugelassene NGT-Pflanzen bewähren sich zudem nicht immer im Feld – die Anwendungen der Technologie stecken im Proof-of-Concept-Stadium. So wurden die ersten beiden NGT-Pflanzen, die Marktreife erlangten, wegen Misserfolg bereits wieder vom Markt genommen.
Abwarten anstatt vorschnell zulassen!
Trotz übertriebenen Nachhaltigkeitsversprechen und Milliardeninvestitionen aus öffentlicher und privater Hand, bleibt eine Flut neuer, nachhaltiger NGT-Pflanzen auf dem Weltmarkt also ein Hirngespinst. Zwei der bislang angebauten NGT-Pflanzen produzieren Insektizide und sind herbizidresistent (zwei Maissorten in den USA). Eigenschaften, die schon von der alten Gentechnik verfolgt wurden und massive Probleme mit sich brachten. Die dritte Pflanze – eine Tomate mit erhöhtem Gamma-Aminobuttersäure-Gehalt, der den Blutdruck senken soll – gehört zu den sogenannten Lifestyle-Produkten, konzipiert für eine kaufkräftige Kundschaft. Alles monogene – durch ein Gen gesteuerte – Eigenschaften. Komplexere Merkmale, etwa Trockenheitstoleranz, scheitern an den technischen Grenzen der Machbarkeit. Warum dann die Eile? Warum eine Deregulierung und dies ohne umfassende Risikoprüfung, wie sie der Bundesrat im Entwurf des Spezialgesetzes mit dem irreführenden Namen «Züchtungstechnologiengesetz» vorsieht?
Die SAG stemmt sich gegen eine vorschnelle Deregulierung und wird kritisch zur Vernehmlassung des Züchtungstechnologiengesetzes Stellung nehmen. Dies ganz im Sinne des Vorsorgeprinzips, das ein zentrales Element der Umweltgesetzgebung in Europa und der Bundesverfassung ist. Denn einmal freigesetzt, ist Gentechnik nicht mehr rückholbar. Die gentechfreie Züchtung und Produktion müssen weiterhin vor Kontamination und Abhängigkeit geschützt bleiben. Wo Gentechnik drin ist, soll auch Gentechnik draufstehen. Dies entspricht der Erwartung der Verbraucher:innen und Konsument:innen, die Wahlfreiheit und Transparenz verlangen. Wollen Sie dieses Vorhaben unterstützen? Unterschreiben Sie die Lebensmittelschutz-Initiative!