Bauer mit biologischem Sorghum-Saatgut. Bild: Peter Caton / Greenpeace
In der lokalen Presse des südostafrikanischen Binnenstaates Malawi erschien Ende Juli 2017 ein kurzes Statement des Landwirtschafts-, Bewässerungs- und Wasserentwicklungsministeriums zur neuen Regulierung des Handels mit Saatgut. In Zusammenarbeit mit der Malawischen Vereinigung der Saatguthändler verkündet Bright Kumwembe vom Landwirtschaftsministerium eine Verordnung, welche fortan nur Saatgut von registrierten, qualitätszertifizierten Saatguthändlern zum Handel erlaubt. Laut dem US Journalisten Timothy A. Wise nehmen mit dieser Verordnung die langjährigen Bemühungen um eine Reformierung der Saatgut-Politik eine drastische Wende. Zum Zeitpunkt der Ankündigung der neuen Verordnung befand sich Malawi in der Endphase der Verhandlungen zur Regulierung des Saatgutgesetzes. Der grösste Streitpunkt am Verhandlungstisch war noch offen: Inwiefern sollen die Rechte der Bauern geschützt werden, damit diese ihr selbstproduziertes Saatgut aufbewahren, austauschen und verkaufen dürfen?
Die Antwort auf die offene Frage bringt die neue Verordnung. Gar kein Schutz soll den Bauernrechten laut dem Verordnungstext gewährt werden. Überraschend für Wise ist vor allem die mit der Verordnung neu eingeführte Definition von Saatgut (engl. seed). Künftig werde nur kommerzielles Saatgut von Firmen als solches anerkannt. Selbstgeneriertes Saatgut von Bauern und Bäuerinnen werde per Gesetz lediglich als „grain“ (zu Deutsch Korn) eingestuft. Somit verliert das von den Bauern produzierte Saatgut jegliches Recht, in den lokalen Märkten gehandelt zu werden. Wilkson Makumba, zuständiger Beamte für die Saatgut-Politik und Direktor der Nationalen Wissenschaftsdienste geht in seinen Aussagen bei einem Interview mit Wise noch weiter: Die Bauern müssen unverzüglich von ihren „primitiven Methoden“ entwöhnt werden und sich dazu verpflichten, kommerzielle Maissorten anzunehmen.
Doch wie kommt eine solch gravierende, in die Rechte der Bauern einschneidende Verordnung zu Stande und weshalb stellt sich das Landwirtschaftsministerium zusammen mit der Malawischen Vereinigung von Saatguthändlern gegen die Landwirte, die 80 Prozent des landesweit verwendeten Saatgutes selber produzieren und seit je her untereinander austauschen?
Tamani Nkhono-Mvula, langjähriger Direktor des Malawischen Dachverbandes der Landwirtschaftspolitik (CISANET), der sich konsequent für die neue Verordnung zur strengeren Regulierung von Saatgut ausgesprochen hat, bestätigt im Interview mit dem US-Journalisten Wise, dass ein hoher Vertreter von Monsanto an der Verfassung der neuen Saatgut-Politik als Autor beteiligt gewesen sei. Der Verordnungstext basiere somit zu einem wesentlichen Teil auf den Interessen des Grosskonzernes. Die neue Auslegung des Begriffs Saatgut sei nichts Weiteres als eine „importierte Definition der Saatgutkonzerne“, fügt John Chipeta, Koordinator der Nationalen Kleinbauernvereinigung Malawis (NASFAM), hinzu.
Die Erkenntnis, dass sich Funktionäre von Grosskonzernen massgeblich an der Erarbeitung von Gesetzen beteiligen, um damit ihren Marktzugang im Land zu erweitern, ist ernüchternd. Besonders bedenklich ist die Einmischung Monsantos in die Saatgut-Politik Malawis, weil der Grosskonzern seit Jahren offensiv für die Verbreitung von genverändertem Saatgut lobbyiert. Ein Marktverbot für unzertifiziertes Saatgut aus bäuerlicher Produktion kommt einer Förderung von GV-Saatgut von Monsanto gleich. Tritt die neue Verordnung in Kraft, wird sie dem Grosskonzern immense Gewinne bescheren – hauptsächlich auf Kosten von Kleinbauern und deren Unabhängigkeit.
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