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Verschiedene Verbände aus Deutschland beleuchten den Freilandversuch von Agroscope kritisch. Bild: Clipdealer

In einem offenen Brief an die schweizerische Forschungsanstalt Agroscope kritisieren Obstsorten-Experten und Natur- und Umweltschutzverbände den geplanten Freisetzungsversuch mit gentechnisch veränderten Apfelbäumen in der Schweiz. Wie seit längerem bekannt ist, plant Agroscope einen Feldversuch mit Bäumen der gentechnisch veränderten Apfelsorte „Gala-Galaxy“, in deren Genom mittels eines speziellen Transformationsverfahrens ein Resistenzgen einer Wildapfelsorte eingefügt wurde. Dadurch soll die Sorte weniger anfällig gegen die Bakterienkrankheit Feuerbrand werden. Aus Sicht der Unterzeichner dieses offenen Briefes, sprechen mehrere Aspekte gegen den Freisetzungsversuch.

 Die bei den geplanten Versuchen verwendenten Apfelbäume wurden mit einer cisgenen Transformation erzeugt. Dies bedeutet, dass das im Labor eingefügte Gen aus einer Wildapfelsorte isoliert und dann in einen Gala Apfel eingefügt wurde. Zum Einschleusen des Gens in das Erbgut des Apfels wurde jedoch noch mit weiteren, apfelfremden, Gensequenzen gearbeitet und ein Bakterium verwendet, welches in der Landwirtschaft als Schaderreger gilt. Cisgene Transformationen kommen in dieser Form in der Natur nicht vor und haben daher auch nichts mit klassischer Züchtung zu tun, kritisieren die Unterzeichnenden.

Dieselben Methoden werden jedoch bei der Herstellung transgener Pflanzen gebraucht. Wesentliche Risikofaktoren bleiben dadurch bestehen: Das Genkonstrukt, welches im Reagenzglas zubereitet wurde, wird bezüglich seines Integrationsortes zufällig eingebaut. Im Empfängergenom gibt es keinen natürlichen Ort, der für dieses Reagenzglaskonstrukt vorbestimmt ist. Der Einbau solcher neuen Gen-Einheiten kann deshalb zu unerwarteten Effekten bei den neuen Genen selbst, aber auch bei benachbarten Genomregionen führen. Dies sind sogenannte Positionseffekte.

Die bei den verwendeten Apfelbäumen erzeugte Resistenz gegen Feuerbrand beruht auf einem einzelnen Genkonstrukt. Es handelt sich also um eine sogenannte monogene Resistenz. Eine monogene Resistenz sei extrem anfällig für eine Resistenzdurchbrechung, heisst es im offenen Brief an Agroscope. Dazu seien zahlreiche Beispiele aus der klassischen Pflanzenzüchtung bekannt. Auch der Entwickler des cisgenen Apfels, Prof. Cesare Gessler, weist auf der Internetseite der ETH auf diese Problematik hin.

Agroscope selbst stuft das Ausmass möglicher Schäden durch die Freisetzungsversuche als relativ gering ein. Anders die Unterzeichner des offenen Briefes: „Auch eine Totaleinnetzung der Anlage - wie von Agroscope geplant - kann beispielsweise nicht verhindern, dass Pollen der gentechnisch veränderten ‚Gala’ durch Wind oder Bestäuber nach aussen gelangen, denn die Anlage muss ständig vom Versuchspersonal betreten werden."

„Wünschenswerte Prüfungen von Auswirkungen auf Organismen die auf den Apfelbäumen leben, wie z.B. Blattläuse, können im Versuchsrahmen nicht durchgeführt werden, da die Anlage komplett mit Insektiziden behandelt werden soll“, heisst es im Brief weiter.

Hinterfragt wird ausserdem, weshalb die Forscher eine ohnehin sehr krankheitsanfällige Sorte wie ‚Gala’ gewählt haben. Eine Sorte, deren Anbau unabhängig von Feuerbrand einen hohen Pflanzenschutzmittel-Einsatz erfordert und daher ökologisch eher kritisch zu bewerten ist. Wünschenswert wäre, wenn sich züchterische Kreativität und Anstrengungen auf vitalere und stabilere Sorten konzentrieren würde.