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Der Ebergeruch kann beim Verzehr von Schweinefleisch appetithemmend wirken. Bis heute werden die männlichen Ferkel deswegen meist schon im Ferkelalter kastriert. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) möchte dem Ebergeruch jedoch anderweitig vorbeugen: männliche Schweine sollen gentechnisch so verändert werden, dass sie weibliche Geschlechtsorgane haben.

Die Genschere CRISPR/Cas9 schaltet dabei die «High Mobility Group (HMG) Domäne» auf dem Y-Chromosom des Schweines aus – also die zentrale Einheit im SRY-Gen, welches für die frühembryonale Geschlechterbestimmung zuständig ist. Das heisst weiblich und trotzdem männlich? Ja, die Schweine tragen zwar einen männlichen Chromosomensatz, weisen aber weibliche Geschlechtsmerkmale auf. Doch äusserlich sind sie trotzdem von ihren weiblichen Artgenossinnen zu unterscheiden: Die CRISPR-Ferkel zeigen im Alter von neun Monaten bedeutend kleinere Geschlechtsorgane als gleichaltrige weibliche Schweine auf. Die CRISPR-Schweine sind zudem unfruchtbar.

Bei dieser Forschung handle es sich um Grundlagenforschung und könne kurzfristig aufgrund des Gentechnik-Gesetzes nicht in die Schweineproduktion integriert werden. Es bestünden aber weitere Ideen und Strategien, wie die Schweinezucht mit CRISPR/Cas9 beeinflusst werden könne: Das Y-Chromosom von Ebern soll so verändert werden, dass ausschliesslich weibliche Nachkommen gezeugt werden – was die Problematik des Ebergeruches auch lösen würde.

Die Genomeditierung an Tieren wirft grundlegende ethische Fragen auf. Anstatt Schweine gentechnisch so zu verändern, dass ihnen verstümmelte oder andere Geschlechtsteile wachsen und sie unfruchtbar werden, sollte vielmehr der Konsum von Schweinefleisch hinterfragt und reduziert werden, oder allenfalls doch auf chirurgische Kastration oder hormonelle Injektionen zurückgegriffen werden, welche die Geschlechtsreife verhindern. Grundsätzlich dient die Genomeditierung bei Nutztieren lediglich einer Intensivierung der Lebensmittelproduktion, sprich Tiere werden gentechnisch so verändert, dass sie unwürdige Massenhaltungen überleben.

Die Forschung an Schweinen beschränkt sich dabei nicht allein auf die Nutztierhaltung. Da Schweine aufgrund ihrer genetischen, physiologischen und anatomischen Eigenschaften dem Menschen ähnlich sind, könnten sie auch ein neuartiges Grosstiermodell darstellen, um beispielsweise Entwicklungsstörungen bei der Geschlechterausbildung beim Menschen zu erforschen, schreiben die Forschenden des deutschen Institutes.