zugeschnitten FotoliaComp 217873668 0NCcyKemyAmr3RLS7wXhec6nK1npUfZL NW40Im Bereich Trockenheits-Toleranz hat die Gentechnik bisher keine Ergebnisse gebracht. Bild: Fotolia

In den vergangenen Monaten wurde vor allem über die Nutzung von neuen gentechnischen Verfahren diskutiert, mit der sich Abschnitte oder einzelne Bausteine aus dem Erbgut herausschneiden oder austauschen lassen. Die Studie „Keine Revolution auf dem Acker“ von Christoph Potthof (Gen-ethisches Netzwerk) befasst sich aber nicht mit diesen, sondern mit Pflanzen, die mittels klassischer Gentechnik verändert worden sind. Lange Zeit beschränkte sich die Agro-Gentechnik auf nur wenige Arten und Eigenschaften, sodass sie sich mit dem Motto „vier Pflanzen, vier Länder, zwei Eigenschaften“ passend beschreiben liess. Die Untersuchung geht der Frage nach, ob sich die Lage mehr als 20 Jahre nach dem ersten kommerziellen Anbau gentechnisch modifizierter Pflanzen wesentlich verändert hat.

An erster Stelle gibt der Bericht einen Einblick in die Forschungs- und Entwicklungsprojekte der wenigen großen Unternehmen, die in den vergangenen Jahren den globalen Saatgutmarkt beherrschten. Ausserdem werden alle GVO-Pflanzen aufgelistet und diskutiert, welche bis jetzt mindestens in einem Land der Welt zugelassen worden sind. Dabei stützt sich die Studie auf Listen, die von den verschiedenen Ländern oder Institutionen veröffentlicht worden sind. Es wird gezeigt, dass trotz gültiger Zulassung, viele dieser Gentech-Pflanzen weit von einer kommerziellen Nutzung entfernt sind. Allen voran sind dies GVO-Reis und Weizen, aber auch die sog. „Anti-Matsch“ Flavr-Savr Tomate, die die beworbenen Eigenschaften nicht zufriedenstellend erfüllen konnte und mangels Nachfrage vom Markt genommen wurde.

Des Weiteren präsentiert der Autor die wichtigsten Aspekte der Entwicklung der letzten Jahre, wobei deutlich zu sehen ist, dass weiterhin nur wenige Pflanzen und Eigenschaften im Fokus der Forschung stehen. Bei den mit gentechnischen Veränderungen auf Nutzpflanzen übertragenen Eigenschaften dominiert weiterhin Herbizid-Toleranz: solche Linien kommen weltweit auf 90% der Flächen, auf denen GVO-Pflanzen wachsen, zum Einsatz. Die versprochenen Trockenheits-toleranten Pflanzenlinien bleiben aus: bis heute ist lediglich eine einzige Pflanze zugelassen worden, aber auch da ist die Wirkung des eingefügten Gens sehr umstritten. Der Grund, warum Versuche mit gentechnischen Verfahren mehrheitlich gescheitert sind, ist, dass Trockenheits-Toleranz eine sehr komplexe Eigenschaft ist, die sich durch die Wirkung eines einzelnen Gens nicht regulieren lässt. Konventionell gezüchtete Sorten schneiden im Vergleich besser ab. Auch das Versprechen, Hunger und Mangelernährung zu bekämpfen, können Gentechnik-Konzerne offensichtlich nicht halten. Die Wirkung des Vorzeigeprodukts der Industrie, der „Goldene Reis“, der gegen Vitamin A-Mangel helfen soll, wird in der Diskussion als zweifelhaft eingestuft.

Es zeigt sich zudem ein anderer Trend, wobei die Industrie immer mehr auf das Stapeln von Genen (auch als „Stacked Events“ bezeichnet) setzt, d.h. das Kombinieren mehrerer Eigenschaften, die mittels Gentechnik in eine Pflanzenlinie eingebaut werden. Damit wollen sie hauptsächlich der Entwicklung entgegenwirken, dass weltweit immer mehr Unkräuter gegen die übermässig angewendeten Glyphosat-haltigen Herbizide resistent werden. Herbizid-Toleranz wird aber oft mit anderen zusätzlichen Eigenschaften, wie Trockenheitstoleranz und Insekten-Resistenz kombiniert um eine „neue Generation“ der GVO-Nutzpflanzen herzustellen. Nur dank dieser Strategie wird es den Konzernen möglich, ihren Absatz zu steigern und LandwirtInnen von ihrer profitorientierten Marketingstrategie abhängig zu machen.

Die Schlussfolgerung der Recherche: die Ergebnisse, die die Gentechnikforschung seit ihrem Anfang geliefert hat, sind im Vergleich zu den investierten Ressourcen sehr mager. Der Hype, der um diese Technik bzw. Produkte gemacht wird, hängt vor allem mit der Kommunikationsstrategie der Industrie zusammen, die genau steuert, welche Informationen wie dargestellt werden. Hinzu kommt, dass es meistens die Industrie ist, die über den weitgehend exklusiven Zugang zu allen Daten verfügt. Um eine offene Diskussion zu ermöglichen, schlägt der Autor vor, Gentech-Unternehmer dazu zu verpflichten, frühzeitig und umfassend über die von ihnen entwickelten Produkte zu informieren.