180508EKAHMit den Verfahren des Genome Editings wird direkt ins Genom eingegriffen. Bild: Clipdealer

Die Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich EKAH hat einen neuen Bericht zu den ethischen Anforderungen an die Regulierung neuer Biotechnologien veröffentlicht. Vor allem die Entwicklung des so genannten Genome Editing mache es notwendig, dass der Vorsorgegedanke rechtlich konsequent gestärkt und umgesetzt werden müsse, schreibt die EKAH. Die Entwicklung von Genome Editing ist Auslöser einer neuen kontroversen Diskussion, wie die Anwendung solcher Verfahren in der Umwelt reguliert werden soll.

Für Anwendungen im Bereich der Umwelt berufen sich die zuständigen Behörden auf das umweltrechtliche Vorsorgeprinzip, schreibt die EKAH. Sie hielten deshalb die strengen rechtlichen Anforderungen, wie sie für die Gentechnik gelten, auch bei diesen neuen biotechnologischen Verfahren derzeit für gerechtfertigt. Die Ethikkommission kommt in ihrem Bericht zum Schluss, dass der Vorsorgegedanke ethisch begründet ist und deshalb rechtlich konsequent gestärkt und umgesetzt werden muss.

Das Vorsorgeprinzip ist aus der rechtlichen und politischen Diskussion heraus entstanden und hat sich seit der Deklaration von Rio 1992 international etabliert. Die Kernidee der Vorsorge besteht aus zwei Aspekten. Erstens, Schäden von einer bestimmten Qualität sollten nicht eintreten. Zweitens soll man, wenn man zu ihrer Vermeidung oder Eingrenzung etwas tun kann, dies auch tun, selbst dann, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Schadens ungewiss ist.

Das geltende Gentechnikgesetz stammt aus dem Jahr 2003. Es basiert auf dem Vorsorgegedanken und sieht strenge Bewilliungsverfahren für die Anwendung von Gentechnologie im ausserhumanen Bereich vor. Industrie und ein Teil der  Wissenschaft argumentieren, bestimmte der neuen Gentechnik-Verfahren seien von den Bewilligungsverfahren für gentechnische Methoden auszunehmen. Sei es, weil die Veränderungen des Erbguts im Produkt nicht mehr nachweisbar seien, oder weil solche Veränderungen auch durch natürliche Mutationen entstehen könnten.

Der Umgang mit diesen neuen Technologien im Umweltbereich sei ebenso wesentlich von Unsicherheit und Wissenslücken geprägt wie die herkömmlichen Biotechnologien, schreibt die EKAH in ihrem Bericht. Diese Unsicherheit sei verbunden mit der plausiblen Befürchtung, dass sich in komplexen Systemen wie jenen der Umwelt auch mögliche kleine Veränderungen zu sehr grossen Schäden auswachsen könnten.

Die EKAH diskutiert in ihrem Bericht die unterschiedlichen ethischen Begründungsansätze des Vorsorgegedankens. Die Mitglieder kommen zum Schluss, dass sich der Vorsorgegedanke unabhängig vom gewählten Ansatz ethisch begründen lässt und deshalb bei der Regulierung neuer Technologien in der Umwelt konsequent gestärkt und umgesetzt werden muss. 

Weiter sind sich die Mitglieder einig, dass Vorsorgesituationen eine Beweislastumkehr rechtfertigen: Jene, deren Handeln einen schwerwiegenden Schaden befürchten lässt, müssen plausibel darlegen, dass ein solcher Schaden extrem unwahrscheinlich und wissenschaftlich absurd ist. Aus dem Vorsorgegedanken lässt sich auch eine umfassende Ermittlungspflicht ableiten, um die Ungewissheit zu reduzieren. Dies mit dem Ziel, im Umgang mit neuen Verfahren eine angemessene Risikobeurteilung zu ermöglichen. Die EKAH erachtet es für wichtig, zum einen die Vertrauenswürdigkeit von Risikobeurteilungen durch Wissenschaft und Behörden zu verbessern und zum anderen das politische Bewusstsein im Umgang mit neuen Technologien und damit verbundenen Unsicherheiten zu schärfen.

Für die SAG sind neben einer angemessenen, nicht interessengebundenen Risikoanalyse auch die Transparenz und die Wahlfreiheit für die Bäuerinnen und Bauern ebenso wie für die Konsumierenden entscheidend. Um diesem Anliegen Gehör zu verschaffen, hat sie zusammen mit der Kleinbauernvereinigung eine Petition zuhanden von Bundesrat und Parlament lanciert.