Ein knapper Entscheid der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N). (Bild: parlament.ch/Bearbeitung SAG)
Die Schweizer Allianz Gentechfrei begrüsst die Empfehlung der Mehrheit der nationalrätlichen Wissenschaftskommission (WBK-N), den Vorschlag des Ständerates für eine vorschnelle Zulassung von neuen gentechnischen Verfahren (NGV) in der Pflanzenzüchtung abzulehnen. Die SAG bedauert jedoch die Abschwächung des ursprünglichen Vorschlags der WBK-N und empfielt an diesem festzuhalten. Denn eine Abschwächung führt zu einer immensen Rechtsunsicherheit für die Produktion, die Umwelt und die Konsumierenden.
Ende September hatte sich die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) für eine Verlängerung des Anbaumoratoriums für weitere vier Jahre ausgesprochen. Nun geht die WBK-N mit dem mehrheitlich angenommenen Vorschlag Haab einen unverantwortlichen Kompromiss ein.
Die SAG begrüsst die Entscheidung gegen den Vorschlag des Ständerates, der vorschnell neue gentechnische Verfahren zulassen wollte. Mit der gesetzten Frist für die Erarbeitung einer risikobasierten Zulassungsregelung bis Mitte 2024 ist nun immerhin eine intensive gesellschaftliche Diskussion und das Abwarten der drei hängigen Postulate möglich. Insbesondere sollen die folgenden Punkte, die auch Gegenstand eines Minderheitsantrags der WBK-N sind, geklärt werden: Welche Kosten entstehen, wenn in der Schweiz gentechnisch veränderte und herkömmliche Kulturen nebeneinander angebaut werden, wie kann die Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten sowie der Produzentinnen und Produzenten weiterhin gewährleistet werden, wie sind die Risiken neuer Techniken der gentechnischen Veränderung zu bewerten, wer trägt die Verantwortung, wenn es zu einer Kontamination der Produktionsketten oder zwischen den Produzenten kommt? Die vom Bundesrat verlangten Postulatsberichte sowie der gesetzgeberische Prozess in der EU, dessen Ergebnis im 2023 erwartet wird, bilden die Grundlage für die Diskussion von Chancen und Risiken der neuen Methoden. Ohne diese Grundlage können die Eckwerte einer risikobasierten Zulassung nicht definiert, eine entsprechende Regulierung nicht legiferiert werden. Dies trotzdem zu tun, führt für Verwaltung, Regierung und Parlament vor allem zu einem Mehraufwand, für Produzent:innen und Konsument:innen zu grosser Rechtsunsicherheit. Dies gilt es zu verhindern.
Dass der Schweizer Bauernverband mit seinem knapp angenommenen Vorstoss sich offenbar von dieser Qualitätsstrategie verabschiedet hat und damit willentlich die Wahlfreiheit für Konsumierende und Landwirtschaft riskiert, sowie die Koexistenz- und Haftungsfrage ungeregelt lässt, ist umso unverständlicher, da bis heute keine Produkte auf dem Markt sind, welche für Konsum oder Landwirtschaft einen Vorteil erbringen würden.
Der Vorstoss des Bauernverbandes argumentiert damit, dass Genomeditierung ohne das Einfügen artfremden genetischen Materials unbedenklich sei. Doch der Verzicht auf das Einführen von fremden Genen, bietet keine höhere Sicherheit – ganz im Gegenteil. Das Risiko hängt nicht von der eingeführten DNA, sondern von der verwendeten Technik ab. Die erhöhte Eingriffstiefe der neuen gentechnischen Verfahren – u.a. die Möglichkeit mehrere Gene gleichzeitig zu verändern und auf Bereiche des Genoms zugreifen, die ansonsten vor natürlichen Mutationen geschützt sind – haben ein erhöhtes Risiko zur Folge. Dies verlangt nach einer strengeren Regulierung und Risikoprüfung. Daher müssen auch die neuen gentechnischen Verfahren zwingend im Gentechnikgesetz geregelt werden, wie dies auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes EuGH zur Regulierung der neuen Gentechnikverfahren festlegt. Nur so kann die Qualitätsstrategie der schweizerischen Land- und Ernährungswirtschaft erhalten bleiben.
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