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Gentechfrei Magazin 128
Gentechnik lässt Pflanzen erstrahlen
Leuchtende Petunien und grüne Kandelaber
Für eine Welt ohne Gentechnik
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Die SAG beobachtet die Entwicklungen in der Nanotechnologie bei Lebensmitteln, Gebrauchsartikeln und in der Landwirtschaft seit Längerem kritisch. Ausführliche Informationen dazu auf der Unterseite Nanotechnologie.
Astroturfing: Wie eine Industrie-Lobbygruppe Stellungnahmen "unabhängiger Wissenschaftler:innen" hinter den Kulissen steuert. Bild: Shutterstock
Als bekannt wurde, dass eine Mehrheit der Abgeordneten im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments für die Abschaffung der Sicherheitsprüfungen, der Kennzeichnung und der Haftung für neue GVO gestimmt hatte, jubelte die Lobbygruppe WePlanet und feierte einen «grossen Sieg gegen die Anti-Wissenschafts-Lobby». Entscheidend bei diesem Triumph soll laut WePlanet ein von 35 Nobelpreisträger:innen unterzeichneter offener Brief gewesen sein. Die Unterzeichnenden des Briefes forderten die Politik in der EU auf, nicht auf «populistische Fehlinformationen und Ignoranz» zu hören, sondern auf «bedeutende Wissenschaftler:innen».
Doch wie der Molekulargenetiker Professor Michael Antoniou ausführt, entbehrt der von WePlanet verfasste Brief jeglicher wissenschaftlicher Substanz – vielmehr ist dieser in einer irreführenden Sprache des PR-Marketing geschrieben. Dies sei nicht überraschend, wenn man berücksichtige, welche Art von Lobbyisten hinter dem Schreiben stecken, so Antoniou weiter. Zudem ginge es tatsächlich um Verkauf – nämlich von patentierten GV-Produkten.
Auskreuzungen mit einheimischen Pappelarten - etwa der geschützten Schwarzpappel - lassen sich nicht ausschliessen. Bild: Shutterstock
Der Umweltausschuss des EU-Parlaments sprach sich am 24. Januar 2024 überraschend deutlich (47 zu 31) für den Reformvorschlag der Europäischen Kommission zur Deregulierung der neuen gentechnischen Verfahren aus. Die Schlussabstimmung im EU-Parlament steht im Februar an. Sollte das Europäische Parlament für die Deregulierung stimmen, könnten gentechnisch veränderte Bäume und Büsche sowie Erntepflanzen, Gräser und Blumen in die Umwelt entlassen werden, ohne dass sie einer Risikobewertung unterzogen werden müssten.
Eine Minderheit der Mitglieder des EU-Parlaments spricht sich hingegen für eine obligatorische Risikobewertung für alle all diese Gentechnikpflanzen aus. Sie berufen sich auf eine Analyse der französischen Agentur für Lebensmittel-, Umwelt- und Arbeitsschutz (ANSES, 2023) oder der Ökologischen Gesellschaft Deutschland, Österreich und der Schweiz (GfÖ). Sie waren vor allem vor den Risiken für Wildarten. Nach Einschätzung von Ökologe Prof. Dr. Katja Tielbörger könnten rund 300’000 Wildpflanzenarten von der geplanten Deregulierung betroffen sein – mit unvorhersehbaren und nachteiligen Folgen für Ökologie und Biodiversität.
EU-Abgeordnete fallen auf jahrelande Lobbykampagne der Agrarindustrie herein (Bild: Shutterstock)
Im Umweltausschuss (ENVI) des Europaparlaments hat sich eine Mehrheit gegen die Kennzeichnung, Risikoprüfung und Koexistenzregeln für die meisten neuen Gentechnikpflanzen ausgesprochen. Zahlreiche Fragen bleiben jedoch noch unbeantwortet. Immerhin haben eine Mehrheit der Europaabgeordneten aller Fraktionen dafür gestimmt, das Verbot von Gentechnik in der ökologischen Produktion aufrechtzuerhalten. Dennoch besteht die Besorgnis, dass eine ähnliche Entscheidung im Plenum in der ersten Februarwoche verheerende Auswirkungen auf die Umwelt sowie auf Verbraucher und Verbraucherinnen haben könnte. So kommentiert auch Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied des Umwelt- und Gesundheitsausschusses: «Die Mehrheit der Abgeordneten im Ausschuss hat sich heute gegen eine weitere strenge Regulierung der neuen Gentechnik ausgesprochen. Aus meiner Sicht ist das unangemessen und fahrlässig! Sie lassen damit die Risikoprüfung für diese Sorten, sowie die Kennzeichnung von Pflanzen und Lebensmitteln, die mit neuer Gentechnik erzeugt wurden, unter den Tisch fallen. Eine Nachverfolgbarkeit dieser Pflanzen wird unmöglich sein. Der gentechnikfreie Anbau - insbesondere der Biolandbau - wird mit dieser Position mit Füssen getreten.»
(Bild: Shutterstock)
Kurz vor Weihnachten hat die US-Umweltschutzbehörde EPA Calantha zugelassen - und damit weltweit erstmalig ein Pestizid, dessen Wirkstoff aus doppelsträngiger (ds) RNA besteht. Das von der Firma GreenLight Biosciences entwickelte Mittel dient der Bekämpfung des Kartoffelkäfers und beruht mit dsRNA nicht nur auf einem neuartigen Wirkstoff, sondern auch auf einem für Pestizide neuartigen Mechanismus namens RNA-Interferenz (RNAi).
(Bild: Shutterstock - Unerwünschte Auswirkungen auf Ökosysteme missachtet)
In ihrer Stellungnahme vom 17. Dezember 2023 warnt die Gesellschaft für Ökologie in Deutschland, Österreich und der Schweiz (GfÖ) vor der Deregulierung der neuen Gentechniken. Die von der EU-Kommission geplante Abschaffung der Risikoprüfung für die Mehrzahl der Pflanzen aus der neuen Gentechnik (NGT) sei kein kluger politischer Schachzug, sondern eine ernsthafte Bedrohung für die Nachhaltigkeit und für den Erhalt der Biodiversität, schreiben die Wissenschaftler:innen.
(Bild: Shutterstock)
Seit vielen Jahren arbeiten die Züchtung daran, die Qualität von Lebens- und Futtermitteln sowie von Rohstoffen für die Bedürfnisse der Industrie zu verbessern. Beispielsweise wird immer häufiger versucht, Eigenschaften wie Ölgehalt und Fettsäurezusammensetzung bei Ölsaaten zu verändern, besonders seit dem Aufkommen der Genschere CRISPR.
Doch der Anbau solcher genomeditierter Raps- und Leindotterpflanzen kann mit unvorhersehbaren Risiken für Bestäuberinsekten wie Bienen einhergehen, wie ein neuer Hintergrundbericht, der eine Auswertung aktueller wissenschaftlicher Publikationen vornimmt, zeigt. Viele Insekten sammeln neben Nektar auch den Pollen von Blütenpflanzen. Werden die Inhaltsstoffe von Pflanzen mit Gentechnik verändert, kann dies jedoch dazu führen, dass sich ihr Pollen für Insekten nicht mehr als Nahrungsgrundlage eignet.