Patente Saatgut
Ein Rechtsgutachten, das die deutsche Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen in Auftrag gegeben hatte, evaluiert mögliche Änderungen am Patentrecht in der EU (Bild: SAG).

Die deutsche Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat ein Rechtsgutachten zum Patentschutz von Pflanzen in Auftrag gegeben, welches die Möglichkeiten zur Änderung des Patentrechts insbesondere in der EU evaluiert hat. Das Ergebnis zeigt, dass aktuelle Vorschläge aus der EU nicht machbar bzw. unangemessen sind. Nichtsdestotrotz gibt es einige Wege, das Patentrecht so anzupassen, dass Züchtende sowie Landwirtinnen und Landwirte mehr Rechtssicherheit und Spielraum für die konventionelle Züchtung erlangen.

Hintergrund des Gutachtens waren zwei Vorschläge in der EU. Das Europäische Parlament hatte angeregt, durch neue gentechnische Verfahren veränderte Pflanzen von der Patentierbarkeit auszunehmen. Darauf folgte ein Gegenvorschlag der belgischen Ratspräsidentschaft, die Deregulierung neuer gentechnischer Verfahren an den Verzicht auf Patente zu knüpfen.

Beide Vorschläge zielen darauf ab, die Situation von Züchtenden in einem «Dschungel aus Patenten» zu verbessern. Vor allem seit dem Aufkommen neuer gentechnischer Verfahren, besteht die Möglichkeit, Pflanzeneigenschaften, die in Wildpflanzen vorkommen, mithilfe der neuen Gentechnik technisch «nachzubauen» und anschliessend zu patentieren. Dies führt zu Herausforderungen und Problemen in der Züchtung, welche auf eine breite Basis an Saatgut angewiesen ist. Der Zugang zu dieser Saatgut-Basis ist durch Patente und damit einhergehende hohe Lizenzen stark eingeschränkt, was zuletzt eine Verteuerung von Lebensmitteln verursachen kann. Eine Änderung des Patentrechts soll dem entgegenwirken und verhindern, dass einige wenige aber einflussreiche Unternehmen indirekt unsere Ernährung bestimmen.

Das Ergebnis des Gutachtens zeigt jedoch: Die bisherigen Vorschläge sind (noch) nicht die Lösung. Ein komplettes Patentverbot von Pflanzen aus neuen gentechnischen Verfahren ist rechtlich nicht machbar. Der Gegenvorschlag der belgischen Ratspräsidentschaft ist zwar rechtlich möglich, jedoch nicht angemessen. Ersteres würde eine Verletzung des Europäischen Patenübereinkommens darstellen und daher eine einstimmige Änderung dieses Abkommens durch alle 39 Vertragsstaaten nötig machen, was praktisch unvorstellbar ist. Letzteres würde die Risikobeurteilung von Pflanzen aus neuer Gentechnik davon abhängig machen, ob das Saatgut patentiert ist.

Es gibt jedoch andere sinnvolle Lösungen, um das Patenrecht anzupassen und bereits existierende sowie künftige Patente einzuschränken. Zum einen wäre es rechtlich möglich, Patente auf Gensequenzen und Pflanzeneigenschaften, die auch natürlich vorkommen zu verhindern. Zum anderen könnte festgelegt werden, dass sich der Patentschutz nur auf die verwendete Methode, nicht jedoch auf die daraus entstandene Eigenschaft bezieht. Beides würde die Rechtssicherheit von Züchtenden verbessern, die mit natürlichem Saatgut und/oder an Pflanzeneigenschaften arbeiten, an denen auch die Gentechbranche forscht.

Eine weitere Möglichkeit laut des Gutachtens wäre die Ausweitung des Züchterprivilegs, wodurch Züchtende ausgehend von patentiertem Saatgut neue Sorten züchten und vermarkten könnten, ohne dass der Patentschutz in Bezug auf diese neuen Sorten greift. Ausserdem könnten Massnahmen wie ein Patentregister zur Erhöhung der Transparenz, die Einschränkung von Patentinhaberrechten bei Auskunftsverweigerung, sowie die Festlegung von Lizenzgebühren oder Zwangslizenzen in Betracht gezogen werden.

In Bezug auf Zwangslizenzen wird die Schweiz im Bericht als Beispiel genannt. Das Schweizer Patentrecht bietet die Möglichkeit zur Bestimmung von Zwangslizenzen, unter anderem wenn ein öffentliches Interesse besteht. Grundsätzlich kann jeder, der ein Patent nutzen will, eine solche Zwangslizenz beantragen, über welche dann vom Bundespatentgericht entschieden wird. Theoretisch könnte diese Möglichkeit also Züchtenden und Landwirtschaftsbetrieben im Falle von Pflanzenpatente zu Gute kommen. Tatsächlich wurden Zwangslizenzen in der Schweiz jedoch noch nie vergeben und die Erfolgsaussichten in Bezug auf Pflanzenpatente dürften sich somit in Grenzen halten.

Sollten auf EU-Ebene Änderungen am Patentrecht in Bezug auf Pflanzen vorgenommen werden, so ist davon auszugehen, dass die Gesetzgebung auch in der Schweiz entsprechend angepasst würde. Änderungen die zu mehr Rechtssicherheit und Transparenz, sowie einer besser zugänglichen Saatgutvielfalt führen, dürften somit auch zum Vorteil von Schweizer Landwirtinnen und Landwirten sowie Züchtenden sein.

Zur Pressemitteilung und zum Bericht

Auch die Lebensmittelschutz-Initiative, welche die SAG unterstützt, wehrt sich gegen die Einschränkung der konventionellen Züchtung, die von Patenten der neuen Gentechnik ausgeht. Sie verlangt, dass sich die Wirkung von Patenten nicht auf Pflanzen aus der gentechnikfreie Züchtung erstreckt.

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