Gentechreis versagt auf dem Feld. Bild: Shutterstock
Geringe Erträge und das erneute Auftreten einer Viruserkrankung, die von den Bauern mit ausländischem Reis in Verbindung gebracht wird, haben dazu geführt, dass die Einführung von gentechnisch verändertem Golden Rice auf den Philippinen einmal mehr in kontroversen Diskussionen gemündet ist. Bis 2028 hätte der Gentechreis auf mehr als fünfhunderttausend Hektar angebaut werden sollen. Mit seinen unterdurchschnittlichen Ertragsleistungen, wie sie in mehreren Provinzen beobachtet worden waren, hätte dies für das Land katastrophale Folgen haben können. Nun wurde der Anbau des Gentechreis bereits anderthalb Jahre nach der Zulassung von einem philippinischen Gericht wieder gestoppt, nachdem der philippinische Bauernverband MASIPAG gemeinsam mit anderen Organisationen gegen die Zulassung für den Anbau von goldenem Reis geklagt hatte.
Der emeritierte ETH-Professor Ingo Potrykus gilt als geistiger Vater des mit Provitamin-A angereicherten Reises. Er glaubte, damit ein wirksames Mittel im Kampf gegen in Südostasien weit verbreitete Vitamin-A-Mangelerkrankungen gefunden zu haben. Das Philippine Rice Research Institute (PhilRice) sollte dem Golden Rice nach Jahren der Auseinandersetzungen endlich zum Durchbruch verhelfen. Auf Antrag des Instituts hatte die philippinische Regierung in mehreren Provinzen ein Pilotprojekt mit Golden Rice gewilligt. Bis 2028 sollte Golden Rice auf fast fünfhunderttausend Hektar angebaut werden.
Gentechreis versagt auf dem Feld
Doch die ersten Ernten 2022 zeigten, dass der Ertrag des Gentechreises äusserst mässig war. Vielen Bauern beobachteten zudem ein ungewöhnliches Aufkommen des Tungro-Virus, der in den 1970er Jahren mit dem Anbau moderner ausländischer Sorten erstmals aufgetreten war und zu einer weit verbreiteten Krankheit mit Blattverfärbungen, verkümmertem Wachstum und verminderten Erträgen geführt hatte. Das erneute Auftreten des Virus in ihrem Gebiet führten sie auf die Einführung von Golden Rice zurück, da dies das einzige "ausländische" Saatgut war, das sie in ihrer Provinz angebaut wurde. Die lokalen Sorten sind gegen das Virus resistent.
Der Anbau von Golden Rice war Teil eines nationalen Programms mit dem die Regierung den Vitamin-A-Mangel bekämpfen wollte, der als eine der Hauptursachen für die Erblindung durch eine Unterversorgung mit Vitamin A (Vitamin-A-Defizienz VAD) bei Kindern und stillenden Frauen in ländlichen Gebieten gilt.
Gericht entzieht die Anbaubewilligung für den Gentechreis
Die philippinische Bauernorganisation MASIPAG befürchtete, dass der grossflächige Anbau von Golden Rice wegen der zu befürchtenden Ertragseinbussen zu Ernährungsunsicherheit und zur Verschuldung der Landwirte führen könnte und klagte erfolgreich gegen die Anbauzulassung. Das Berufungsgericht berief sich in seinem Urteil in erster Linie auf das Vorsorgeprinzip: Es bestehe eine wissenschaftliche Ungewissheit bezüglich der Unbedenklichkeit der Pflanzen für die Konsumierenden und die Umwelt, doch das Gericht bestätigte auch, dass die befürchtete Ertragseinbusse für das Land negative Auswirkungen haben könnte.
Für das Jahr 2023 hatte die philippinische Regierung einen durchschnittlichen Ertrag von 4,3 Tonnen pro Hektar Reis errechnet, Golden Rice hatte aber nur eine durchschnittliche Ernte von 2,8 Tonnen pro Hektar eingebracht. MASIPAG errechnete, dass der geplante grossflächige Anbau von Golden Rice zu einer Verringerung der nationalen Reisproduktivität um 4 % führen würde, was 750’000 Tonnen Reis entspricht. Mit dieser Menge können sich mehr als vier Millionen Filipinos ein ganzes Jahr lang ernähren.
Vitamin-A-Mangel ist ein strukturelles Problem
Die Philippinen sind nach wie vor einer der grössten Reisimporteure der Welt und hatten im Jahr 2022 bei Reis lediglich einen Selbstversorgungsgrad von 77 %. Ein Rückgang der nationalen Reisernte um 750’000 Tonnen wäre eine beträchtliche Menge, die zusätzlich importiert werden müsste. Die Abhängigkeit vom Ausland beim Grundnahrungsmittel Reis könnte eine Negativspirale auslösen, argumentierte MASIPAG vor Gericht. Denn dies bedeute sinkende Einkommen für die einheimischen Bauern und höhere Lebensmittelpreise für die Konsumierenden, was zu Zunahme von Armut und Unterernährung wie Vitamin-A-Mangel führen würde.
Das nationale Programm der Regierung zur Bekämpfung von Mangelernährung beinhaltet neben dem Anbau von Golden Rice verschiedene Massnahmen. Sie reichen von Vitamin-A-Ergänzungen bis hin zu Ernährungsprogrammen mit lokal verfügbarem Vitamin-A-reichem Gemüse und sie konnten die Häufigkeit von Erblindungen bereits erfolgreich von einem ernsten Problem für die öffentliche Gesundheit auf ein moderates Mass reduzieren. Offizielle Daten über das Auftreten von VAD liegen jedoch keine vor. Anerkannt ist, dass VAD vermieden werden mit abwechslungsreicher Nahrung mit Gemüse und tierischen Produkten vermieden werden kann und es keinen Goldenen Reis braucht.
Eine agrarökologische Zukunft
Langfristig arbeitet MASIPAG darauf hin, dass Bauern vermehrt von konventioneller auf biologische Landwirtschaft umsteigen. Auf Versuchsbetrieben zeigt MASIPAG, dass traditionelle, von den Bauern selbst gezüchtete Sorten unter verschiedenen Wetterbedingungen besser abschneiden und sowohl für den Konsum wie die lokale Vermarktung besser geeignet sind. Auch viele Bauern haben bemerkt, dass der kontinuierliche Einsatz von chemischen Betriebsmitteln und das immer häufigere Wegfallen von Fruchtwechseln zur Verschlechterung ihrer Böden geführt hat. Ein wichtiger Bestandteil der Versuchsbetriebe sind kleine Gemüsegärten mit lokalen Gemüsesorten wie Auberginen, Kürbissen und Bohnen, die von Natur aus reich an Vitamin A und anderen Nährstoffen sind und zur ausgewogenen Ernährung der lokalen Bevölkerung beitragen. Mit der erfolgreichen Klage gegen die Einführung von Golden Rice hat MASIPAG gezeigt, dass Diskurse über Gesundheit, Umwelt, Ernährung und Wirtschaft eng miteinander verwoben sind und eher einen strukturellen Ansatz, wie die Förderung agrarökologischer Anbauweisen erfordern als Pflasterlösungen wie Golden Rice.
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