In den nächsten Wochen wird sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) zur rechtlichen Einstufung neuer gentechnischer Verfahren äussern. Auf dieser Grundlage entscheiden EU- Kommission und die Mitgliedstaaten, ob und wie diese künftig regulieren werden. 21 Organisationen und Stiftungen aus den Bereichen Landwirtschaft, Saatgutinitiativen, sowie Umwelt- und Konsumentenschutz fordern in einer Resolution an den Deutschen Bundestag und die Europaabgeordneten, dass die neue Gentechnik-Verfahren (CRISPR-Cas, TALEN, ODM etc.) und deren Produkte als Gentechnik reguliert und gekennzeichnet werden müssen.
Die Europäer*innen lehnen die Gentechnik auf dem Acker und dem Teller mehrheitlich ab, heisst es in der Resolution. Laut einer Umfrage des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zeigen sich 50 Prozent der Befragten in Deutschland in Bezug auf Gentechnik in Lebensmitteln beunruhigt. Und ein ebenfalls vom BfR durchgeführtes Fokusgruppeninterview vom Oktober 2017 zeigt, dass Konsument*innen den Einsatz neuer gentechnischer Verfahren im Lebensmittelbereich mehrheitlich ablehnen und sowohl eine Kennzeichnung als auch eine strikte Regulierung fordern.
«Wir setzen uns dafür ein, dass alle Verfahren, die unter Begriffen wie Genom-Editing, zielgerichtete Mutagenese, neuere Mutagenese-Verfahren etc. firmieren, als Gentechnik reguliert werden», schreiben die Organisationen. Bei diesen Verfahren handle es sich um Gentechnik, unabhängig davon, ob bei ihrer Anwendung Fremd-DNA eingefügt werde oder nicht.
Mit den neuen gentechnischen Verfahren können die biologischen Eigenschaften von Organismen grundlegend verändert werden, in dem etwa ganze Stoffwechselwege ausgeschaltet werden. Auch können sie seriell, also mehrfach hintereinander oder in Kombination, angewendet werden. Selbst wenn ein gentechnischer Eingriff möglicherweise gezielter erfolge, bedeute das nicht, dass er sicherer sei. Die Auswirkungen der DNA-Veränderungen lassen sich – angesichts der Komplexität des Genoms und seiner Wechselwirkungen mit anderen Elementen der Zelle und mit der Umwelt – nicht voraussagen, heisst es in der Resolution.
Bisher gebe es keine systematische Risikobewertung der neuen gentechnischen Verfahren und kaum Daten, die eine seriöse Bewertung der Methoden und Produkte erlauben würden; ebenso wenig wie Daten, die mögliche Wirkungen von mit den neuen gentechnischen Verfahren hergestellten Produkten auf Umwelt und Gesundheit erfassen.
Daher fordern die Organisationen, dass die neuen Gentechnik-Verfahren und die mit ihnen erzeugten Organismen nach dem EU- Gentechnikrecht als GVO eingestuft und entsprechend reguliert werden müssen und so das Vorsorgeprinzip konsequent anzuwenden und die Wahlfreiheit zu gewährleisten. Aktuelle Publikationen bestätigen, dass die Anwendung dieser Techniken nachweisbar ist, damit liegen auch alle Voraussetzungen für eine Kennzeichnung vor, sind die Organisationen überzeugt.
Nur wenn die mit Hilfe neuer Gentechniken erzeugten Organismen einer Risikobewertung und Kennzeichnung unterzogen werden, werde der Gesetzgeber seiner Sorgfaltspflicht für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen gerecht. Und nur so behalten Politik und Behörden das Heft des Handelns in der Hand, sonst drohe ein Kontrollverlust staatlicher Instanzen, der sich schnell zu einem Vertrauensverlust in die Demokratie ausweiten könnte, schliesst die Resolution.