GV-Kartoffeln wurden kürzlich von der Firma J.R. Simplot – ein Kartoffelverarbeitungs- und Vermarktungsunternehmen mit Sitz in Idaho – in den USA auf den Markt gebracht. Der Entwickler dieser gentechnisch veränderten Sorten vergleicht sie in seinem vor kurzem veröffentlichten Buch «Pandoras`s Potatoes» mit der Büchse Pandoras. Aus dieser Büchse entwichen nach der griechischen Mythologie alle der Menschheit unbekannten Übel wie Tod und Krankheit in die Welt.
Eine Kartoffelsorte, die Bauern, Verarbeiter und Anbieter gleichzeitig zufrieden stellt? Genau das hatte der Gentechniker Caius Rommens, ehemaliger Mitarbeiter der Firma J.R.Simplot im Visier. Er strebte danach, mittels Gentechnik eine neue Sorte herzustellen, deren Fleisch sich bei Verletzungen oder beim Frittieren nicht braun verfärbt, resistent gegen Krankheiten und gesunder als herkömmliche Sorten ist. Dabei stellte er sich nie die Frage warum die Kartoffelpflanze die Fähigkeit braun zu werden entwickelt hat oder ob die von ihm vorgenommenen Änderungen im Genom der Pflanze negative Auswirkungen haben könnten. Mittlerweile kommen die von ihm entwickelten GV-Kartoffelsorten mit Namen wie Innate Potato, White Russett und Hibernate auf den Markt und werden in 4000 Supermärkten in den USA verkauft. Doch die Zweifel an seiner eigenen Arbeit wuchs: nun packt Rommens aus und äussert sein Bedenken über die Gentechnik. Weil unbeabsichtigte Nebeneffekte niemals garantiert ausgeschlossen werden können, und weil diese sich oft erst nach Dutzenden von Jahren manifestieren, rät er zu grösster Vorsicht bei der Anwendung der Technologie. Gentechnik soll die Einheitlichkeit der Kulturpflanzen erhöhen und so die Massenproduktion erleichtern. Als Industrie-Aussteiger glaubt Rommens, dass der umgekehrte Ansatz, die Vielfalt der Kulturen zu erhöhen, viel effektiver zur Steigerung der Nachhaltigkeit der Landwirtschaft beiträgt.
Russet Burbank ist eine der ältesten Kartoffelsorten der USA, die landesweit grossflächig angebaut wird. Sie ist aber anfällig auf Krankheiten: viele Pflanzen sterben noch vor der Ernte ab, verletzte Knollen verderben bei der Lagerung, andere werden beim Verarbeitungsprozess wegen einer zu starken Bräunung beim Frittieren aussortiert. Für Kartoffelverarbeiter ein grosses Problem. Hinzu kommt, dass Pommes Frites heutzutage als «junk food» stigmatisiert werden, was zum stetigen Rückgang des Konsums führt. Um die Effizienz zu erhöhen und Kosten zu reduzieren, sind Verarbeiter sehr an der Entwicklung neuer Kartoffelsorten interessiert, die einheitlicher, weniger krankheitsanfällig und gesünder sind als herkömmliche Sorten. Die Gentechnik scheint sich da als schnellste und einfachste Lösung anzubieten. Genau diese Herausforderung meinte Caius Rommens, der auch für Monsanto gearbeitet hat, mittels gentechnischer Verfahren anzupacken. Dazu hat er vier Veränderungen vorgenommen: zwei davon sollen durch Ausschalten des zuständigen Gens die Verfärbung der Knollen verhindern. Zusätzlich soll das Produkt gesünder werden, indem man durch das Ausschalten eines Gens den Gehalt an karzinogene Acrylamid in Pommes Frites senkt. Die vierte Änderung lag darin, ein Gen aus wilden Kartoffeln einzuführen, das die Pflanze gegen Kraut- und Knollenfäule resistent machen sollte.
In seinem Buch berichtet Rommens darüber, wie er die möglichen negativen Auswirkungen dieser Änderungen ignorierte. Das gezielte Abschalten eines Gens (Gen-Silencing) scheint auf den ersten Blick eine präzise Lösung zu sein. In der Praxis zieht es aber zahlreiche andere, ungewollte Veränderungen mit sich, die sogar gesundheitliche Schäden verursachen können. Der Grund dafür ist, dass nicht nur das Zielgen, sondern alle anderen Gene, deren Sequenzen teilweise mit der des Zielgens übereinstimmen, auch ausgeschaltet werden. Dass solche Gefahren durchaus Realität sind, zeigt der Autor bei jeder der von ihm unternommenen Änderungen. Kartoffelknollen, bei denen das für die Entstehung der braunen Flecken verantwortliche Gen ausgeschaltet worden ist, entwickeln schädliche Toxine. Zudem sind die nach mechanischen Verletzungen entstehenden braunen Flecken natürliche Warnsignale, die uns vor möglichen gesundheitlichen Gefahren schützen: bei herkömmlichen Knollen werden diese Teile ausgeschnitten und nicht gegessen. Werden solche Verletzungen durch gentechnische Veränderungen getarnt indem man das Bräunen verhindert, werden diese Stellen samt Giftstoffen oder Pathogenen, wie zum Beispiel Pilzen, die potente Allergene oder sogar karzinogene Stoffe produzieren, mitgegessen.
Ein reduzierter Gehalt an Asparagin senkt zwar den Acrylamidgehalt in Pommes frites, aber diese Werte sind bereits bei normalen Pommes sehr niedrig. Kein grosser Unterschied also. Hinzu kommt, dass es keine zuverlässigen Studien gibt, die beweisen würden, dass herkömmliche Pommes krebserregend sind. Vielmehr wird damit von der Problematik des übermässigen Konsums von Salz und Fett abgelenkt. Es ist auch zweifelhaft ob das Einfügen eines einzigen Resistenzgens wirklich grosse Vorteile bringt, denn es schützt nicht vor den vielen anderen Krankheitserregern, denen die Pflanze ausgesetzt ist. Zudem ist es auch fraglich wie lange der Schutz wirkt, denn der Selektionsdruck erhöht sich bei einem grossflächigen Anbau. Dies führt dazu, dass Krankheitserreger die Wirkung des Resistenzgens schnell überwinden. Temporäre Einsparungen bei den Fungizidsprays für die Kraut- und Knollenfäule werden durch die gestiegenen Ausgaben für alle anderen Chemikalien überschattet.
Angesichts der vielen verborgenen Gefahren, unerwünschten Nebeneffekten und Fehllösungen im Vergleich zu den vermeintlichen Vorteilen der von ihm hergestellten GV-Kartoffeln, plädiert Caius Rommens dafür, dass diese vom Markt gezogen werden. Zudem betont er wie wichtig eine sorgfältige Risikobewertung und die Kontrolle durch unabhängige Wissenschaftler, die darin trainiert sind, unerwünschte Nebeneffekte zu finden, sind.