Der Anbau von Reis hat in Italien Tradition. Im Norden des Landes befindet sich das grösste europäische Anbaugebiet von Reis. Bild: Shutterstock

Italien: Umstrittener Feldversuch mit Gentechreis zerstört

In Ita­li­en wur­de ein Ver­suchs­feld mit Reis aus neu­er Gen­tech­nik (NGT) von Unbe­kann­ten zer­stört. Der Gen­tech­reis — ein Arbo­rio-Risot­to­reis — wur­de an der Uni­ver­si­tät Mai­land zusam­men mit For­schen­den aus Gross­bri­tan­ni­en und Deutsch­land ent­wickelt und wird “RIS8imo” genannt. For­schen­de aus Gross­bri­tan­ni­en, Deutsch­land und Ita­li­en hat­ten mit CRISPR/Cas9 drei Gene im Reis­ge­nom aus­ge­schal­tet, um die Pflan­zen resi­sten­ter gegen Krank­heits­er­re­ger zu machen, ins­be­son­de­re gegen den Reis­brand­pilz Pyri­cu­la­ria ory­zae.

Am 13. Mai 2024 hat­te die For­scher­grup­pe den gen­tech­nisch ver­än­der­ten Reis 70 Kilo­me­ter nörd­lich von Mai­land auf einem 28 Qua­drat­me­ter gros­sen Feld ange­pflanzt. Test­bio­tech, das unab­hän­gi­ge Insti­tut für die Fol­gen­ab­schät­zung im Bereich Gen­tech­nik, kri­ti­sier­te, dass die Ver­su­che in einem Gebiet durch­ge­führt wur­den, in dem kom­mer­zi­el­ler Reis­an­bau statt­fin­det. Trotz Sicher­heits­vor­keh­run­gen könn­ten die neu­en Gen­kom­bi­na­tio­nen so in nah­ver­wand­te Unkräu­ter gelan­gen. In Popu­la­tio­nen von unkraut­ar­ti­gem Reis könn­ten die neu­en Gen­kom­bi­na­tio­nen über­dau­ern und ande­re, unvor­her­seh­ba­re Wir­kun­gen zei­gen. Unklar ist, ob sich die Wech­sel­wir­kun­gen zwi­schen den NGT-Pflan­zen und mit ihnen asso­zi­ier­ten Boden­or­ga­nis­men ver­än­dern. NGT-Pflan­zen müss­ten daher vor dem Ein­satz in der Land­wirt­schaft ein­ge­hend auf Risi­ken unter­sucht wer­den. Mit her­kömm­li­cher Züch­tung wäre die neue Gen­kom­bi­na­ti­on nach Ein­schät­zung von Test­bio­tech kaum erreich­bar gewe­sen.

Der CRIS­PR-Reis “RIS8imo” ist ein Arbo­rio-Risot­to­reis. Bild: Wiki­me­dia Com­mons

Mit der Zulas­sung für den Frei­set­zungs­ver­such habe Ita­li­en die Bemü­hun­gen von 24 Jah­ren strik­ter Anwen­dung des wis­sen­schaft­li­chen Vor­sor­ge­prin­zips zunich­te gemacht, kri­ti­sier­te die Asso­cia­zio­ne Rura­le Ita­lia­na (ARI). Mit dem Taschen­tuch­gros­sen Feld mit ris8imo ris­kie­re man die welt­wei­te Füh­rungs­rol­le als gros­ses gen­tech­nik­frei­en Agrar­land. Es habe im Vor­feld des Ver­suchs „kei­ne öffent­li­che Dis­kus­si­on, kei­ne Infor­ma­ti­ons­kam­pa­gne, kei­ne ernst­haf­te Bewer­tung der Risi­ken für unser land­wirt­schaft­li­ches System gege­ben, kri­ti­sier­te die ARI.

In den Tagen nach der Anpflan­zung hat­te ARI das Gelän­de besucht und meh­re­re Ver­stös­se gegen die Geneh­mi­gung der Expe­ri­men­te von der Umwelt­be­hör­de Ispra erlas­se­nen Vor­schrif­ten fest­ge­stellt: Der Zaun, der um die GVO-Reis-Par­zel­le errich­tet wur­de, war in Wirk­lich­keit kein Hin­der­nis für das Ein­drin­gen von klei­nen oder noch klei­ne­ren Tie­ren; der Abstand zum nächst­ge­le­ge­nen nicht expe­ri­men­tel­len Reis­an­bau betrug 0 Meter und nicht 50, wie vor­ge­schrie­ben; aus­ser­dem waren die Hin­weis­schil­der auf den Anbau so ange­bracht, dass sie von der öffent­li­chen Stras­se aus nicht les­bar waren.

ARI kri­ti­siert, dass jetzt, da das Ver­suchs­feld zer­stört sei, man schnell bereit sei, die Frei­heit der wis­sen­schaft­li­chen For­schung zu ver­tei­di­gen. Uner­wähnt blei­be dabei aber der still­schwei­gen­de Miss­brauch, der zuvor began­gen wor­den sei: die Durch­set­zung des GVO-Anbaus auf dem frei­en Feld mit Tricks und Schlupf­lö­chern, ohne ange­mes­se­ne Sicher­heits­vor­keh­run­gen und ohne dass die ita­lie­ni­sche Bevöl­ke­rung, die seit Jahr­zehn­ten gegen GVO sei, ange­mes­sen infor­miert wur­de. Pri­vat­ei­gen­tum müs­se gemäss der staat­li­chen Grund­ge­set­ze geschützt wer­den, doch immer gel­te auch die Maxi­me, dass die Frei­heit des einen dort ende, wo die Frei­heit des ande­ren begin­ne.

Aus­führ­li­che Infor­ma­tio­nen zum Ver­such und geplan­ten wei­te­ren Ver­su­chen in Ita­li­en hat der Infor­ma­ti­ons­dienst Gen­tech­nik zusam­men­ge­stellt.

 

Aktuelle Beiträge zum Thema

Erste CRISPR-Polopferde: Kontroversen und ethische Bedenken

«Ohne GenTechnik»-Label auf dem Vormarsch

«NGT1»-Pflanzen: Risiken nicht geringer

Bürozimmer an zentraler Lage in Zürich zu vermieten

Ich mach mit:

Saatgut und Lebensmittel aus neuer Gentechnik könnten bald ohne Kennzeichnung und Risikoprüfung verkauft werden. Was halten Sie davon?

Damit wir wissen, was auf unseren Tellern landet, sammeln wir Stimmen aus der Praxis.

So geht's:

  1. Laden Sie den passenden Fragebogen herunter.
  2. Beantworten Sie 1-3 Fragen.
  3. Senden Sie uns Ihre Antworten, den Namen Ihres Betriebs und ein hochauflösendes Foto per Email an info@gentechfrei.ch.

 

Kurzumfrage für Akteur:innen aus den Bereichen:

 

Alternativ können Sie die Fragen als Word-Dokument anfordern: info@gentechfrei.ch.


Wir veröffentlichen Ihre Einsendung auf unserer Kampagnenseite und teilen sie in den sozialen Medien. Helfen Sie uns, Transparenz, Wahlfreiheit und Nachhaltigkeit zu sichern! Danke für Ihre Unterstützung.

Fragen?
E-Mail an info@gentechfrei.ch oder 044 262 25 76.

Veranstaltung:

Zürich isst! Sichern Sie sich Ihr Ticket für unsere Filmvorführungen mit anschliessenden Podien!

Im September 2015 steht ganz Zürich im Zeichen von Ernährung, Umwelt und Genuss. «Zürich isst» bietet der Bevölkerung mit vielfältigen Veranstaltungen die Gelegenheit, sich mit Fragen einer nachhaltigen Ernährung auseinanderzusetzen. Zum Programm: www.zuerich-isst.ch. DIE ZUKUNFT PFLANZEN – BIO FÜR 9 MILLIARDEN       
23. September 2015, 18 bis 21.30, Riffraff Kino Zürich