160218abl
Im Januar gingen in Berlin Tausende für eine zukunftsfähgige Landwirtschaft auf die Strasse.

Für die deutsche Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft AbL sind die neuen gentechnischen Verfahren in der Pflanzen- und Tierzucht sowohl aus rechtlicher wie auch naturwissenschaftlicher Sicht als Gentechnik einzustufen. Denn diese beinhalten die alten Risiken der klassischen Gentechnik, hinzu würden aber auch ganz neue Risiken kommen. Heute sei noch viel zu wenig über die mittel- und langfristigen Folgen dieser neuen Techniken bekannt - sowohl in den veränderten Organismen selbst als auch in ihrer Interaktion mit der Umwelt und in der Nahrungskette. Aus Vorsorgegründen dürften die mit den neuen Gentechniken erzeugten Pflanzen daher nicht einfach freigesetzt werden, sondern müssten als Gentechnik-Verfahren eingestuft und entsprechend bewertet und reguliert werden.

Im März wird sich die EU-Kommission mit den neuen gentechnischen Verfahren auseinandersetzen und eine rechtliche Einschätzung dazu abgeben, ob sieben neue Züchtungsverfahren als Gentechnik eingestuft und damit den Regulierungen der EU-Gesetzgebung unterstellt werden oder nicht. Umstritten ist, ob die EU-Richtlinie sich auf das Endprodukt mit seinen (nachweisbaren) Eigenschaften bezieht, oder auch den Züchtungsprozess betrachtet.

Die neuen Gentechnik-Verfahren, die neuartige Eingriffe ins Genom von Pflanzen und Tieren ermöglichen, stehen noch am Anfang ihrer Entwicklung. Es liegt bislang keine systematische Forschung zu unerwarteten Effekten, die beispielsweise auftreten könnten, wenn neue synthetische Gensequenzen an einer nicht vorgesehenen Stelle im Pflanzengenom eingebaut werden. Auch wie die Techniken genau funktionieren und welche Mechanismen bei den Manipulationen ablaufen wird bislang nicht genau verstanden.

In Europa wurde und wird Gentechnikfreiheit mit viel Kraft verteidigt, schreibt die AbL. Für Saatgutzüchter und Bäuerinnen, die Lebensmittel verarbeitenden Unternehmen, aber auch den Lebensmittelhandel sei die gentechnikfreie Produktion ein wichtiger Wettbewerbsvorteil. Denn in der EU, aber zunehmend auch in Asien und Amerika werden gentechnikfreie Rohstoffe nachgefragt. Dieser Vorteil sollte nicht fahrlässig aufs Spiel gesetzt werden. Je nach Eigenschaft könnten sich die mit den neuen gentechnischen Verfahren entwickelten Pflanzen und Tiere mit Wildpopulationen oder mit konventionellen Nutzpflanzen vermischen und unkontrolliert vermehren.

Die mithilfe der neuen Gentechnik zu erwartenden Produkte entsprechen nicht den Herausforderungen an eine klima- und umweltschonende Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung, heisst es bei der AbL weiter. Für eine gute landwirtschaftliche Praxis auf den Höfen brauche es innovative Fruchtfolgen, standortspezifische Sortenauswahl und einen reduzierten Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln in der konventionellen Landwirtschaft.

Innovationen, wie sie die neuen Gentechnik-Verfahren bringen würden, führten aber eher zu einer anderen Landwirtschaft mit überregional entwickelten Sorten ohne Standortangepasstheit, zu vermehrtem Einsatz von Herbiziden, zu Monokulturen und Eingrenzung der Fruchtfolge. Damit verbunden sei häufig ein Verlust von Bodenfruchtbarkeit und der Biodiversität auf den Äckern und entsprechen daher nicht den Nachhaltigkeitszielen der europäischen Agrarpolitik.