Une nouvelle technique de biochimique fait fureur dans les laboratoires du monde entier. Il s’agit de la méthode portant le nom cryptique de CRISPR-Cas9, et que les scientifiques estiment être capable de produire des effets si redoutables, qu’ils plaident en faveur d’un moratoire mondial afin de se concerter sur ses opportunités et ses dangers. Il s’agit ici principalement de son utilisation sur les embryons humains. Selon Bruce Conklin, généticien du Gladstone Institutes à San Francisco, CRISPR bouleverse véritablement toute la recherche. En disant cela, il fait part de ce que beaucoup de ses collègues ressentent. Le débat bioéthique qui s’était assoupi est rouvert. (NZZ, 08.03.16)

 


Quelle: NZZ, 08.03.2016
http://www.nzz.ch/feuilleton/crispr-versprechen-und-risiken-einer-biotechnologie-schoene-neue-welt-des-gen-designs-ld.6431

«Crispr» – Versprechen und Risiken einer Biotechnologie

Schöne neue Welt des Gen-Designs?

Eine neue biochemische Technik sorgt in Labors rund um den Erdball für Furore. Das Verfahren «Crispr» verändert Gene äusserst effektiv. Doch seine Anwendung ist brisant, besonders an menschlichen Embryonen.

Eigentlich schien der Streit zwischen Gegnern und Befürwortern der Gentechnik entschieden. Europäische Verbraucher wünschen keine genetisch veränderten Zutaten in ihrer Umwelt und Nahrung, egal ob pflanzlichen oder tierischen Ursprungs. In der Medizin sind gentherapeutische Erfolge eine seltene Ausnahme geblieben. Und nirgendwo auf der Welt sind bisher, soweit wir wissen, genetisch optimierte Übermenschen geboren worden. Aus der Forschung sind die Methoden der Gentechnik nicht mehr wegzudenken, in der Anwendung klaffen Wunsch und Wirklichkeit jedoch weit auseinander.

Noch – denn wahrscheinlich haben sich die Gentechnologie-Gegner zu früh gefreut. Der wissenschaftliche Fortschritt scheint unaufhaltsam, und dieser Tage sorgt er dafür, dass die Karten neu gemischt werden. Gespenster, die gebannt schienen, drohen es nun toller zu treiben als je befürchtet. Ist die Geburt der ersten Designer-Babys nur noch eine Frage der Zeit?

Schon vor dreissig Jahren

Eine neue biochemische Technik sorgt in Labors rund um den Erdball für Furore, ein Verfahren mit dem kryptischen Namen Crispr-Cas9, das in seinen Auswirkungen von Wissenschaftern als derart brisant eingeschätzt wird, dass sie für ein weltweites Moratorium plädieren, um sich über Möglichkeiten und Gefahren zu verständigen. Deutsche Wissenschaftsakademien haben sich dieser Forderung angeschlossen. Dabei geht es vor allem um die Anwendung an menschlichen Embryonen. «Crispr stellt einfach alles auf den Kopf», seufzt Bruce Conklin, Genetiker von den Gladstone Institutes in San Francisco, und beschreibt damit, was viele seiner Kollegen empfinden. Die eingeschlafene bioethische Debatte ist wieder eröffnet.

Was heute die Gemüter erhitzt, wurde schon vor dreissig Jahren im Genom von Coli-Bakterien gefunden, doch niemand ahnte damals, was sich hinter dieser seltsamen Struktur verbarg und welche Möglichkeiten darin schlummerten. Es handelt sich um eine Folge von kurzen identischen DNA-Sequenzen, die jeweils von sogenannten Spacern mit abweichender Buchstabenfolge unterbrochen werden. Die Bezeichnung «Crispr» («clustered regularly interspaced short palindromic repeats») wurde erst viele Jahre später geprägt, nachdem man herausgefunden hatte, dass viele Bakterien solche Gebilde besitzen, in jeweils eigener Ausprägung. Nur wozu? Was leistet Crispr in der Zelle?

«Crispr stellt alles auf den Kopf»

Im Jahr 2005 machten mehrere Forschergruppen eine erstaunliche Entdeckung. Die lange Zeit rätselhaften Spacer innerhalb der Crispr-Sequenzen stammen gar nicht aus der Bakterienzelle selbst, sondern sind DNA-Überreste früherer Virenangriffe, eine Art genetisches Archiv überstandener Krankheiten. Niemand hatte erwartet, dass Bakterien, ähnlich wie Wirbeltiere, eine Art erworbenes Immunsystem besitzen könnten, das aus nichttödlich verlaufenden Infektionen lernt.

Die Verteidigung basiert auf einer Gengruppe, die Forscher in unmittelbarer Nähe der Crispr-Sequenzen aufspürten und deshalb «Crispr-assoziierte Gene», kurz «Cas», nannten. Cas9, ein von diesen Genen codiertes Protein, ist eine programmierbare Präzisionsschere, die ihre Anweisungen, die konkrete Zielangabe, jeweils aus dem Crispr-Archiv erhält. Quasi um die Fährte aufzunehmen, wird die Schere mit einer Erkennungssequenz ausgestattet, die sich komplementär zur DNA des Angreifers verhält. Dieses Leitmolekül führt Cas9 zu der fremden Erbsubstanz und verbindet sich mit ihr. Stimmen die Sequenzen überein, kommt es zum Schnitt, der Eindringling wird zerstört.

Der entscheidende Gedanke, der aus dieser Immunantwort von Bakterien ein nahezu universell einsetzbares Laborwerkzeug der Molekularbiologen machte, kam zwei Frauen; sie dürfen, sofern mit ihrer Technik kein Schindluder getrieben wird – was noch keineswegs ausgemacht ist –, als Nobelpreiskandidatinnen gelten: die Französin Emmanuelle Charpentier, seit 2015 Direktorin am Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie, und die Amerikanerin Jennifer Doudna, die an der University of California in Berkeley arbeitet.

Schnell, billig – und präzise

Kann man das Crispr-Cas9-System auch auf nichtvirale Ziele ansetzen? Was geschieht, wenn man die Spacer-Abschnitte durch andere, von Menschen ausgewählte DNA-Sequenzen ersetzt?

Crispr-Cas9 funktionierte, ein Erfolg, der ungeahnte Möglichkeiten eröffnete. Die passende Leit-RNA – die erwähnte Erkennungssequenz – vorausgesetzt, kann an jeder beliebigen Stelle eines DNA-Moleküls geschnitten werden; und Cas9 bleibt dabei erhalten, anders als in dem bisher praktizierten, sehr teuren Verfahren, bei dem für jeden Schnitt ein massgeschneidertes Enzym hergestellt werden musste.

Das Crispr-Cas9-System ist schnell, billig, arbeitet präzise, hinterlässt keine Spuren – und, wie die rapide wachsende Schar seiner Fans innerhalb der Wissenschaft bald herausfand, es funktioniert nicht nur in Bakterien, sondern nahezu überall, auch in Zellen von Pflanzen, Pilzen, Tieren und Menschen. Es kann sogar an vielen verschiedenen Regionen eines DNA-Moleküls gleichzeitig tätig werden. An der Harvard Medical School ist es gelungen, in Schweine-Embryonen auf einen Schlag 62 Gene zu verändern. Für die Erforschung komplexer Krankheiten, von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis zur Schizophrenie, eröffnen sich damit völlig neue Möglichkeiten.

Kein Wunder, dass bereits mehrere hundert Millionen Dollar an Risikokapital in Crispr-Startup-Unternehmen geflossen sind. Von einem «fieberhaften Gefühl» des Entdeckens sprach ein Forscher gegenüber dem «New York Times Magazine»: «Crispr hat so viele Experimente erst möglich gemacht – es ist, als ob man in einem Bonbon-Geschäft steht und weiss, dass man sich nur drei aussuchen kann. Gleichzeitig gibt es aber tausend weitere, die man gerne probieren würde, wenn man die Zeit hätte.»

Für die Erforschung komplexer Krankheiten, von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis zur Schizophrenie, eröffnen sich neue Möglichkeiten

Vielen verantwortungsvollen Wissenschaftern geht die Entwicklung zu schnell. Sie weisen darauf hin, dass die Prozesse, die beim Einsatz von Crispr-Cas9 ablaufen, nicht vollständig verstanden sind; genauso wenig wie das Ziel dieser Eingriffe, die Genome von Lebewesen. «Wir sind weit davon entfernt, das ‹Konzert der Gene› des Menschen zu verstehen», erklärt in Deutschland die Leopoldina warnend, die Nationale Akademie der Wissenschaften. Manchem vom Entdeckerrausch erfassten Forscher scheint das jedoch egal zu sein, solange das neue Werkzeug nur zuverlässig und schnell arbeitet.

Eine Studie chinesischer Wissenschafter sorgte kürzlich für Unruhe; nicht nur, weil mit menschlichen Embryonen gearbeitet wurde, die bei künstlichen Befruchtungen übrig geblieben waren – auch die Ergebnisse gaben zu denken. Die gewünschten Veränderungen des Zielgens waren nämlich nur bei einem kleinen Teil der behandelten Embryonen eingetreten. Dafür entdeckten die Forscher zahlreiche Modifikationen an Stellen des Genoms, die gar nicht Ziel des Eingriffs waren. Cas9 schneidet leider nicht nur dort, wo es soll, die vielgerühmte Präzision kann offenbar versagen. Warum und in welcher Frequenz diese «Off-target-Effekte» auftreten, bedarf dringend der Klärung.

«Wir sind weit davon entfernt, das ‹Konzert der Gene› des Menschen zu verstehen»

Sorge bereiten auch Pläne, natürliche Populationen – etwa von Malaria übertragenden Mücken – mithilfe der sogenannten «Gene Drive»-Technik zu bekämpfen. Dabei bewirkt Crispr-Cas9, dass sich ein manipuliertes Gen aussergewöhnlich schnell in einer Population ausbreitet. Gerade hatten der Harvard-Genetiker George Church und andere in «Science» noch eindringlich vor derartigen Experimenten gewarnt, weil man in Ökosystemen nie wissen könne, was geschieht, da veröffentlichten kalifornische Kollegen bereits die Resultate eines ebensolchen Versuchs an Fruchtfliegen.

«Wir haben die Pflicht, meine ‹Gene Editing›-Technologie verantwortlich zu nutzen», gab die frischgebackene Max-Planck-Direktorin Emmanuelle Charpentier dem «New Scientist» zu Protokoll. Man kann nur hoffen, dass besonnene Forscher und die Wachsamkeit von Politik und Öffentlichkeit dafür sorgen werden, denn mögliche Gefahren lauern viele, von der Freisetzung neuartiger genetisch veränderter Organismen bis zur Entwicklung extrem gefährlicher Krankheitserreger.

Noch Jahre werden vergehen, bis das Verfahren nicht nur zu Forschungszwecken auf menschliche Embryonen angewendet wird, glaubt Jennifer Doudna. Zunächst dürfte es nur um monogene Erbleiden gehen, bei denen ein einziges Gen verändert ist. Der umstrittene Versuch von Forschern der Sun-Yat-sen-Universität zielte auf einen solchen Gendefekt, der zu einer in China relativ häufigen Blutkrankheit führt.

Die Schwelle sinkt

Schon erhalten die Forscher Briefe von Trägerinnen des gleichen Brustkrebs-Risikogens, das die Filmschauspielerin Angelina Jolie veranlasste, sich vorbeugend beide Brüste entfernen zu lassen. Junge Frauen fragen, ob und wann die Crispr-Technik verhindern könnte, dass sie diesen Gendefekt an ihre Kinder weitergeben. In nicht allzu ferner Zukunft werden Menschen vor der Situation stehen, die Risiken eines derartigen Eingriffs ins Genom ihrer Kinder und Kindeskinder und das Risiko einer Erkrankung gegeneinander abzuwägen.

Seriöse Wissenschafter vermeiden es, über mögliche Manipulationen von Intelligenz, Körperkraft, Schnelligkeit oder Schönheit zu sprechen, jenen Eigenschaften also, die – über die Frage der Gesundheitsvorsorge hinaus – mit dem Begriff «Designer-Baby» verknüpft werden. Auch mit der neuen Technologie dürfte es ein höchst riskantes Unterfangen sein, sich an diesen komplexen Eigenschaften zu versuchen, weil an deren Ausbildung jeweils eine Vielzahl von Genen (und anderen Faktoren) beteiligt ist. Doch die Schwelle, es trotzdem zu versuchen, ist mit Crispr-Cas9 zweifellos gesunken.

Das erste Crispr-Baby wird kommen – um das vorherzusagen, muss man kein Prophet sein. Das Fachblatt «Nature» versuchte kürzlich sogar herauszufinden, wo der schöne neue Mensch dereinst einmal geboren werden könnte. Mit Blick auf die jeweilige Gesetzeslage fiel die Wahl auf Japan, China, Indien und Argentinien.

Dr. Bernhard Kegel lebt in Berlin und ist Biologe und Wissenschaftspublizist. Im vergangenen Jahr ist sein Buch «Die Herrscher der Welt – Wie Mikroben unser Leben bestimmen» (bei DuMont) erschienen.