genedrivenews Weniger Transparenz und Sicherheit wegen Neuerungen in der Lebensmittelgesetzgebung. Bild: Shutterstock      

Babynahrung oder Nahrungsergänzungsmitteln können GVO-Fermenterprodukte enthalten, ohne dass es die Konsumentinnen und Konsumenten erfahren: Mit den Neuerungen in der Lebensmittelgesetzgebung, welche heute in Kraft treten, wird die Transparenz und Sicherheit zusätzlich verschlechtert. Denn auch Behörden und Hersteller haben keinen Überblick mehr, was auf dem Markt eingesetzt wird. Die SAG verlangt mehr Transparenz und Informationen von den Herstellern.

Ab 1. Juli 2020 sind GVO-Fermenterprodukte, die in der EU als neuartige Lebensmittel zu­ge­­lassen sind, auch in der Schweiz verkehrsfähig. Sechs Produkte aus gentechnischen Verfahren dürften damit erstmals in die hiesigen Regale kommen – ohne Hinweis auf den Herstellungsprozess auf der Verpackung. Dies zeigt ein Bericht, den die SAG in Auftrag gegeben hatte.

GVO-Fermenterprodukte werden durch GVO hergestellt, anschliessend aber von den herstellenden Mikroorganismen gereinigt, so dass sie selber keine GVO enthalten. Zu ihnen gehören auch gentechnisch her­ge­stellte Humane Milch­oligosaccharide (HMO) und gesundheitsfördernde Nahrungsergänzungsmittel, beispielsweise Glutenverdauungshelfer. Da GVO-Erzeugnisse somit im sensiblen Bereich der Babynahrung und der gesundheitsfördernden Nahrungsergänzungsmittel angekommen sind, muss die entstehende Deklara­tions­­­lücke neu bewertet werden. Dass diese Produkte nicht als Gentech-Produkte dek­lar­iert werden müssen, liegt an der fehlenden Kennzeichnungspflicht und dem Unwillen der Fir­men, die gen­technische Produktionsweise offenzulegen. Verschiedene Firmen liessen Anfragen unbean­t­wor­tet, ob im Herstellungsprozess ihrer Produkte gentechnische Verfahren zur Anwendung kamen. Eine Kennzeichnungspflicht würde verhindern, dass Firmen ihre Produkte als natürlich ausloben und die gentechnische Produktion verschweigen können, fordert auch die SAG Trägerorganisation Stiftung für Konsumentenschutz. Zudem muss das BLV auf der öffentlichen Liste der neuartigen Lebensmittel GVO-Fermenterprodukte klar als solche markieren.

In der generischen Zulassung von neuartigen Lebensmitteln sieht auch die Branche selbst ein Sicherheitsproblem. Ist ein Produkt einmal auf der EU-Liste der bewilligten neuartigen Lebensmittel, kann es nicht nur vom Zulassungsinhaber, sondern von allen Firmen in Verkehr gebracht werden. Wegen der mangelnden Transparenz fehlen Informationen, wie sicher der Produktionsprozess ist. Dass GVO-Fermenterprodukte mit dem Produktionsorganismus verunreinigt sein können, zeigten zwei Fälle aus der EU, bei denen es zu Verunreinigungen kam, beispielsweise bei Vitamin B2. Solche Kontaminationen können insbesondere dann eine Ge­fähr­dung für die Gesundheit sein, wenn die verwendeten GVO Antibiotikaresistenzgene enthalten. Auf Verordnungsstufe wird jedoch nicht vorgeschrieben, mit welchen Verfahren die Abwesenheit von GVO-Verunreinigungen nachzuweisen ist – diese Kompetenz wird der Europäischen Behörde für Lebensmittel abgegeben. Für die Kontrolle der GVO-Fermenterprodukte auf Verunreinigungen sind die Firmen selber zuständig, während die Schweizer Behörden nicht über die nötigen Nachweismethoden verfügen. Bereits in ihrer Stellungnahme hatte die SAG darauf hingewiesen, dass Herstellerfirmen dazu verpflichtet werden müssten, Informationen zu Herstellungsprozess und Nachweisverfahren offenzulegen.