ekah
Klimawandel, Landwirtschaft und die Rolle der Biotechnologie, Bericht der Eidgenössischen Ethikkommission für die
Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH), 2022.

Aus Sicht der Eidgenössischen Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH) muss die Landwirtschaft mehr zur Reduktion der klimaschädlichen Emissionen beitragen, als die Politik ihr heute vorgibt. Oft wird den neuen gentechnischen Verfahren eine zentrale Rolle zugeschrieben, um die dringend notwendigen Reduktionsziele zu erreichen. Die deutliche Mehrheit der EKAH hingegen schätzt das Potential dieser Verfahren als zu gering ein, um im gegebenen engen Zeitraum wesentlich zur notwendigen Anpassung der Landwirtschaft beizutragen. Die Schweiz verpflichtete sich im Pariser Klimaübereinkommen, einen angemessenen Beitrag zur Begrenzung der globalen Erwärmung zu leisten. Ein Verfehlen dieser Ziele beurteilt die EKAH angesichts der mit Klimawandel verbundenen Schadensszenarien als ethisch inakzeptabel.

 Obwohl die Landwirtschaft mit ihren Treibhausgas-Emissionen substanziell zum Klimawandel beitrage, werde ihr im Vergleich zu anderen Bereichen (zum Beispiel Industrie und Wohnen) mit einer Verminderung der Emission um lediglich 40 Prozent bis 2050 ein wesentlich tieferes Reduktionsziel zugewiesen. Dieses politisch festgelegte Reduktionsmass sei ethisch gesehen unzureichend, kritisiert die EKAH.

Anpassungsziele für die Landwirtschaft müssen festgelegt werden

Um das Reduktionsziel in der Landwirtschaft zu erhöhen, müssen der Anteil der pflanzenbasierten Ernährung gesteigert und die Anzahl der Nutztiere erheblich verkleinert werden, da die Emissionen der Tierhaltung besonders hoch sind. Mit Blick auf die zeitliche Dringlichkeit, seien die effizientesten und effektivsten Massnahmen zu ergreifen, schreibt die EKAH in einem ausführlichen Bericht. Kritisch beurteilt die EKAH das Abstützen auf die neuen gentechnischen Verfahren und eine Kompensation mit genannten Negativemissionstechnologien (NET), die der Atmosphäre Treibhausgase entziehen sollen. Sie erachtet es als fraglich, ob diese genügend schnell entwickelt und umgesetzt werden können und ob sie ausreichend leistungsfähig sein werden.

Den von breiten Kreisen als Heilmittel angepriesen neuen gentechnischen Verfahren schreibt die EKAH ein geringes Potential zu. Die klare Mehrheit der EKAH erachtet es dabei als eher unwahrscheinlich, dass diese in der knappen Zeit, die zur Verfügung steht, einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung oder Steigerung der Ernteerträge leisten können. Nur eine Minderheit der Kommission vertraut auf den technischen Fortschritt.

Appell an die politische Verantwortung

Die Landwirtschaft sollte generell so umgestaltet werden, dass sie sich an den Klimawandel auf eine Weise anpassen und so die Ernährungssicherheit langfristig gewährleisten kann. Ziel müsse es sein, für die Schweizer Landwirtschaft die richtigen Kulturen und Anbaumethoden zu finden, die zukünftig der klimatischen Volatilität, d. h. dem unvorhersehbaren Wechsel von extremer Trockenheit und ausserordentlicher Nässe, gewachsen sind.

Aus Sicht der EKAH ist zwar nicht ausgeschlossen, dass biotechnologische Verfahren im Bereich der Pflanzenzüchtung zur Adaptation der Nutzpflanzen an den Klimawandel beitragen können. Sie geht aber davon aus, dass diese nur ein Teil der Lösung sein können und daher stets auch alternative Ansätze zu verfolgen sind. Als unerlässlich erachtet die EKAH eine transparente und ehrliche Kommunikation und eine realistische Einschätzung der Chancen technologischer Optionen. Unbedingt sollte es vermieden werden, die Hoffnung zu erwecken, Technologien wie Genome Editing könnten die entscheidenden Beiträge zur Erreichung der Klimaziele leisten, und dies gar auf eine Weise, die andere schmerzhafte Massnahmen zur Reduktion der THG-Emissionen erübrigen würden.

Die SAG hat 2021 in einem ausführlichen Dossier aufgezeigt, wie die Genomeditierung das gescheiterte Modell der intensiven Landwirtschaft zementiert und damit den Klimawandel vorantreibt. Das Dossier zeigt aber auch alternative landwirtschaftliche Praktiken auf, die die Treibhausgasemissionen und die Folgen des Klimawandels nachhaltig zu reduzieren vermögen.