Fokusartikel

Titelbild 94 
(Bild: Peter Caton/Greenpeace)

Fokusartikel Gentechfrei Magazin Nr. 94

Wer die Saat hat, hat das Sagen

Mit den geplanten Fusionen in der Agrarindustrie entstünden drei gigantische Agro- und Chemiekonzerne, die über 60 Prozent des kommerziellen Saatguts und über 65 Prozent der Pestizide beherrschten. Diese Konzentration sei gefährlich, warnen besorgte Organisationen in einem offenen Brief an die EU-Wettbewerbs-kommission. Sie gefährde nicht nur die Arten- und Sortenvielfalt, sondern auch die Ernährungssicherheit.

Text: Denise Battaglia

«Eine Handvoll Konzerne hat sich den Zugriff auf die Welternährung gesichert.» Das ist keine polemische Zuspitzung, sondern das nüchterne, auf Fakten beruhende Fazit der Organisationen Brot für alle und Coordination gegen Bayer-Gefahren in einem Mitte Februar verschickten offenen Brief an die EU-Kommissarin für Wettbewerb, Margrethe Vestager. Den Warn- und Weckruf haben 15 weitere Organisationen mitunterzeichnet.

Es werden wohl bald nicht einmal mehr eine ganze Handvoll, sondern nur noch vier Konzerne sein, die künftig bestimmen, was die Bäuerinnen und Bauern auf der ganzen Welt anbauen und was wir alle essen. Die Machtkonzentration in der Saatgutindustrie schreitet mit schwindelerregendem Tempo voran. Die Lage sieht derzeit wie folgt aus:

— Der Staatskonzern ChemChina, das grösste Chemieunternehmen in China, will den Basler Agrokonzern Syngenta kaufen,
— die beiden US-Konzerne DuPont und Dow Chemical wollen fusionieren,
— der deutsche Bayer-Konzern, derzeit der zehntgrösste Chemieproduzent der Welt, bereitet die Übernahme des US-Agrokonzerns Monsanto vor.

Kommen alle Zusammenschlüsse zustande, würden die drei Giganten Bayer/Monsanto, Dupont/Dow, ChemChina/Syngenta über 60 Prozent des kommerziellen Saatgutmarktes beherrschen. Die drei Konzerne besitzen zudem gemäss dem Konzernatlas 2017 fast alle gentechnisch veränderten Pflanzen und verfügen mit BASF über 37 Prozent aller europäischen Patente auf Pflanzen. «Eine Branche schrumpft sich gross» titelt der Konzernatlas 2017 über die neuen Zusammenschlüsse in der Agrar- und Lebensmittelindustrie.

Wer über das Saatgut verfügt, verfügt über die Ernährung

Fokus 94 Diversität
(Bild: Clipdealer)

«Wer die Saat hat, hat das Sagen», lautet ein Bonmot. Schon jetzt werden für den Weltmarkt immer mehr Hochleistungssorten in immer grösseren Mengen produziert – zulasten der Vielfalt. In Indien werden auf 75 Prozent der Reisfelder nur noch 10 Sorten angeboten. Vor der Kolonialisierung durch die Engländer waren es noch 400 000, bis Mitte des 19. Jahrhunderts noch 30 000 Sorten, wie in der im Januar erschienenen Studie «Saatgut – Gemeingut» nachzulesen ist. Ein anderes Beispiel: In den USA wachsen auf 71 Prozent der Anbauflächen nur noch sechs verschiedene Sorten Mais, und 96 Prozent der kommerziellen Produktion von Erbsen werden mit gerade mal zwei Sorten erzielt. Es schwindet nicht nur die Vielfalt, auch unser kulturhistorisches Erbe und das Wissen der Bauern über lokale Sorten geht verloren. Die Monopolisierung gefährdet unsere Nahrungsmittelsicherheit.

Herrscher über 65 Prozent des Pestizidmarkts

Bayer/Monsanto, Dupont/Dow, ChemChina/Syngenta und BASF verkaufen auch die wichtigsten Pestizide: Monsanto stellt das vom Grossbauern bis zum Hobbygärtner benutzte Unkrautvernichtungsmittel Roundup mit dem hochumstrittenen Wirkstoff Glyphosat her. Bayer und Syngenta gehören zu den grössten Herstellern von sogenannten Neonicotinoiden, die verdächtigt werden, für das Bienensterben mitverantwortlich zu sein. Die Konzerne würden künftig über 65 Prozent des globalen Pestizidmarktes verfügen. Dass die geplanten Zusammenschlüsse die vom Weltagrarbericht geforderte ökologische Landwirtschaft fördern, darf man gründlich bezweifeln. Mit der gigantischen Schrumpfung kämen die Chemie- und Agrokonzerne ihrem Ziel, «die marktbeherrschende Stellung bei Saatgut und Pestiziden zu erreichen, also Produkte, Preise und Qualitätzu diktieren» näher, schreiben die Autoren des Konzernatlas 2017.

Kontrolle vom «Acker bis zur Ladentheke»

Fokus 94 Pestizid
Künftig werden drei Grosskonzerne über 65 Prozent des Pestizidmarkts herrschen. (Bild: Clipdealer)

Die Agro- und Chemiekonzerne versuchten, wie der Konzernatlas aufzeigt, alle Stufen der Lieferkette «vom Acker bis zur Ladentheke» zu beherrschen. Sie mischen vermehrt auch bei der Agrartechnik mit und fordern Zugriff auf die Daten der Landwirtschaft 4.0. Mit Landwirtschaft 4.0 meint man die Digitalisierung der Betriebe: So sollen zum Beispiel künftig Drohnen Pestizide über die Pflanzen sprühen, die Tiere mit Sensoren für Milchmengen, Bewegungsmuster und Futterrationen ausgestattet, Traktoren mit GPS gesteuert werden, und Sensoren im Boden sollen Informationen über die Bodenqualität liefern. Für die grossen Landwirtschaftsmaschinenhersteller, aber auch für die Chemie- und Agrarkonzerne eröffnet sich damit ein immenser Markt – und Zugang zu wertvollen Daten. Gemäss dem Konzernatlas 2017 hat sich zum Beispiel der Traktorbauer John Deere mit Syngenta, Dow und Bayer verbündet, um die Geräte zu entwickeln, die für diese Präzisionslandwirtschaft benötigt werden. Ziel sei, eines Tages das firmeneigene Saatgut mit äusserst präzisen Pflanz- und Messsystemen zu verbinden, was aber auf der anderen Seite die Abhängigkeit der Landwirte von den Grosskonzernen weiter verstärkt.

Die ETC-Group, die sich unter anderem für die Bewahrung und Förderung der kulturellen und ökologischen Diversität engagiert, warnte bereits vor anderthalb Jahren, dass die Megafusionen «die Basis unserer Lebensmittelversorgung» untergraben und die Umwelt weiter schädigen werden. Sie forderte die Politik in einem Communiqué auf, über Kartellverbote dafürzu sorgen, dass Pestizidhersteller nicht auch Saatgut produzieren und Landwirtschaftsmaschinenhersteller nicht gleichzeitig Pestizide, Saatgut und Landwirtschaftsversicherungen kontrollieren dürften. Auch die Absender des offenen Briefs fordern die EU-Wettbewerbskommission auf, das geplante «Oligopol» zu unterbinden. «Dieser Konzentrationsprozess stellt eine Bedrohung für die Welternährung und für die Zukunft der Landwirtschaft sowohl in Europa als auch weltweit dar», schreiben sie.

Saatgut als Gemeingut

Fokus 94 GZPK
«Die grosse Vielfalt der Kulturpflanzen ist ein Menschheitserbe, das wir nicht den Konzernen überlassen dürfen, denen es vor allem um Profitmaximierung geht. Unser Saatgut ist kein Wirtschaftsgut. Es ist ein Kulturgut und gehört uns allen.» Peter Kunz, Bio-Saatgutzüchter (Bild: Giorgio Hösli für GZPK)

Das Saatgut war über viele Jahrtausende ein Gemeingut, das lokal nachgebaut, weiterentwickelt und getauscht wurde. Daran erinnert die Studie «Saatgut – Gemeingut» von Johannes Wirz, Forscher am Goetheanum, Getreidezüchter Peter Kunz und Ueli Hurter, biologisch-dynamischer Landwirt. Noch heute gibt es weltweit viele Züchter und Bauern, die lokale und ökologisch nachhaltige Sorten züchten und anbauen. Eine Studie aus dem Jahre 2015 hat gezeigt, dass die Sortenvielfalt von Kulturpflanzen weltweit von Bäuerinnen und Bauern mit weniger als zwei Hektar Ackerfläche gepflegt, erhalten, getauscht und weiterentwickelt werde. Dort, wo das Saatgut also traditionellerweise noch als Gemeingut betrachtet werde, sei auch die Vielfalt am grössten. Doch diese Vielfalt ist durch die Machtkonzentration der Saatgutbesitzer gefährdet. Die Autoren der Studie «Saatgut – Gemeingut» fordern dazu auf, wieder zu diesem Gemeingutgedanken zurückzukehren, um den Verlust der Sortenvielfalt aufzuhalten und Ernährung etwas unabhängiger von den Agro- und Chemiegiganten zu machen.

Gemeinsame Sorge um das «Menschheitserbe»

Dieser Gemeinschafsgedanke war es auch, der uns Sicherheit und Wohlstand brachte: Dank der Kooperation von Menschen gibt es Bewässerungsanlagen, soziale Institutionen – oder eben über Jahrhunderte weiterentwickeltes, an lokale Gegebenheiten angepasstes Saatgut für Gemüse, Früchte und Obst. «Die grosse Vielfalt der Kulturpflanzen ist ein Menschheitserbe, das wir nicht den Konzernen überlassen dürfen, denen es vor allem um Profitmaximierung geht», sagt Getreidezüchter Peter Kunz. «Unser Saatgut ist kein Wirtschaftsgut. Es ist ein Kulturgut und gehört uns allen.» Zwar müsse der Züchter für seine Züchtungsarbeit – die Züchtung einer neuen Sorte braucht zwischen sieben und zehn Jahren Zeit – entschädigt werden, aber das Saatgut, «die Quelle des Lebens», sollte Nutzergemeinschaften frei zur Verfügung stehen, die es pflegen, bewahren, weiterentwickeln. Die Getreidezüchtung Peter Kunz ist selbst ein Verein, der sich diesem Gemeingutgedanken verpflichtet hat. Sein grosses Vorbild sei Masipag auf den Philippinen, erzählt Peter Kunz (siehe Box unten). «Eine Vielfalt an Sorten ist essenziell, damit sich die Landwirtschaft an die sich verändernden Umweltbedingungen, zum Beispiel an den Klimawandel, anpassen kann und weiterhin gut über die Runden kommt», betont Kunz. Die gemeinsame Sorge um das regionale Saatgut macht auch unabhängiger von den Agrarkonzernen: Statt Hybridsaatgut der Konzerne zu kaufen, welches die Bauern im Folgejahr nicht wiederverwenden können, bauen sie lokale, an hiesige Verhältnisse angepasste, robuste Sorten an, deren Saatgut sie aufbewahren, verwenden und untereinander tauschen können.


Gemeinsam für Saatgut

Masipag ist ein Zusammenschluss von Dorfgemeinschaften, Bäuerinnen und Bauern mit 30 000 Mitgliedern, 23 NGOs, 20 kirchlichen Entwicklungsorganisationen und 15 wissenschaftlichen Partnerorganisationen. Masipag verfügt über beinahe 200 Versuchsfarmen, auf denen sie Saatgut für Reis und Mais züchtet, sowie zwei nationale und acht regionale Vermehrungsbetriebe. Masipag erhält und vermehrt in rund 150 Samenbanken auf den Versuchsbetrieben rund 2500 Reissorten, davon 1290 Masipag-Varietäten und 506 Landsorten, die von 67 Bauern gezüchtet worden sind. Der Tausch der Sorten, die allen interessierten Landwirten zur freien Verfügung stehen, sei weit verbreitet, schreiben die Autoren von «Saatgut – Gemeingut».


Vorsorgeprinzip gefährdet?

Der deutsche Konzern Bayer würde mit der Übernahme von Monsanto der Gigant unter den Grossen. Die Autoren des Konzernatlas 2017 befürchten, dass der neue Riese das europäische Vorsorgeprinzip anfechten könnte. Denn dieses fordert beispielsweise, dass Pestizide keine EU-Zulassung erhalten, bevor nicht nachgewiesen ist, dass sie für Mensch und Umwelt unbedenklich sind. Ebenso könnte die bisherige Kennzeichnungspflicht von Gentech-Pflanzen in der EU in Frage gestellt werden.


Titelbild 93 
(Bild: Aurel Märki)

Fokusartikel Gentechfrei Magazin Nr. 93

Die gleichen Heilsbotschaften wie vor 30 Jahren

Wer die Versprechen rund um die Möglichkeiten der Gentechnik in den letzten 25 Jahre etwas mitverfolgt hat, erlebt gerade ein Déjà-vu. Eine neue Methode der Gentechnik hat bei Forschenden und Medien wieder eine fragwürdige Euphorie ausgelöst, die sie nahezu blind macht für deren Risiken und das eigene Nichtwissen.

Text: Denise Battaglia

Crispr/Cas9 (sprich: Krispr Kas neun) nennen die Forschenden das jüngste Laborwerkzeug, mit dem sie angeblich präzise in das Genom von Lebewesen eingreifen. Im Erbgut werden damit gezielt Gene gesucht, ausgeschnitten, verändert und ersetzt. Das Wissenschaftsfachblatt «Science» bezeichnete die neue Technik vor anderthalb Jahren als «Durchbruch des Jahres», das Fachblatt «Nature» attestierte der «mächtigen Technologie» das Potenzial, die Natur zu übertrumpfen. Man habe den «Gottes-Code» geknackt. Der Mensch nehme die Evolution nun in seine eigene Hand, schrieben Journalisten mit einer Mischung aus ehrfürchtiger Bewunderung und schauderndem Bangen vor dem, was da kommen könnte. Immerhin haben chinesische Forscher bereits menschliche Embryonen mit dem neuen Laborinstrument manipuliert – während zeitgleich eine Gruppe von Forschenden ihre Kolleginnen und Kollegen weltweit zu einer Selbstbeschränkung bei der Anwendung von Crispr/Cas9 am Menschen aufrief.

Doch auf den Einsatz des molekularen Werkzeugs, mit dem sich offenbar eine Menge anstellen lässt, mögen die Forschenden nicht verzichten. Sie träumen – immer noch – von einer schönen neuen Welt. Crispr/Cas9, das eine Immunabwehr-Strategie von Bakterien nachahmt, vermöge die Landwirtschaft vor Schädlingen, die Menschheit vor grossen Krankheiten und vom Welthunger zu befreien, prophezeien Gentechniker und Medien im Chor. Vor zwei Jahren haben US-Forscher zudem ein Verfahren entwickelt, mit dem man Crispr/Cas9 so in die Keimbahn von Lebewesen einbauen kann, dass eine gewünschte Veränderung rasch an die Nachkommen weitervererbt wird: Gene Drive, Genschub, nennt es sich. Damit könne man ganze Populationen verändern, ausrotten oder vermehren, verkünden die Ingenieure des Lebens. Je nachdem, was man gerade weg haben oder anders haben will (siehe gentechfrei Nr. , April 2016). Crispr/Cas9 und Gene Drive seien womöglich ein «grosser Segen für die Menschheit», sagte der US-Biochemiker Kevin M. Esvelt, der Gene Drive mitentwickelt hat, gegenüber dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel». Was für die Menschheit ein Segen ist, bestimmen also die Gentechniker.

«Propaganda mit Heilsversprechen»

Fokus 93 Genschere
(Bild: Aurel Märki)

Schon in den 1980er-Jahren verpackten die Gen-Ingenieure ihre Propaganda für die Gentechnik in dieselben Heilsbotschaften. Die Argumente seien immer die gleichen, sagt der Biologe Luigi DʼAndrea, Geschäftsführer von StopOGM: «Wir heilen Krankheiten, wir rotten die Krankheitserreger aus, wir nähren die Hungernden dieser Welt.» Die neue Technik werde bereits vor ihrer Zulassung durch eine spätere Anwendung gerechtfertigt, «um ihr damit einen demokratischen Anstrich zu geben». Die Heilsrhetorik verleihe den Forschern die Aura der «Allmacht». Bloss: «Es handelt sich auch dieses Mal um ein Märchen», sagt D’Andrea, der auch Vorstandsmitglied der Critical Scientists Switzerland ist.

Tatsächlich waren die Versprechen aus den 1980er-Jahren nahezu verstummt, weil die meisten nicht in Erfüllung gingen. Die Forscher mussten feststellen, dass das Genom nicht wie eine Software programmiert werden kann und Lebewesen nicht wie Computer reagieren. «Es ist klargeworden, dass es letztlich nicht mit dem blossen Wissen um Genomsequenzen getan ist. Zwischen den Chromosomen und dem Organismus liegt eine ganze Welt der heute so genannten Epigenetik», schrieb Hans-Jörg Rheinberger, ehemaliger Direktor des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte in Berlin in der NZZ. Namhafte Studien haben gezeigt: Die Gleichung 1 Gen = 1 Effekt ist falsch.

Doch viele Lebensingenieure halten am alten Bild fest, wonach ein Lebewesen eine Maschine ist, der die DNA als Blaupause zugrunde liegt, sagt Angelika Hilbeck, Agrarökologin an der ETH Zürich.

Studien haben gezeigt, dass Gene nicht auf Knopfdruck reagieren.
Angelika Hilbeck: Das Leben ist viel komplexer, das Genom ist nur ein Teil dessen, was ein Lebewesen, seine Eigenschaften, sein Verhalten ausmacht. Jedes Lebewesen ist eine einzigartige Kombination verschiedenster Einflüsse, Wechselwirkungen und Anpassungen an die Umwelt auf verschiedenen Ebenen. Und von allen diesen Wechselwirkungen kennen wir nur den kleinsten Teil.

Trotzdem lautet die Gleichung in der Gentechnik immer noch: 1 Gen = 1 Effekt.
Die Gentechniker haben ein maximal reduktionistisches Verständnis von Leben. Sie behandeln das Leben wie einen Computer. Sie denken, dass die «Software» in den Lebewesen nicht gut genug ist, dass sie den «Code» bloss noch etwas besser programmieren müssten. Aber Gene geben – im Gegensatz zur Software eines Computers – keine linearen Anweisungen weiter. Gene erfüllen nicht nur eine Funktion, sie sind meistens multifunktional.

Was bedeutet es, wenn Forschende ein Gen ausschalten?
Wenn man ein Gen stilllegt, weil man damit einen bestimmten Effekt erreichen will, muss man damit rechnen, dass diese Manipulation noch ein paar andere Dinge ab- oder umschaltet, da man in ein Netzwerk von rückgekoppelten Prozessen eingreift. Ich behaupte nicht, dass die DNA keine Rolle spielt. Aber wir verstehen die Genetik längst nicht so gut, dass wir ohne grösstmögliche Sicherheitsüberprüfung und Konsultation von Experten jenseits der Gentechnikerkreise das Erbgut manipulieren dürfen.

Die Forscherinnen und Forscher wissen gar nicht, was sie tun?
Zu wenig, um sie einfach machen zu lassen. Das ist wie wenn ich aus einem Buch über die Lehre von Konfuzius, geschrieben in klassischem Chinesisch, einzelne Zeichen suchen, sie ausschneiden und mit anderen Zeichen ersetzen und behaupten würde, ich wüsste, wie sich der Sinn des Textes verändert hat. Ich wüsste nicht, was ich getan hätte, weil ich diese Sprache höchstens rudimentär verstehe. Vor allem verstehe ich die Grammatik nicht, die Regeln der Sprache, und damit auch nicht, wie sich der Sinn des Textes verändert, wenn ich einen Textabschnitt entferne, verändere oder ersetze.


Fokus 93 Hilbeck
Die Agrarökologin Angelika Hilbeckarbeitet als Dozentin und Forscherin am Institut für Integrative Biologie an der ETH Zürich und leitet dort die Gruppe Biosicherheit & Agrarökologie.


«Solange es funktioniert, müssen wir es nicht verstehen»

Dass die Forscher nicht wissen, was sie tun, hat der Biophysiker Bo Hang, der Crispr/Cas9 täglich anwendet, offen eingeräumt: «Es herrscht die Mentalität vor, dass wir nicht verstehen müssen, wie es funktioniert, solange es funktioniert», zitiert ihn «StopOGM Infos». In der Praxis hat sich gezeigt, dass Crispr/Cas9 doch nicht so präzise schneidet, wie dies die Forscher möchten. Manchmal schneidet die Molekularschere auch Teile der DNA aus, die sie nicht ausschneiden sollte.

Dies wirft grosse ethische Fragen auf. Zum Beispiel jene nach der Verantwortung für unbeabsichtigte Folgen der neuen Gentechnik. «Die Verantwortung für allfällige Schäden und Fehlentwicklungen lehnen die Gentechniker und die Firmen, die dahinter stecken, ab, aber die Eigentumsrechte und die daraus resultierenden Profite fordern sie selbstverständlich ein», kritisiert Angelika Hilbeck. Um die Eigentumsrechte der Crispr/Cas9-Anwendung findet gerade ein «hässlicher, titanischer Kampf» zwischen zwei Forschergruppen statt, wie «Nature» berichtete.

«Präzision sagt nichts aus über die Sicherheit»

Fokus 93 Ratlos
Können die anstehenden Probleme der Landwirtschaft und der Ernährung mit einer zusätzlichen Dosis Technologie gelöst werden? Im Labor entwickelte Superpflanzen sollen resistent gegen Krankheiten und Schädlinge, tolerant gegen Dürre und zusätzlich noch ertragreicher sein. (Bild: Aurel Märki)

Die Mehrheit der eidgenössischen Ethikkommission (EKAH) sprach sich dafür aus, die neuen Verfahren dem Gentechnikgesetz zu unterstellen und damit einer Risikobewertung. Grund: Die neuen Verfahren könnten neben den beabsichtigten auch «unbeabsichtigte und unvorhergesehene Veränderungen zur Folge haben». Ob Crispr/Cas9 als Gentechnik eingestuft wird oder nicht, wird der Gesetzgeber entscheiden. Die Gentechnikbefürworter möchten keine strengere Regulierung als bei konventioneller Züchtung. Das sieht Eva Gelinsky, Agrarwissenschaftlerin und Mitglied der EKAH, etwas anders.

Die Forscher sagen, die Veränderungen an der DNA mittels Crispr/Cas9 seien so präzise, dass die Produkte sicher seien.
Eva Gelinsky: Präzision hat nichts mit Vorhersehbarkeit und Sicherheit zu tun, aber genau das suggerieren die Gentechnik-Forscher.

Ein präziser Schnitt in die DNA bürgt nicht für Sicherheit?
Wenn Forscher präzise in die DNA von Lebewesen schneiden, heisst dies nicht, dass sich die Lebewesen so verhalten, wie sie es sich ausgedacht haben. Eine Prognose ist kaum möglich. Die Forscher fokussieren sich immer noch allein auf die DNA, dabei wissen wir heute, dass es auch noch andere Ebenen gibt, zum Beispiel jene der RNA oder jene der Epigenetik. Der angeblich präzise Schnitt in die DNA ist auf einer anderen Ebene womöglich alles andere als präzise. Die Forscher machen die gleichen Fehler wie bei der klassischen Gentechnik: Sie glauben, dass man an der Pflanzen- oder Tier-Maschine nur an einer Schraube drehen muss, damit sie sich verhält, wie man es will. Sie tun so, als hätten sie alles im Griff.

Machen Sie sich Sorgen?
Was mir Sorgen macht, ist der grosse Hype, der nahezu blind macht für die Risiken. Dem Vorsorgeprinzip Gehör zu verschaffen, ist derzeit sehr schwer. Unabhängige Langzeitforschung über die Risiken der neuen Verfahren steht dem kurzfristigen Profit im Wege, dabei kann der Mensch mit den neuen Verfahren erstmals unwiderruflich ins Ökosystem eingreifen. Ich mache mir auch Sorgen, weil der Grossteil der Forschungsgelder einseitig in die Gentechnik investiert wird, die Forschung für alternative Züchtungs- und Landwirtschaftsmodelle, zum Beispiel die biologische, kommt zu kurz. Es ist schon aus wirtschaftlicher Sicht nicht besonders klug, alles auf eine Karte zu setzen.

Die Rheinauer Thesen definierten 2008 die Zelle als kleinste Einheit, in die nicht eingegriffen werden darf. Der biologische Landbau hat diese Grenzsetzung übernommen. Ist dieser Gedanke überholt? «Im Gegenteil», glaubt Eva Gelinsky. Die Internationale Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen (IFOAM) hat vor einem Jahr explizit festgehalten, dass die neuen Gentechnikverfahren mit den Prinzipien der biologischen Landwirtschaft nicht vereinbar sind, weil sie die Zellgrenze überschreiten und in das Genom eingreifen.


Fokus 93 Gelinsky
Die promovierte Agrarwissenschaftlerin Eva Gelinsky ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Pro Specie Rara. Sie koordiniert die Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit und ist Mitglied der Eidgenössischen Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausser-humanbereich (EKAH).


Titelbild 96 
(Bild: Greenpeace/Stutz)

Fokusartikel Gentechfrei Magazin Nr. 95

Die Schweiz bleibt weiterhin gentechfrei — oder doch nicht?

In der Schweiz wachsen keine genmanipulierten Pflanzen. Dies ist ein Erfolg des zum dritten Mal verlängerten Anbaumoratoriums der Gentechfrei-Initiative aus dem Jahre 2005, welche die SAG mit ihren Partnerorganisationen lanciert hatte. Doch nun drängen neue gentechnisch veränderte Pflanzen auf den Markt – ob sie dem Moratorium unterstellt werden, ist noch unklar.

Text: Denise Battaglia, Paul Scherer

Zum dritten Mal hat das eidgenössische Parlament das Gentech-Moratorium verlängert, es dürfen in der Schweiz weiterhin keine genmanipulierten Pflanzen angebaut werden. Das Verbot gilt bis ins Jahr 2021. Auch die Koexistenz wurde abgelehnt.

Die Unschuld (noch einmal) bewahrt

Fokus 95 Treppe
(Bild: Yoshiko Kusano)

Die Schweiz sei zu klein für ein Nebeneinander von gentechnisch veränderten und konventionellen Pflanzen, lautete der Tenor im Ständerat in der Frühlingssession. Würden gentechnisch manipulierte Pflanzen einmal zugelassen, liessen sich Verunreinigungen nie mehr rückgängig machen. «Man kann die Unschuld nur einmal verlieren», sagte der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann treffend. Die Schweiz hat sich die Unschuld (noch einmal) bewahrt. Martina Munz, SP-Nationalrätin und Präsidentin der Schweizer Allianz Gentechfrei (SAG), freut sich über die Verlängerung des Verbots um vier Jahre. «Dass die Schweiz bis heute gentechfrei ist, verdanken wir dem Engagement der SAG und den Partnerorganisationen.» Ein Verbot auf unbestimmte Zeit wäre Martina Munz allerdings lieber gewesen: «Unser Ziel haben wir erst dann erreicht, wenn wir den Grundsatzentscheid für eine ökologische, ganzheitliche, risikofreie Landwirtschaft gefällt haben.»

Das Moratorium für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen (GVO) geht auf die von der SAG und ihren Partnern lancierte Gentechfrei-Initiative aus dem Jahr 2005 zurück, die ein Verbot für gentechnisch veränderte Pflanzen für fünf Jahre forderte. Für die Initiative spannten Parteien aus dem gesamten politischen Spektrum von links bis rechts und Organisationen aus der Landwirtschaft, aus dem Umwelt-, Tier- und Konsumentenschutz zusammen. Trotzdem war die Volksabstimmung ein Kampf Davids gegen Goliath: Hier die nicht profitorientierten Umwelt- und Bauernorganisationen, dort die finanzstarke Wirtschaft, mit den Chemie- und Agrokonzernen im Rücken.

Obwohl Bundesrat und Parlament die Initiative zur Ablehnung empfohlen hatten, stimmten ihr 55,7 Prozent der Bevölkerung und alle Kantone zu. Es gab auch keinen Röstigraben, keine Kluft zwischen den Stadt- und Landkantonen. Die Annahme der Initiative gehört zu den grössten Erfolgen der im Jahre 1990 gegründeten SAG und ihrer Partner.

Bevölkerungsumfrage zeigt hohe Ablehnung

Fokus 95 Applaus
(Bild: Monika Flückiger)

Dank dieses Volksentscheides und des nun zum dritten Mal verlängerten Moratoriums ist die Schweiz gentechfrei. Dies entspricht noch heute dem Willen der Bevölkerung.

Die Befragten wollen keine Gentechnik auf dem Feld und keine Pestizide auf dem Teller. Aber gerade die gentechnisch veränderten Kulturpflanzen, die seit gut 30 Jahren auf dem Markt sind, wurden im Labor so verändert, dass sie entweder Schädlingsgifte absondern (sogenannte Bt-Pflanzen) oder gegen die Besprühung mit Unkrautvernichtungsmitteln (Herbizide) immun sind. «Weit über 90 Prozent der Gentech-Pflanzen mit einer Herbizidresistenz sind gegen ein einziges Herbizid immun – gegen Round-up von Monsanto», kritisiert die Basler Biologin Florianne Koechlin, Mitinitiantin der Gentechfrei-Initiative und Gründungsmitglied der SAG. «Wir sind heute mit einer gigantischen weltweiten Pestizidmonokultur konfrontiert, das hat es noch nie gegeben.» Diese Monopolstellung, die durch die geplanten Fusionen unter den grössten Agro- und Chemiekonzernen (siehe gentechfrei, Nr. 94, Mai 2017) und durch Patentierungen von Saatgut noch verstärkt werde, zerstöre auch die Vielfalt auf dem Feld, sagt die Biologin. Auch Florianne Koechlin freut sich über die erneute Moratoriumsverlängerung, «aber eigentlich braucht es ein Verbot. Wir brauchen diese Technologie nicht.»

Mehrheit der EU-Länder will keine Gentech-Pflanzen

Fokus 95 Sommaruga
(Bild: Yoshiko Kusano)

Transgene Pflanzen will auch die Mehrheit der EU-Staaten nicht. 17 von 28 EU-Staaten haben von der sogenannten Opt-out-Regelung Gebrauch gemacht. Mit ihrem Moratorium ist die Schweiz somit in bester Gesellschaft, sie ist keine gentechfreie Insel, wie die Wirtschaftsverbände gern behaupten. Womöglich stand die Schweiz mit ihrem Moratorium den EU-Ländern sogar Modell: Bereits vor acht Jahren nannte die 5. Europäische Konferenz der gentechnikfreien Regionen die Schweiz einen «Leuchtturm», der «mit dem Gentech-Moratorium Europa den Weg weist».

USA: Erster Widerstand gegen Gentech-Nahrungsmittel

Auch die amerikanischen Konsumentinnen und Konsumenten sind skeptischer geworden. Die Nachfrage nach gentechfreien Produkten wächst so stark, dass bei einigen Pflanzen Rohstoffe oder gentechfreies Saatgut aus Europa und Asien importiert werden müssen. In verschiedenen Bundesstaaten kamen Initiativen zur Abstimmung, die ein Anbauverbot oder eine Deklarationspflicht für GVO forderten. Als erster US-Bundesstaat hat Vermont 2014 eine Deklarationspflicht eingeführt. Grosse amerikanische Lebensmittelkonzerne wie Campbell Soups, Mars und Kellogg’s wollen ihre Produkte kennzeichnen, wenn sie gentechnisch veränderte Pflanzen enthalten.

Gentechnisch veränderte Pflanzen durch die Hintertür?

Fokus 95 Schild
Gemäss der UNIVOX-Umwelt-Studie von 2015 nehmen 70 Prozent der Befragten gentechnisch veränderte Lebensmittel als Gefahr wahr. Nur Klimawandel, Kernkraftwerke und vor allem Chemikalien und Pestizide werden als noch gefährlicher bewertet. (Bild: Yoshiko Kusano)

Verschwinden genmanipulierte Pflanzen folglich bald wieder vom Markt? Das Gegenteil ist zu befürchten. Den Forschern stehen heute einfach zu handhabende und billige Instrumente zur Verfügung, wie das Genome Editing, mit denen sie gezielt Mutationen in ganz bestimmten Abschnitten der DNA herbeiführen, ganze Genabschnitte ausschneiden, ersetzen oder verändern können. Die Veränderungen seien im Endprodukt nicht nachzuweisen, sagen die Forscher. Das heisst: Würde ein Agrokonzern das Erbgut im Apfelbaum mit Genome Editing verändern, wäre die Manipulation im Apfel nicht mehr nachweisbar (vgl. gentechfrei Nr. 93, Januar 2017). Deshalb sprechen die Forscher, die Agrokonzerne und inzwischen auch die Bundesbehörden bei diesen neuen Techniken nicht mehr von «Gentechnik», sondern von «neuen Pflanzenzüchtungs-verfahren». «Dieses neue Wording soll den Laien davon ablenken, dass auch hier das Genom von Menschenhand manipuliert wurde», ärgert sich SAG-Präsidentin Martina Munz.

Weil – um bei obigem Beispiel zu bleiben – im Apfel die Genmanipulation nicht mehr nachzuweisen wäre, ist noch unklar, ob ein solcher Apfel unter das Gentechnikgesetz fallen würde. Der Bund, der diesen Entscheid fällen muss, scheint abzuwarten, was die Europäische Kommission macht, die den Entscheid ihrerseits hinauszögert. Fallen sie nicht unter das Gentechnikgesetz, könnten mit Genome Editing hergestellte Pflanzen ohne weitere Sicherheitsprüfung freigesetzt und angebaut werden.
Bewertet der Bund mit Genome Editing hergestellte Pflanzen nicht als GVO, fallen sie nicht unter das Gentechnikgesetz und könnten trotz Gentech-Moratorium angebaut und ohne Deklaration verkauft werden. «In diesem Fall wäre die Moratoriumsverlängerung, über die wir uns jetzt freuen, eine bröckelnde Teillösung», sagt Daniel Ammann, der die SAG mit gegründet hat und sie bis 2012 leitete. Er hofft, dass die neuen Verfahren auch unter das Gentechnikgesetz fallen, denn «sie eröffnen einen grossen Manipulationsspielraum mit derzeit nicht abschätzbaren Folgen». Tatsächlich haben Wissenschaftler bereits zugeben müssen, dass die neuen chirurgischen Genominstrumente doch nicht so präzise sind wie gewünscht und bereits propagiert.

Wie weit wollen wir in die Natur eingreifen?

Fokus 95 Kuh
Greenpeace unterstützte die Moratoriumsinitiative ebenso wie die SP, die Grünen, der Schweizer Landfrauenverband, der Schweizerische Bauernverband, die Kleinbauernvereinigung, der Tierschutz, der Schweizer Vogelschutz, Bio Suisse, IP Suisse, die Erklärung von Bern (heute Public Eye), SWISSAID, die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz, Pro Natura und WWF. (Bild: Greenpeace Ex-Press Adair)

Herbert Karch, der 2005 die Kampagne für die Gentechfrei-Initiative erfolgreich leitete, findet es auch höchste Zeit, «dass sich die Wissenschaftsgemeinde fragt, ob es für sie ethische Grenzen gebe und wie sie es mit der Selbstverantwortung halte». Eine Wissenschaft, der es um Erkenntnisse gehe, müsse sich selbstkritisch mit ihrem Handeln auseinandersetzen. «Stattdessen diffamiert die Wissenschaftsgemeinde rund um die Gentechnik jeden, der sich kritisch äussert als wissenschafts- und fortschrittsfeindlich», moniert Karch. «Sie sollte sich vielleicht einmal fragen, wem sie eigentlich dient: dem Wohl der Menschheit oder einzelnen Kapitalinteressen?»

«Deshalb», sagt SAG-Präsidentin Martina Munz, «müssen wir kritisch bleiben und nun gemeinsam gegen die Einführung der Gentechnik durch die Hintertür kämpfen.»

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(Bild: Peter Caton/ Greenpeace)

Fokusartikel Gentechfrei Magazin Nr. 96

Zukunftsmarkt Afrika—und die Zukunft der Kleinbäuerinnen?

Für die Agrochemiekonzerne ist Afrika der Wachstumsmarkt der Zukunft. Hier wollen sie die Landwirtschaft technisch aufrüsten, zum Beispiel mit Gentech-Pflanzen und Hybridsaatgut. Doch dieses Vorhaben gehe zu Lasten der Kleinbäuerinnen und -bauern, warnt Tina Goethe, Teamleiterin «Recht auf Nahrung» bei Brot für alle.

Text: Denise Battaglia

Afrika ist «Alphaland». Als Alpha bezeichnen Finanzanalysten Länder, in denen Investitionen grosse Renditen bringen sollen. Der afrikanische Kontinent gilt für Konzerne wie Syngenta, soeben von Chem-China übernommen, oder Monsanto, soeben von Bayer übernommen, als einer der letzten zu erobernden Wachstumsmärkte im Agrarbereich. Denn hier könnte man die ganze Landwirtschaft technisch aufrüsten. Zum Beispiel mit gentechnisch veränderten Pflanzen, mit Hybridsaatgut, mit konzerneigenen Pestiziden oder Düngemitteln und mit Hightech- Maschinen. Vor vier Jahren gab Syngenta bekannt, 500 Millionen Dollar in das afrikanische Geschäft zu investieren, bis in fünf Jahren will der chinesisch-schweizerische Konzern eine Milliarde Umsatz in Afrika erreichen. Syngenta kaufte dann erst mal zwei afrikanische Firmen, die Saatgut von weissem Mais produzieren. Damit sichere man sich einen der umfangreichsten Maisgenpools des Kontinents, schrieb der Konzern in seiner Pressemitteilung. Damit sicherte sich der Konzern vor allem ein Grundnahrungsmittel vieler afrikanischer Staaten.

Entwicklungshilfe mit Agrochemiekonzernen

Fokus 96 Markt
(Bild: Kristian Buus/ Greenpeace)

Auch der US-amerikanische Agrochemiekonzern Monsanto, der zum Beispiel Gentech-Baumwolle züchtet, umgarnt Afrika. Monsanto versuche mit der Bill & Melinda-Gates-Stiftung Einfluss auf Entwicklungsprogramme zu nehmen: So propagiere der Konzern den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen und versuche die Gesetzgebung so zu beeinflussen, dass sie dem Absatz seiner Produkte diene, schrieb der Gen-ethische Informationsdienst (GiD) in seinem Magazin. Auch Organisationen wie die von Bill und Melinda Gates gegründete Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika (AGRA) oder die Neue Allianz für Ernährungssicherheit in Afrika (kurz: Neue Allianz) sehen in Hightech-Pflanzen und Hightech-Dünger die Lösung für den Hunger in Afrika. Die Neue Allianz will bis ins Jahr 2020 – also in zweieinhalb Jahren – 50 Millionen Menschen aus Armut und Hunger befreit haben. «Diese Entwicklung ist gefährlich», sagt Tina Goethe, Teamleiterin «Recht auf Nahrung» bei Brot für alle (siehe Interview). «Sie bedrohen die traditionellen Systeme, die Vielfalt und die bäuerliche Unabhängigkeit.»

Kleinbäuerliche Landwirtschaft und lokaler Saatgutaustausch

In weiten Teilen Afrikas dominiert die kleinbäuerliche Landwirtschaft die Lebensmittelproduktion. Bis zu 80 Prozent des Lebensmittelbedarfs werden in manchen Staaten von lokalen Kleinproduzentinnen gedeckt, das lokale Saatgut tauschen die Bäuerinnen – in Afrika sind oft hauptsächlich die Frauen für das Saatgut und viele Arbeiten in der Landwirtschaft zuständig – meist auf dem Markt. Gerade diese traditionellen Saatgutsysteme versuchen die Konzerne mittels Lobbyarbeiten über drei Wege zu unterbinden:

- Sie machen bei den staatlichen Entscheidungsträgern Druck, die Gesetze zu Saatguthandel und Saatgutzulassung so zu verschärfen, dass nur noch zertifiziertes Saatgut zugelassen wird. Mit negativen Folgen für die Bäuerinnen und Bauern und die lokale Vielfalt: Der Grossteil des regionalen, von den Bäuerinnen vermehrten Saatguts kann unter diesen Gesetzen nicht mehr gehandelt werden.

- Die Konzerne und Organisationen versuchen in Afrika Sortenschutzgesetze nach westlichem Modell einzuführen. Diese verbieten den Bäuerinnen und Bauern, Saatgut zu behalten, zu vermehren, zu tauschen und zu verkaufen. Sie würden gezwungen, ihr Saatgut jedes Jahr bei den Saatgutfirmen zu kaufen. Dies widerspricht den traditionellen Rechten der Bauern.

- Die Konzerne sichern sich Zugang zu genetischen Ressourcen, indem sie afrikanische Saatgutfirmen aufkaufen oder sich über Beteiligungen an staatlichen Forschungsprojekten Zugang zum genetischen Pool afrikanischer Obst-, Gemüse- und Getreidesorten verschaffen.

Bisher wenig Gentech-Pflanzen in Afrika

Fokus 96 Bauer
Anstatt der teuren Gentechnik sollten Methoden zur biologischen Schädlingsbekämpfung gefördert werden, wie zum Beispiel die Push-pull-Technologie. Dort wird eine Kombination verschiedener Pflanzen verwendet, solche mit abstossender und andere mit anziehender Wirkung, um die Insekten von den Nutzpflanzen zu vertreiben (push) bzw. wegzulocken (pull). (Bild: Peter Caton/ Greenpeace)

Obwohl Monsanto und die Bill & Melinda-Gates-Stiftung seit Jahren gentechnisch veränderte Pflanzen gegen den Hunger propagieren, bauen auf dem afrikanischen Kontinent erst drei Länder Gentech-Pflanzen kommerziell an: Südafrika, der Sudan und Burkina Faso. Südafrika ist das einzige Land, das ein Grundnahrungsmittel gentechnisch verändert anbaut: einen Mais. Die anderen beiden Länder bauen Gentech-Baumwolle an, wobei Burkina Faso wegen der schlechten Baumwollqualität den Anbau von Gentech-Baumwolle vorerst gestoppt hat. Nigeria hat ebenfalls eine gentechnisch veränderte Monsanto-Baumwollsorte für den kommerziellen Anbau zugelassen, das Saatgut ist aber bislang nicht auf dem Markt. Derzeit geben Monsanto und die Bill & Melinda-Gates-Stiftung in einem grossen Projekt den Kleinbäuerinnen und Kleinbauern «trockentoleranten Mais für Afrika» (Water Efficient Maize for Africa, kurz WEMA) ab. Dabei handelt es sich um konventionelle Hybridsorten oder um gentechnisch veränderte Sorten. Das Projekt sei bereits in Südafrika, Kenia, Uganda, Tansania und Mosambik eingeführt, schreibt der GiD. Im Zusammenhang mit diesem Projekt haben Regierungen gesetzliche Regelungen gelockert, zum Beispiel die Haftungsrechte. Dabei ist das Monsanto Tribunal im Frühling zum Urteil gelangt, dass Monsanto mehrere Menschenrechte verletzt. Besonders negativ werten die Richter den Anbau herbizidtoleranter gentechnisch veränderter Pflanzen. Grund: Sie wirkten sich nachteilig auf Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit aus und reduzierten die Auswahl des auf dem Markt erhältlichen Saatguts. Man könne all diese von westlichen Interessen geleiteten Aktionen auch einfach «modernen Kolonialismus» nennen, bringt es Tina Goethe auf den Punkt.


Moderner Kolonialismus -
im Gespräch mit Tina Goethe

Fokus 96 Saatgut
Neue Sortenschutzgesetze nach westlichem Modell verbieten den Bäuerinnen und Bauern, Saatgut zu behalten, zu vermehren, zu tauschen und damit zu züchten. Die Regulierungen schützen die Agrochemie, bedrohen aber die lokale Sorten- und Artenvielfalt und die Selbstbestimmung der Bäuerinnen und Bauern. (Bild: Cheryl-Samantha Owen/ Greenpeace)

Frau Goethe, die westlichen Agrarkonzerne haben Afrika als Wachstumsmarkt entdeckt. Dies bereitet Ihnen Sorgen. Warum?
Ein Grossteil der afrikanischen Landwirtschaft basiert auf lokalen Strukturen und Saatgutsystemen. Die Landwirtschaft ist sehr vielfältig. Die Bäuerinnen züchten, vermehren, kontrollieren und tauschen eigenes Saatgut. Wenn nun die Agrochemie kommt, bedroht dies die grosse Vielfalt und die Selbstbestimmung der Bäuerinnen und Bauern. Schon jetzt versuchen die Konzerne zum Teil gemeinsam mit westlichen Organisationen den vielfältigen Saatgutmarkt in ein kommerzielles, einheitliches Saatgutsystem zu transformieren. Das zerstört bestehende Systeme.

Wer spürt diesen Druck am meisten?
Alle. Auf nationaler Ebene lobbyieren Agrokonzerne, auf regionaler Ebene versuchen sie gemeinsam mit internationalen Institutionen wie zum Beispiel der Weltbank Gesetze zu harmonisieren. In Malawi, Kenia oder Tansania spüren Politik und Bauern den Druck, endlich gentechnisch veränderte Pflanzen anzubauen. Hier macht man schon länger Gentech-Versuche und nun versucht man, die Gesetze dafür aufzuweichen. Tansania kennt eigentlich wie Europa das Vorsorgeprinzip. Dieses wird nun sukzessive durchlöchert. Auch in Kenia wird versucht, Gesetze so zu verändern, dass nur noch Saatgut bewilligt wird, welches gewisse Kriterien erfüllt – diese haben die westlichen Saatgutkonzerne bestimmt. Bäuerliches Saatgut erfüllt diese Kriterien nicht. Damit würde man einen wichtigen Teil der Sorten und damit eine grosse genetische Breite ausschliessen. Man versucht, das europäische Modell in Afrika zu implementieren, aber man kann doch nicht hingehen und das ganze afrikanische Saatgutsystem in ein westliches Landwirtschaftsmodell zwängen!

Welches Vorgehen wäre besser? – In Afrika leiden viele Menschen Hunger.
Die grösste Chance, den Hunger zu reduzieren, bestünde darin, die traditionellen Systeme zu unterstützen, statt sie zu beseitigen, gemeinsam mit den Bäuerinnen und Bauern die Qualität und die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern, Bewässerungslösungen zu suchen sowie fehlende Infrastrukturen wie Lagerhallen zu errichten und Transportmöglichkeiten zu schaffen. Ohne diese Infrastruktur kann man die kostbaren Lebensmittel nicht lagern und verteilen. All diese Massnahmen würden die Bäuerinnen und Bauern stärken und nicht schwächen, würden ihnen die Selbstbestimmung lassen und nicht nehmen.

Für die afrikanischen Bauern sind Hightech-Sorten aber verlockend.
Natürlich sind sie verlockend, die Konzerne aus dem Westen versprechen ihnen ja auch massiv höhere Erträge, weniger Arbeit und eine moderne Landwirtschaft, die mit der westlichen Landwirtschaft mithalten kann. Das ist attraktiv, denn die Afrikaner hören aus dem Westen seit Jahrzehnten, sie seien rückständig, müssten sich entwickeln, produktiver werden, ihre Produkte qualitativ verbessern etc. Ich war gerade in Westafrika. Eine Saatgutproduzentin aus Niger, die auf 500 Hektaren Land Saatgut produziert, erzählte mir, dass sie vor drei Jahren erstmals Hybridsaatgut säte. Im ersten Jahr habe sie phantastische Erträge erzielt, im Folgejahr sei der Ertrag drastisch zurückgegangen. Sie sei auf mehreren Tonnen dieses Hybridsaatguts sitzengeblieben, konnte es nicht verkaufen, weil es nicht keimte. Die Hightech-Sorten sind nicht an die lokalen Gegebenheiten wie Hitze, Wassermangel, Trockenheit, den afrikanischen Boden angepasst.

Trotz grosser Investitionen boomen Gentech-Pflanzen in Afrika noch nicht.
Ja, der Widerstand ist gross. Ich befürchte aber, dass man versucht, die Gentechnik durch die Hintertür einzuführen, über aufgeweichte Regulierungen zum Beispiel.

Was können wir in der Schweiz gegen den «modernen Kolonialismus» tun?
Wir sollten vor allem laut und deutlich Nein zur Gentechnik und laut und deutlich Ja zu einer ökologischen, vielfältigen Landwirtschaft sagen. Die SAG engagiert sich seit Jahren dafür. Wenn die Schweiz gentechfrei bleibt, dann nützt das auch den Bäuerinnen in afrikanischen Ländern. Wenn ich ihnen nämlich erzähle, dass die Schweizer Konsumenten und Bauern keine gentechnisch veränderten Pflanzen anbauen und essen wollen, obwohl Syngenta in der Schweiz sitzt, dann sind sie immer beeindruckt. Wenn dann mal ein Syngenta-Vertreter kommt und ihnen sagt, sie seien rückständig, weil sie keine Gentech-Pflanzen anbauen, dann können die Bäuerinnen zurückfragen: «Halten Sie die Schweiz für rückständig, die Schweizer Bauern für dumm?»

Fokus 96 TinaGoethe
Tina Goethe ist Teamleiterin des Bereiches «Recht auf Nahrung» bei der Entwicklungsorganisation Brot für alle.


Titelbild 98 
(Bild: fotolia, Montage: Bivgrafik)

Fokusartikel Gentechfrei Magazin Nr. 89

Wo Gentechnik drinsteckt, muss auch Gentechnik draufstehen

Mit dem sogenannten Genome Editing wird das Erbgut von Pflanzen, Tieren und Menschen im Labor gezielt verändert. Trotzdem sollen Produkte, die daraus entstehen, nicht den Regulierungen des bestehenden Gentechnikgesetzes unterstellt werden. Die Kampagne «Keine Gentechnik durch die Hintertür» setzt sich für eine umfassende und transparente Regelung aller gentechnischen Verfahren ein. Gentechnik-Organismen dürfen nicht ohne eingehende Prüfung und klare Kennzeichnung für Anbau und Konsum zugelassen werden.

Text: Denise Battaglia, Paul Scherer

Die Heilsversprechen bleiben seit 25 Jahren die gleichen. Die Gentechnik habe das Potenzial, die Menschheit von den grossen Plagen wie Krebs, Aids oder Alzheimer zu erlösen, die Landwirtschaft von Schädlingen zu befreien, ihre Erträge zu steigern und den Welthunger zu besiegen.

Mit der Genom-­Editierung versucht die Biotechnologie nun direkt ins Erbgut von Lebewesen einzugreifen und es nach ihrem Gutdünken zu manipulieren. Eines der beliebtesten Instrumente ist eine sogenannte Genschere mit dem schier aus­sprechbaren Namen CRISPR/Cas9 (sprich: Krispr Kas neun). Das Prinzip klingt ein­fach: Während CRISPR einen spezifischen Genabschnitt der DNA erkennt, schneidet das angehängte Enzym Cas9 die DNA an dieser Stelle. «Damit kann man einfach, billig und schnell Gene herumschieben – alle Gene in allen Lebewesen, von den Bakterien bis zu den Menschen», bringt es das US-­amerikanische Technologie magazin «Wired» auf den Punkt.

Unabhängige Forschung fehlt

Fokus 98 Mais
Äpfel und Pilze, die nicht mehr braun werden, wenn sie angeschnitten werden, Kartoffeln, die länger haltbar bleiben, Mais, der mehr Stärke produziert, Weizen, der weniger Kohlenhydrate, dafür mehr Ballaststoffe enthält, Rinder ohne Hörner, dies sind nur einige Bespiele, an denen heute Forschende tüfteln. (Bild: fotolia, Montage: Bivgrafik)

«Präzise» ist im Zusammenhang mit CRISPR/Cas9 das am häufigsten gebrauchte Wort. «Doch Präzision kann nicht mit Sicherheit gleichgesetzt werden. Auch eine präzise Veränderung kann unvorhergesehene Folgen haben», sagt Tamara Lebrecht, Umweltnaturwissen­schaftlerin und Sprecherin der Critical Scientists Switzerland, einer Vereinigung von kritischen Wissenschaftlern, die sich unter anderem für eine von der Indus­trie unabhängige Forschung engagiert. Die Schweiz dürfe das bewährte Vorsor­geprinzip wegen der momentanen Euphorie für die Genom-­Editierung nicht aufgeben.

Bei dem in der Schweiz und in Europa im Gesetz verankerten Vorsorgeprinzip können Produkte erst auf den Markt gebracht werden, wenn der Hersteller mit­tels unabhängiger Risikoanalysen oder Langzeitstudien nachweisen kann, dass die Produkte unbedenklich sind. In den USA sind die Hürden für den Markt deutlich niedriger und neue Produkte dürfen so lange verkauft werden, bis wis­senschaftlich bewiesen ist, dass sie schäd­lich sind.

Transparenz soll geopfert werden

Nun sollen auch in Europa die strengen Vorschriften, welche das Gentechnikgesetz definiert, aufgeweicht werden. Umfassende Regulierungen werden im Zeitalter des uneingeschränkten globalen Freihandels als hinderlich abgetan. Die Frage, wie Produkte, die mit dem Genome Editing ent­stehen, zu regulieren sind, beschäftigt die Schweiz genauso wie die EU. So fordert die Akademie der Naturwissenschaften Schweiz SCNAT, dass die neuen Gentechni­ken explizit vom Gentechnikgesetz aus­geklammert werden. Es gebe «aus naturwis­senschaftlicher Sicht keinen Grund für eine strenge Regulierung», schreiben sie in ihrem Factsheet. Die neuen Techniken seien «so sicher» wie konventionelle Züch­tungsverfahren und «darüber hinaus erst noch präziser».

Agrarindustrie, Behörden und Biotech­nologen bezeichnen die neuen Gentechnik-­Methoden gerne als «neue Zuchtverfahren». Das Reizwort Gentechnik wird gemieden. Werden sie dem Gentechnikgesetz unter­stellt, würden Pflanzen, die daraus ent­stehen, unter das Gentech­-Moratorium fallen, das bis ins Jahr 2021 gilt. Werden sie davon ausgenommen, dürften sie gemäss den üblichen Vorschriften für kon­ventionelle Pflanzen angebaut und ver­kauft werden. Die Konsumierenden wür­den in diesem Fall nicht erfahren, wenn sie gentechnisch veränderte Lebensmittel auf dem Teller hätten.

Ob die Bevölkerung Gentechnik ohne entsprechende Deklaration akzeptieren würde, erscheint fraglich. Bei einer Befragung durch das deutsche Bundesinstitut für Riskobewertung (BfR) verschie­dener Fokusgruppen zu CRISPR/Cas9 und Genome Editing zeigte sich, dass die Mehrheit das Genome Editing als eine Form der Gentechnik beurteilt und solche Lebensmittel als «nicht natürlich» ablehnt.

Blind für die Risiken

Die Ethikkommission (EKAH), ein Gremium von Experten, welches den Bun­desrat zu Fragen der Gentechnik im ausserhumanen Bereich berät, warnt davor, «die Anforderungen» von Produkten aus den neuen gentechnischen Verfahren zu senken. Eva Gelinsky, Agrarwissen­schaftlerin und Mitglied der EKAH, mahnt: «Wie die im Labor veränderten Pflanzen in der Natur reagieren, wissen wir bislang nicht. Die Biotechnologen glauben immer noch, dass man an der ‹Pflanzen­Maschine› nur an einer Schraube drehen muss, damit sie sich verhält wie man will.» Eine Pflanze sei aber kein statisches Produkt, sondern ein Organismus, der in dauernder Wechselwirkung mit seiner ebenfalls nicht statischen Umwelt stehe. «Wir müssen nicht nur Chancen, sondern auch Risiken berücksichtigen und in die Betrachtung miteinbeziehen», gibt Gelinksy zu beden­ken. Der Hype um die Genom­-Editierung aber mache fast blind für die Risiken der neuen Gentechnik­-Verfahren.

Würde das Genome Editing von der Gentechnikgesetzgebung ausgenommen, könnten Gentechnik­-Organismen ohne eingehende Prüfung und klare Kennzeich­nung zugelassen werden. Welche Risiken dabei auf die Gesellschaft zukommen könnten, zeigen aktuelle Forschungsbei­spiele eindrücklich.

Gentechnisch optimierte Kühe

Fokus 98 Kuh
(Bild: clipdealer, Montage: Bivgrafik)

Die Milch der Kuh Daisy enthält dank Genome Editing weniger allergieauslösende Eiweissstoffe. Möglich wurde dies durch einen Eingriff in die Genregulation. Mit den neuen Gentechnik­-Verfahren sollen zukünftig mehr und mehr gentechnisch ver­änderte Tiere geschaffen werden. Von Rindern ohne Hörner bis zu extra musku­lösen Schweinen. Doch solche Experimente sind mit viel Tierleid verbunden, da bei solchen Experimenten viele Tiere aufgrund von Gendefekten nicht lebensfähig sind und getötet werden müssen. Auch bei Daisy blieben Gendefekte nicht aus: Ihr fehlt aufgrund unerwarteter Nebeneffekte der Schwanz und ihre Organe weisen abnorme Veränderungen auf. Mit gentech­nisch veränderten Nutztieren kommen neue Risiken auf die Landwirtschaft zu und es stellen sich ethische Fragen.

Herbizidresistenter Raps dank Genome Editing

Der Raps der US­-Firma Cibus wurde mit Genome Editing gegen Herbizide resistent gemacht. In Kanada und den USA wird er bereits angebaut. Auch in Deutschland erhielt er eine Anbaugenehmigung. Doch auf Druck der EU­-Kommission wurde diese ausgesetzt. Derzeit befasst sich der Euro­päische Gerichtshof mit der Frage, wie sol­che Pflanzen rechtlich zu bewerten sind. Neue Gentechnik­-Verfahren greifen direkt auf der Ebene des Erbguts ein. Somit unterscheiden sich diese Verfahren deut­lich von denen der konventionellen Züchtung, wo mit der ganzen Pflanze beziehungsweise der ganzen Zelle und dem System der natürlichen Genregulation und Vererbung gearbeitet wird. Risiken gibt es auch dann, wenn kein artfremdes Erbgut eingefügt wird. Durchlaufen die Pflanzen keine Sicherheitsprüfung, können Risiken unbemerkt bleiben, und nach einer Frei­setzung kann sich das veränderte Erbgut unbemerkt in der Umwelt ausbreiten.

Ausrottung ganzer Populationen

Mit den neuen Gentechnik­-Verfahren ist es nicht nur möglich, die DNA zu verändern, sondern auch die Häufigkeit, mit der die neuen Eigenschaften vererbt werden. Im Erbgut werden sogenannte Gene Drives verankert, die gentechnisch eine Verän­derung im Genom auslösen und diese an alle Nachkommen weitervererben. Sie sol­len beispielsweise dazu eingesetzt werden, bestimmte Arten zu dezimieren oder auszurotten, indem nur noch die Männchen lebensfähig sind. Dies wird für Insekten, unerwünschte Wildtiere oder Unkräuter diskutiert. Es könnten damit aber auch bestimmte biologische Eigenschaften einer Art verändert werden. So sollen Mücken nicht mehr in der Lage sein, die Erreger der Malaria zu übertragen, Wildkräuter sollen in Nutzpflanzen umgewandelt oder Unkräuter empfänglicher für Herbizide gemacht werden. Experten warnen davor, derartige Organismen in die Umwelt zu entlassen. Denn derartige Freisetzungen sind nicht wieder rückgängig zu machen. Noch weiss die Wissenschaft zu wenig, um mit Sicherheit sagen zu können, wie sich Organismen mit eingebautem Gene Drive in der Umwelt verhalten werden. Es könnte zu schweren Schäden an ganzen Ökosyste­men kommen.

Gentechnik-Experimente im Wald

Fokus 98 Schwein

Chinesische und südkoreanische Forscher haben «Supermuskelschweine» kreiert, Schweine die sehr schnell sehr viel Muskelfleisch ansetzen, um eine «höhere Ausbeute an Fleisch pro Tier» und mehr «mageres Fleisch» zu erhalten. (Bild: clipdealer, Montage: Bivgrafik)

In Schweden wurden 2016 erstmals Frei­setzungen mit Pappeln beantragt, welche mit CRISPR/Cas9 verändert wurden. Auch in China und den USA wird mit den neuen Gentechnik­-Verfahren an Wald­bäumen experimentiert mit dem Ziel, Wachstum und Holzqualität für die Bedürf­nisse der Holz­ und Papierindustrie zu optimieren.

Das künstlich veränderte Erbgut kann sich über Pollen, Samen und bei Pappeln auch über Sprösslinge unkontrolliert in der Umwelt verbreiten. Gentechnik an Bäumen ist besonders heikel, da die Zeiträume, die im Rahmen einer Risikobewertung betrachtet werden müssten, sehr lang sind, und Langzeitstudien daher fehlen. Die Frei­setzung gentechnisch veränderter Wald­bäume sollte deshalb nicht erlaubt werden.

Künstliche Mischwesen für Organspenden

Bereits wird mit Embryonen experimen­tiert, in denen sich menschliche und tierischen Zellen vermischen. Solche Misch­embryonen aus Mensch und Schwein wurden in die Gebärmutter von Schweinen eingepflanzt und konnten sich so für drei bis vier Wochen entwickeln. Ziel ist es, Tiere zu schaffen, die für Organspenden verwendet werden können. Durch diese Art von Forschung steigt nicht nur die Zahl der Tierversuche weiter an, auch der Mensch selbst droht zum Objekt von Labor­ experimenten zu werden.


Die Kampagne «Keine Gentechnik durch die Hintertür» wurde von der SAG / StopOGM /GeneWatch UK / IG Saatgut lanciert. Sie wird aktiv unterstützt von den Trägerorganisationen der SAG. Helfen auch Sie mit.

Besuchen Sie die Home-page zur Kampagne auf: www.keine-neue-gentechnik.ch


Titelbild 99 
(Bild: fotolia; Mikroskopische Aufnahme einer Zelle des Rüsselkäfers)

Fokusartikel Gentechfrei Magazin Nr. 99

Die Auswirkungen der neuen Gentechnik­verfahren sind nur unvollständig voraus­sehbar

Mit dem Aufkommen der neuen Gentechnikverfahren, besonders der Genscheren wie CRISPR/Cas, ist die Frage um die Gentechnikgesetzgebung neu entflammt und beschäftigt weltweit Regulierungsbehörden und Gerichte – auch in der Schweiz und der EU. Obwohl sie grundsätzlich einfach zu beantworten ist. Es handelt sich bei den neuen Techniken um Gentechnik. Zu diesem Schluss kommen verschiedene Rechtsgutachten. Nur eine Unter-stellung unter das Gentechnikrecht gewährt genügend Sicherheit und garantiert die Anwendung des Vorsorgeprinzips.

Text: Paul Scherer und Luigi D’Andrea

Die Regelung der Gentechnik ist seit ihrem Aufkommen in den 90er-Jahren politisch hochbrisant. Eine Vielzahl ethischer, ökologischer, wirtschaftlicher, geopolitischer und gesundheitlicher Überlegungen spielen mit. Sie kann nicht auf rein technische Gesichtspunkte beschränkt werden, sondern muss auch die Meinung der Öffentlichkeit miteinbeziehen, um zu annehmbaren Regelungen zu kommen.

Die aktuelle Gentechnikregulierung ist bereits in die Jahre gekommen. Denn sie basiert auf dem Wissensstand von Anfang der 2000er-Jahre. Die gesetzlichen Bestimmungen fokussieren dabei auf die Verfahren, welche zur genetischen Transformation eines Organismus eingesetzt werden. Denn diese Prozesse beinhalten eine Vielzahl von Unsicherheiten, welche unvorhersehbare und unerwünschte Auswirkungen auf das Genom haben können. Sie können sich auf die Physiologie des veränderten Organismus auswirken und damit auch auf die Umwelt, in der er lebt. Dies wiederum kann sich auch auf die Gesundheit anderer Organismen, die mit ihm in Berührung kommen, auswirken. Eine umfassende Überprüfung derartig veränderter Organismen ist daher unerlässlich, bevor sie freigesetzt werden dürfen.

In neuster Zeit hat sich die Technik jedoch schneller entwickelt als die gesetzlichen Regelungen, und so entstanden in kurzer Zeit zahlreiche rechtliche Grauzonen. Die heute diskutierten neuen Gentechnikverfahren (NGTV) entsprechen nicht mehr den juristischen Kategorien von damals, heisst es in einem Rechtsgutachten, das StopOGM und die SAG in Auftrag gegeben haben. «Eine Auslegung des gesetzlichen Rahmens und auf längere Sicht eine Anpassung ist daher nötig», sagt der Jurist Maximilian Stauber, der das Gutachten erstellt hat. Stauber ist Experte für das Vorsorgeprinzip, das die Grundlage des Gentechnikgesetzes bildet.

Internationaler Rahmen der Gentechnikregulierung

Fokus 99 Pflanzenzelle
Schon die kleinste Veränderung im Genom kann auf der Zellebene grosse Veränderungen auslösen. (Bild: fotolia; Pflanzenzellen unter dem Mikroskop)

Gentechnisch veränderte Organismen (GVO) sind verschiedenen internationalen Normen unterworfen. Das Cartagena-Protokoll, der Codex Alimentarius und das WTO-Abkommen (World Trade Organization = Welthandelsorganisation) bilden die wesentlichen Rechtsnormen für den Handel mit GVO. Theoretisch dürfen GVO gemäss WTO international frei gehandelt werden. Die Staaten können jedoch rechtmässige Beschränkungen erlassen, sofern diese den Vorschriften des Cartagena-Protokolls und des Codex Alimentarius entsprechen.

In der Praxis ist die Frage aber ungelöst. Denn die nationalen Definitionen, was ein GVO ist, sind sehr unterschiedlich. Daher kommt es immer wieder zu Rechtsverfahren vor dem Streitbeilegungsgremium der WTO, beispielsweise Anfang der 2000er-Jahre zwischen den USA, Kanada und Argentinien einerseits und der EU andererseits. Da viele Fragen weiterhin ungelöst sind, wird die Biotechnologie besonders auch mit den neuen Gentechnikverfahren ein Knackpunkt bei den internationalen Beziehungen bleiben – denn sie sind mit schwerwiegenden wirtschaftlichen und politischen Interessen verknüpft.

Das Gentechnikrecht in der Schweiz und der EU beruht auf dem Vorsorgeprinzip

Die EU-Gesetzgebung über die GVO beruht auf der Richtlinie 2001/18/EG vom 12. März 2001. Die europäische Regulierung der Gentechnik beruht – wie auch die schweizerische – auf dem Vorsorgeprinzip (Glossar) und bezweckt den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt. Die verwendete Definition des Vorsorgeprinzips ist abgeleitet von Grundsatz 15 der Rio-Erklärung über Umwelt und Entwicklung: «Zum Schutz der Umwelt wenden die Staaten im Rahmen ihrer Möglichkeiten allgemein den Vorsorgegrundsatz an. Drohen schwerwiegende oder bleibende Schäden, so darf ein Mangel an vollständiger wissenschaftlicher Gewissheit kein Grund dafür sein, kostenwirksame Massnahmen zur Vermeidung von Umweltverschlechterungen aufzuschieben.» Es genügt folglich ein vorauszuahnender Schaden, um Massnahmen zu dessen Einschränkung zu ergreifen.

Art. 120 der Schweizer Bundesverfassung beauftragt den Bund, die Verwendung des Keim- und Erbguts von Tieren, Pflanzen und anderen Organismen gesetzlich zu regeln, um den Menschen und seine Umgebung gegen Missbräuche in der Gentechnik zu schützen. Auf diesem Verfassungsartikel basiert das Schweizer Gentechnikgesetz (GTG) von 2003. Das GTG definiert GVO als «Organismen, deren genetisches Material so verändert worden ist, wie dies unter natürlichen Bedingungen durch Kreuzen oder natürliche Rekombination nicht vorkommt». Das GTG bezweckt den Schutz des Menschen, der Tiere, der Umwelt und der Wahlfreiheit der KonsumentInnen. Konkretisiert wird das GTG beispielsweise durch die Freisetzungsverordnung (FrSV), die den Umgang mit GVO in der Umwelt regelt, und durch Verordnungen der Lebensmittelgesetzgebung.

Europäischer Gerichtshof muss entscheiden

Fokus 99 Landschaft
Gentechnische Veränderungen des Genoms können sich auf die Physiologie des veränderten Organismus auswirken und damit auch auf die Umwelt, in der dieser lebt. Dies wiederum kann sich auch auf die Gesundheit anderer Organismen, die mit ihm in Berührung kommen, auswirken. (Bild: Greenpeace)

Das geltende Gentechnikrecht der EU nimmt bestimmte Verfahren, zum Beispiel die Mutagenese, von der Regelung aus. Der Grund für die sogenannte Mutagenese-Ausnahme ist historisch bedingt. Die zufällige Mutagenese, die auf Strahlung oder chemischer Behandlung beruht, wurde in der Züchtung bereits seit 1920 verwendet. Daher wurde sie – obwohl es sich strenggenommen um Gentechnik handelt – als ein seit langem als sicher geltendes Verfahren eingestuft. Auch in der Schweiz.

Diese Ausnahmeregelung der Mutagenese sorgt nun in der Diskussion um die rechtliche Einordnung der neuen Gentechnikverfahren für heftige Diskussionen. Der Europäische Gerichtshof EuGH muss entscheiden, ob neue Mutagenese-Techniken (z.B. CRISPR/Cas) gentechnische Prozesse implementieren und als gentechnische Verfahren eingestuft werden müssen oder nicht. «Nein», fordern Gentechnikbefürworter. Bei den Veränderungen des Erbgutes, die beispielsweise durch die Genschere CRISPR/Cas ausgelöst werden, handle es sich um eine gezielte Mutation. Dieses Vorgehen sei praktisch identisch mit der althergebrachten Mutationszüchtung. Dieser Interpretation widersprechen verschiedene Rechtsgutachten. Maximilian Stauber weist in seinem SAG-Gutachten darauf hin, dass den NGTV technisch komplexe Prozesse zugrunde liegen, die abhängig von Instrumenten und Laborbedingungen seien. Sie könnten nicht ohne menschliches Zutun entstehen. Aus diesem Grund seien sie klar als Gentechnik einzustufen.

Auch Biologen zweifeln, dass derartige Mutationen natürlicherweise auftreten könnten. Sie heben zudem hervor, dass es mit CRISPR/Cas möglich ist, gleichzeitig mehrere Veränderungen im Genom vorzunehmen, sogenanntes Multiplexing. Dass solche Mehrfachveränderungen in der Natur oder durch traditionelle Selektionsverfahren auftreten könnten, stufen Experten als äusserst unwahrscheinlich ein. Limagrain, eine der grossen Saatgutfirmen, erschuf im Labor eine Weizensorte mit einer dreifachen Resistenz gegen Mehltau. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Weizensorte natürlicherweise gleichzeitig diese drei gewünschten Resistenzgene aufweist, ist verschwindend klein. Limagrain schreibt zu ihrer Wunderpflanze: In der Natur hätte dazu jede einzelne Weizenpflanze beobachtet werden müssen, die seit 4 Millionen Jahren auf unserem Planeten wuchs, um eine einzige Pflanze zu finden, die spontan über die drei richtigen Versionen des Gens verfügt. CRISPR/Cas machte es möglich.

Als 2001 in der EU die Gentechnikregulierung in Kraft trat, war CRISPR/Cas noch nicht entdeckt. Würde dieses neue Gentechnikverfahren von den strengen Regulierungen der Gentechnikgesetzgebung ausgenommen, könnten damit hergestellte Pflanzen ohne Prüfung ihrer Risiken für Umwelt und Gesundheit angebaut und ohne Deklaration als Lebens- und Futtermittel vermarktet werden. «Die neuen Techniken müssen einer Überprüfung unterzogen werden, solange sie «neu» sind, d.h. solange bis die Verfahren gut verstanden werden, ihr Gegenstand genügend bekannt ist und mögliche ökologische oder chronische Gesundheitsschäden Zeit hatten aufzutreten und festgestellt zu werden», so das Fazit des Rechtsgutachtens. Dies gelte auch für die Schweiz. Da sich das Schweizer und das EU-Recht nicht nur dem Buchstaben nach, sondern auch im Geist ähnlich seien.

Die Eidgenössische Ethikkommission für die Gentechnologie im ausserhumanen Bereich (EKAH) kommt zum selben Schluss. Basierend auf dem Vorsorgegedanken müssten die neuen Gentechnikverfahren einer Risikoprüfung unterzogen werden, schreibt die EKAH in einem Bericht. Die neuen Gentechnikverfahren könnten nicht als bewährte Verfahren mit bekannten und beherrschbaren Risiken gewertet werden. Neue Studien zeigen, dass bei der CRISPR/Cas9-Methode immer wieder unvorhersehbare Veränderungen an unerwarteten Stellen im Genom auftreten – sogenannte «off target»-Effekte. Die EKAH weist ausserdem darauf hin, dass die Interaktion mit der natürlichen Umwelt fehlt, da es sich bei diesen Verfahren um Labortechniken handle und dass Erfahrungen aus anderen Bereichen, z.B. Asbest oder BSE zeigen, wie gefährlich ungenügende Risikoabklärungen seien.

Die Frage, ob die neuen Gentechnikverfahren und deren Produkte der Gentechnikgesetzgebung unterstellt werden oder nicht, sei schlussendlich eine strategische Entscheidung, folgert Stauber. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die Gesellschaft für allfällige Schäden durch den Einsatz der neuen gentechnischen Verfahren aufkommen müsste und keine Versicherungsgesellschaft bereit ist, diese Risiken zu versichern.

Fokus 99 Cartagena
Das Cartagena-Protokoll wurde nach der kolumbianischen Stadt Cartagena benannt, wo es 2003 beschlossen wurde. Es regelt völkerrechtlich bindend den grenzüberschreitenden Transport und den Umgang mit GVO im Bezug auf die von der modernen Biotechnologie ausgehenden Risiken für die biologische Vielfalt oder die menschliche Gesundheit. Der Codex Alimentarius definiert die international geltenden Normen im Lebensmittelbereich. Eine Norm des Codex betrifft insbesondere Lebensmittel, die dank moderner Biotechnologie entstehen. (Bild: © Google, 2018 DigitalGlobe)