09.03.2015 | Gentechnikrecht

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Bei neuen Pflanzenzuchtverfahren wird es immer schwieriger, eine klare Trennlinie zwischen gentechnischen Verfahren und anderen Züchtungstechniken zu ziehen. Bild: Clipdeaper

In Deutschland haben Verbände eine Einsprache gegen die unkontrollierte Freisetzung von genmanipuliertem Raps eingelegt. Das Deutsche Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat im Februar 2015 einen sogenannten RTDS-Raps der Firma Cibus mit „nicht als Gentechnik im Sinne des Gentechnikgesetzes“ eingestuft. Der fragliche Raps wurde mit Hilfe von kurzen Abschnitten synthetischen Erbguts (Oligonukleotiden) entwickelt. Nach diesem Entscheid könnten entsprechende herbizidresistente Pflanzen ohne Sicherheitsprüfung und Kennzeichnung angebaut werden. Dagegen legten zahlreiche Organisationen und Unternehmen Beschwerde ein. Sie befürchten eine unkontrollierte Ausbreitung der Pflanzen in der Umwelt und eine Aushöhlung des Gentechnikrechtes.

„Verfahren, bei denen künstliches Erbgut zur Manipulation der Gene von Pflanzen oder Tieren einge- setzt wird, sind nach EU-Recht eindeutig als Gentechnik einzustufen“, sagt Annemarie Volling von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. Raps kreuzt in der Natur sehr schnell aus und kann seine Eigenschaften an andere Kulturpflanzen und Wildkräuter weiter geben, aber auch selbst zum Unkraut werden. Diese manipulierten Pflanzen sind weder kontrollierbar noch rückholbar.

RTDS steht für „Rapid Trait Development System“ und gehört zur so genannten ODM-Technik, der Oligonukleotid-gerichteten Mutagenese. Hier werden sehr kurze Abschnitte der Erbsubstanz (DNA) synthetisch im Labor nachgebaut und mit zusätzlichen Eigenschaften versehen – zum Beispiel einer Herbizidresistenz. Diese kurzen synthetisierten DNA-Abschnitte (Oligonukleotide) werden in die Zellen eingeschleust. Die Pflanzenzelle wird dabei veranlasst, die eigene DNA-Sequenz dem fremden Vorbild anzupassen, wodurch es zu einer Veränderung der pflanzlichen DNA an der gewünschten Stelle kommen soll. Der genaue Mechanismus ist noch unverstanden. Es hat bisher weder eine systematische Sicherheits- und Risikobewertung der Technik, noch der damit erzeugten Pflanzen stattgefunden.

Die Widerspruch einlegenden Organisationen fordern von der Politik die Stärkung des in der EU gültigen Vorsorgeprinzips. Eine umfassende Sicherheitsprüfung und Kennzeichnung für Pflanzen und Tiere, deren Erbanlagen mit Hilfe von sogenannten Oligonukleotiden verändert wurden, müsse sichergestellt werden. Weiter fordern sie dass in der EU der Anbau von herbizidresistentem Raps grundsätzlich verboten wird.

Auch in der Schweiz steht die Regelung der sogenannten neuen Züchtungsverfahren an. Das Bundesamt für Umwelt BAFU hat dazu eine erste Studie in Auftrag gegeben. Denn rund 20 neue Verfahren sind gegenwärtig in der Erprobung, die gentechnische Methoden verwenden, aber in Sorten resultieren, die frei von artfremden Genen sein können. Bei diesen neuen Verfahren wird es zunehmend schwieriger, eine klare Trennlinie zwischen gentechnischen Verfahren und anderen Züchtungstechniken zu ziehen. Es steht die Frage im Raum, ob Sorten aus den neuen Verfahren gemäss geltendem Recht als gentechnisch veränderte Organismen (GVO) gelten oder nicht?