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Trotz Verschärfung der Verbote: Konventionelle Züchtung wird auch in Zukunft patentiert. Bild: Einberger/argum

Die 38 Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ), darunter auch die Schweiz, haben heute in Den Haag beschlossen, die Patentvergabe auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere einzuschränken. SWISSAID, Public Eye und ProSpecieRara begrüssen den Entscheid im Grundsatz, kritisieren aber die vielen Schlupflöcher in der Vorlage scharf. Der aktuelle Beschluss ist ein Erfolg der jahrelangen Kampagne von NGOs, Bauern- und Züchterverbänden gegen die Erteilung von Patenten auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere. Das europäische Patentamt (EPA) hat in den letzten Jahren über 120 dieser Patente erteilt, zahlreiche weitere Anträge sind aktuell ausstehend. Die Patente verwehren Züchterinnen und Züchtern den freien Zugang zu Saatgut und Vermehrungsmaterial und festigen die Monopolstellung weniger Agrarkonzerne.

Mit der Übergabe von über 800‘000 Unterschriften forderte die NGO-Koalition «Keine Patente auf Saatgut!» im Juni 2016 deshalb eine Änderung dieser Praxis. Auch das Europäische Parlament und die EU-Kommission verlangten, die Vergabe solcher Patente auf den Bereich der Gentechnik zu beschränken. 

Das nun von den Mitgliedstaaten des EPÜ beschlossene Verbot von Patenten auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Zucht ist eine seit langem erwartete Antwort auf den politischen Widerstand. Hängige Patente, wie die Peperoni von Syngenta oder die Melone von Monsanto, gegen welche die Schweizer NGOs im Rahmen einer breiten Koalition Einspruch eingelegt haben, sollten somit vom Tisch sein. Trotzdem ist die vom EPA entwickelte Vorlage mangelhaft. So sollen in Zukunft Patente nur dann verweigert werden, wenn Pflanzen oder Tiere unmittelbar aus einer Kreuzung und Selektion entstehen. Diese enge Definition von konventioneller Zucht öffnet zahlreiche Schlupflöcher. Die kürzlich erteilten Patente von Carlsberg und Heineken auf Braugerste und Bier etwa werden mit diesem Beschluss nicht in Frage gestellt. Zudem sind Pflanzen, die sowohl konventionell wie auch biotechnologisch gezüchtet werden, nach wie vor patentierbar.

SWISSAID, Public Eye und ProSpecieRara haben sich im Vorfeld der Entscheidung für eine Verbesserung der Vorlage eingesetzt und gemeinsam mit den Schweizer Behörden sowie Vertretern der Industrie einen Alternativvorschlag erarbeitet. Dieser wurde von der Schweizer Delegation beim EPA eingebracht, blieb aber ohne Gehör. Während NGOs jegliche Teilnahme verwehrt wurde, hatte die Industrie grossen Einfluss auf den Entscheidungsprozess, wie vertrauliche Dokumente zeigen. 

In der Schweiz haben rund 9‘000 Personen einen offenen Brief unterzeichnet, der von Bundesrätin Simonetta Sommaruga forderte, sich beim EPA für ein wirksames Verbot von Patenten auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung einzusetzen. Die Unterschriften wurden dem Institut für Geistiges Eigentum (IGE) am 23. Juni übergeben.