171123.bfnNur das Gentechnikrecht kann einen vollständigen Schutz der Umwelt vor den neuen Gentechnikverfahren gewährleisten. Bild: Fotolia

Ein vom deutschen Bundesamt für Naturschutz (BfN) beauftragtes Rechtsgutachten zeigt, dass die verschiedenen europäischen Spezialgesetze außerhalb des Gentechnikrechts keine adäquaten Kontroll- und Prüfmaßstäbe für die Neuen Gentechnik-Verfahren zur Verfügung stellen. Die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) Prof. Beate Jessel warnt deshalb: „Eine Herausnahme der Neuen Techniken aus dem Gentechnikrecht würde zu erheblichen Regelungslücken sowie zu einer Zersplitterung der Zuständigkeiten führen. Wegen des enormen Potenzials Neuer Techniken ist eine am Vorsorgeprinzip und den Belangen des Umweltschutzes orientierte Risikoprüfung unabdingbar. Dies kann derzeit nur das Gentechnikrecht gewährleisten. Dafür gibt es nach geltender Rechtslage kein passendes Substitut.“ Mit Verfahren wie CRISPR/Cas und anderen Techniken, die unter dem Begriff Genome Editing zusammengefasst werden, kann das Erbgut von Organismen weitreichend und gezielt biotechnologisch verändert werden.

Das BfN hatte dem Juristen Prof. Tade M. Spranger von der Universität Bonn den Auftrag erteilt, zu prüfen, ob andere Regulierungen als das Gentechnikrecht dazu geeignet sind, mögliche Umweltrisiken zu kontrollieren, die von Organismen ausgehen, die mit Techniken des Genome-Editings entstehen. Spranger analysierte unter anderem das Saatgutrecht, das europäische Lebens- und Futtermittelrecht sowie das Pflanzenschutzmittel- und Sortenschutzrecht. Sein Gutachten zeigt eklatante Regelungslücken auf. Die untersuchten Rechtsgebiete seien nicht in der Lage, eine dem Gentechnikrecht vergleichbare Kontrolle möglicher Umweltauswirkungen zu gewährleisten. 

Dies überrascht nach Einschätzung des Gutachtens nicht. Denn die untersuchten Rechtsnormen, dienen anderen Zwecken. Das Saatgutrecht beispielsweise soll sicherstellen, dass ausreichende und leistungsfähige Pflanzensorten für die Landwirtschaft zur Verfügung stehen. Wildpflanzen würden beispielsweise im Saatgutrecht gar nicht erfasst und somit auch keiner Zulassungsprüfung unterzogen. Außerdem sei das Saatgutrecht nicht darauf ausgelegt, spezifische Gefahren zu bewerten, die sich aus der Anwendung hochtechnologischer Verfahren ergeben könnten. Dies gelte auch für das Recht der Pflanzenschutzmittelzulassung, das auf Wirkstoffe der Pflanzenschutzprodukte beschränkt ist.

Neben massiven Regelungsdefiziten würde eine Regulierung außerhalb des Gentechnikrechts aber auch ganz erhebliche praktische Umsetzungsprobleme verursachen, die sich verwaltungsor-ganisatorisch nicht bewerkstelligen ließen, folgert Spranger. Die untersuchten Normen involvieren eine Vielzahl von Behörden auf Bundes- und Landesebene, die nebeneinander innerhalb ihrer jeweiligen Zuständigkeiten tätig werden müssten und über keine umfassende Expertise auf dem Gebiet der Biotechnologie verfügen. 

Das Schweizer Recht entspricht in seinen Grundzügen dem deutschen und dem EU-Recht. Ein Ausschluss der neuen Gentechnik-Verfahren von den Regulierungen des Gentechnikgesetzes würde auch in der Schweiz zu gefährlichen Sicherheitslücken bei der Risikobeurteilung führen. Die Gentechnikgesetzgebung regelt zudem die Zuständigkeiten der verschiedenen Ämter. Dies umzustossen, wäre unverantwortlich und zudem wenig effizient.