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Rund 400 Forschende aus dem Gebiet der Pflanzenzüchtung nahmen an der 20. Eucarpia, die von Agroscope und der ETH Zürich organisiert wird, teil. Bild: Clipdealer

Der Generalkongress der Europäischen Gesellschaft für Züchtungsforschung (Eucarpia) an der ETH Zürich wurde mit einem übelriechenden Protest vorübergehend gestoppt. Vermummte Aktivisten hatten den grossen Hörsaal im ETH-Hauptgebäude gestürmt und Mist, faule Eier und Urin deponiert und damit die Eucarpia Kongressbesucher vertrieben. Die SAG distanziert sich von dieser Aktion. Eine öffentliche Diskussion über neue Pflanzenzüchtungsmethoden muss aber geführt werden. Rund 400 Forschende aus dem Gebiet der Pflanzenzüchtung nahmen an der 20. Eucarpia, die von Agroscope und der ETH Zürich organisiert wird, teil. Das Motto der diesjährigen Kongress lautet: Pflanzenzüchtung, die Kunst, die Wissenschaft lebendig werden zu lassen.

„Pflanzenzüchtung spielt eine entscheidende Rolle bei der Sicherung einer nachhaltigen, qualitativ hochstehenden und effizienten Pflanzenproduktion“, erklärte Beat Boller, Wissenschaftler bei Agroscope und Präsident der Eucarpia am Generalkongresses an der ETH. Die zunehmende Nachfrage einer wachsenden Weltbevölkerung nach gesunden Nahrungsmitteln verlange nach verbesserten Pflanzensorten. Vermutlich genau diese Verbindung der Themen weltweit steigender Bevölkerung, Welthunger und Züchtung mit hochtechnischen Methoden der Biotechnologie hat die AktivistInnen zu ihrem Protest veranlasst. Leider bleibt diese Interpretation aber eine Vermutung. Da sich die Vermummten keiner Diskussion stellten, sondern unerkannt das Weite suchten. Dabei wäre es eine wichtige Diskussion, die geführt werden muss – in der Politik, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft.

Denn es stellt sich die Frage, welche Innovation es in der Land- und Ernährungswirtschaft braucht, damit Hunger und Mangelernährung am effektivsten bekämpft werden können. So machte Agroscope bei der Eingabe des neusten Gesuches für gentechnisch veränderten Weizen geltend, beim Weizen sei eine Steigerung des Ertrages nötig, um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren. Diese Ertragssteigerung soll durch eine gentechnisch herbeigeführte Modifikation des Stoffwechsels der Pflanze erreicht werden. Gemäss Weltagrarbericht dienen jedoch weltweit nur 43 Prozent des Getreides als Lebensmittel. Der Rest wird zu Tierfutter, Sprit und Industrierohstoffen verarbeitet. Das World Food Programme WFP bezeichnet Armut, Klima und Wetter, Krieg und Vertreibung, instabile Märkte, Nahrungsmittelverschwendung und fehlende Investitionen in Infrastrukturen als Hauptursachen für Hunger und nicht das Ertragsniveau. Es gibt in der Tat viel Forschungsbedarf im Bereich der Land- und Ernährungswirtschaft. Am wirkungsvollsten wäre gemäss Weltagrarbericht, wenn bereits entwickelte Systeme und Konzepte der biologischen und ökologischen Landnutzung und -planung genutzt würden und das Wissen alteingesessener lokaler und regionaler Institutionen einbezogen würde. Es braucht ein integriertes Naturmanagement. Doch derartige Integrationstechnologien würden in der Regel als Randgebiete vernachlässigt. Besonders wichtig ist dabei auch ein effektiver Wissenstransfer in zwei Richtungen – von den Bäuerinnen und Bauern zur Wissenschaft und umgekehrt.